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Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Titel: Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eveline Hall , Hiltud Bontrup , Kirsten Gleinig
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Gesetz.
    Und, so komisch es klingt, untereinander waren die Stars alle gleich. Ob sie nun wie ich in der Woche fünfundsiebzig Dollar verdienten oder wie Elvis 125000. Keiner fühlte sich besser als der andere, jeder respektierte die Arbeit der Kollegen und besuchte ihre Shows. Wir gingen zu Diana Ross, die damals schon allein auftrat und auf der Bühne viel eleganter wirkte als in Wirklichkeit. Sie kam zu uns ins Lido und nach den Vorstellungen saßen wir zusammen an der Bar und klönten. Im Grunde waren wir eine kleine Gemeinde, die immer wieder zusammenkam. So lernte ich auch Paul Anka kennen und Petula Clark, alles ganz nahbare Menschen. Sie pflegten ein Stardenken, das gerade in Deutschland nicht mehr existiert. Hier tun nur alle so, als seien sie berühmt, und heben ab. Die Leute in Las Vegas interessierte es gar nicht, wie berühmt sie waren und wie viel Geld sie verdienten. Sie konnten Mensch sein, gerade weil sie so groß waren. Wer so weit oben steht wie Frank Sinatra, der sagt auch zu einer Bluebell-Tänzerin: »Du hast keine Badewanne? Dann benutz doch meine!« Er meinte das wirklich ernst, aber angenommen habe ich sein Angebot nie.
    Dafür war Sammy Davis Jr. für mich fast ein Freund. Er gastierte schon seit 1960 mit Frank Sinatra und dem Rat Pack in Las Vegas. Sammy sang und tanzte, spielte mehrere Instrumente und schauspielerte, alles mit einer Eleganz, die mich sofort beeindruckte. Eines Tages wurde seine Show fürs Fernsehen aufgezeichnet und ein paar von uns Mädchen sollten als hübscher Blickfang im Publikum sitzen. Ich war sofort dabei. Mitten in der Aufzeichnung konnte Sammy plötzlich nicht mehr singen. Er japste und fiel um. Das Publikum fuhr erschrocken von den Sitzen hoch – alles ein Scherz, auf den wir absichtlich nicht vorbereitet worden waren.
    Zum Dank fürs Mitspielen lud Sammy uns in seine Show ein, und er reservierte nicht nur die Plätze, sondern bestellte auch ein herrliches Buffet. Er war ganz down to earth , trotz dieses Rat-Pack-Ruhms. »When you’re black«, sagte er oft, »you have to do it three times better.« Ich mochte diesen kleinen, drahtigen Mann auf Anhieb und ich merkte mir jedes seiner Worte. Er war fast zwanzig Jahre älter als ich und hatte genug negative Erfahrungen gemacht, um zu wissen, wovon er redete. »You know«, sagte er, »the audience they don’t buy it if you’re not sincere.« Du musst es ernst meinen, echt sein. »In this business you can’t lie.« Im Ballett ist das Gesetz. Doch mir war nicht bewusst, dass dies auch für andere Künstler gilt. In dem Moment habe ich dieses Gesetz für mein gesamtes Leben übernommen. Authentisch sein und ehrlich, sich ganz der Arbeit hingeben. Nur dann liebt dich das Publikum. Nur dann stehen auch die Gipsys hinter dir.
    So wie bei Tina Turner, die mit ihrem Mann Ike Anfang der Siebziger in Las Vegas auftrat. Sie konnte singen, sie war anständig und in Ordnung. Auch Ike war eigentlich ein wundervoller Typ, zumindest zu uns. Die arme Tina quälte er bis aufs Blut. Als sie 1976 vor seinen Schlägen in ein Hotel flüchtete, stand sie ohne alles da. Aber sie durfte günstig dort wohnen. Bei der Scheidung verzichtete sie auf Unterhalt und alle Rechte an ihrer Musik, nur damit die Sache schnell vorbeiging. Tina war so pleite – wenn die Gipsys sie nicht unterstützt hätten, wäre sie nie wieder hochgekommen. Das ist das Tolle: Wenn du akzeptiert wirst in diesem Land, sind die anderen für dich da. Sie wissen, das könnte auch ihnen passieren. Diese Solidarität liegt in der Luft wie ein Parfüm. Sie ist das Fluidum, das alle verbindet.
    In diesem Fluidum lebte ich ein sorgloses Leben. Ich hatte Geld genug. Fünfundsiebzig Dollar pro Woche waren viel für mich. Unser Apartment kostete fast nichts, Kühlschrank und Möbel standen schon drin. Wir aßen meistens in der Kantine, dort legten wir Stempelkarten vor und bekamen Rabatt. Es blieb also reichlich Geld für andere Dinge übrig, auch für teure. Ich kaufte einen Fernsehapparat wie andere Leute Baguette, mal eben im Vorbeigehen.
    Die Amerikaner gehen gern shoppen und Las Vegas machte es ihnen schon damals besonders leicht. In den Hotels gab es nicht nur Restaurants und Kasinos, sondern auch Läden mit schicken Klamotten, Schmuck en masse, Pelzen und Handtaschen. Im Grunde hatte jedes Hotel Geschäfte für alles – außer Gemüse. Ich fand es unfassbar, in welch affenartiger Geschwindigkeit die Amerikaner diese Logistik entwickelt und diese Mall-artigen Hotels

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