Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
ich fix und fertig – aber aufgenommen. Jeden Tag ging ich zur Uni. Sie war noch jung und ganz modern mit einer großen Bibliothek. Die Stadt wuchs ja. Es gab Ärzte, Bauunternehmer und Architekten, alle fanden in Las Vegas gute Arbeit und ließen ihre Kinder dort studieren. Mir war mein Glück bewusst und deshalb lernte ich fleißig. Wieder einmal hatten Menschen mich gefördert, mir eine Chance gegeben, obwohl ich nicht der Norm entsprach. Aber sie glaubten an mich, wie vor ihnen meine Ballettmeister und Miss Bluebell. Ich wollte zeigen, dass ich ihr Vertrauen wert war, dass sie sich zu Recht für mich eingesetzt hatten.
Das Jahr 1971 war fast vorbei, in den Hotels hing schon die quietschbunte Weihnachtsdekoration und ich bekam schreckliches Heimweh nach Mama und Papa und unseren kleinen Ritualen. Ich nahm unbezahlten Urlaub und flog für sechs Wochen nach Hause. Sogar die Staatsoper hatte mir gefehlt und eines Tages fuhr ich einfach hin, um zu sehen, wie die alten Kollegen auf mich reagierten. Mir war mulmig zumute, ich dachte an die frostigen Blicke, die Gehässigkeit und Missgunst, die ich dort jahrelang ertragen hatte. Doch andererseits zogen mich viele schöne Erinnerungen an. Ich fasste mir ein Herz und stieß die Tür auf – was für ein Empfang! Sie freuten sich ehrlich und Augen machten sie: Da stand plötzlich ein Weib, gerüscht und gerafft. »Das kann ja wohl nicht wahr sein, das ist doch nicht die Klopsch!« Optisch muss das ein Knall gewesen sein. Vorher die dünne, superehrgeizige Ballerina und jetzt kam ein Showgirl durch die Tür, geschminkt und sexy.
Plötzlich stand Peter van Dyk vor mir, den ich nach all der Zeit noch immer sehr verehrte. Er ahnte sicherlich nichts davon. Doch in diesem Moment sah er mich anders an als je zuvor. »Klopsch, was tun Sie hier?« Er musterte mich von oben bis unten. »Was planen Sie noch für die Ferien?« Ich wollte eine Freundin in Paris besuchen. Van Dyk fuhr über Neujahr ebenfalls dorthin. Er gab mir seine Telefonnummer und ich sah plötzlich ganz klar: Er war der Mann, mit dem ich schlafen würde. Ich war sechsundzwanzig und immer noch Jungfrau. Da hatte ich ein eisernes Prinzip: Ich wollte nur mit einem ins Bett, dem ich wirklich vertraute. Egal wie lange ich warten musste. Ich wollte keinen x-beliebigen, nur um es endlich hinter mich zu bringen. Ich wollte, dass es gut wurde. Mein Arzt hatte mich darin bestärkt: »Wenn du es wirklich willst, dann läuft es wie von selbst. Verlass dich ruhig auf die Natur.« Ich wollte van Dyk. Er war sechzehn Jahre älter als ich, ein begnadeter Ballettmeister, ein wunderschöner Mann und ein Mensch, dem ich grenzenlos vertraute. Keiner verdiente es mehr als er, mir die Unschuld zu nehmen.
Er hatte an diesem Abend gekocht. Wir saßen an einem kleinen Tisch und sprachen über dies und das, nichts Wichtiges. Doch unsere Blicke sagten alles. Wie hypnotisiert schaute ich ihm in die Augen. Plötzlich holte er von irgendwoher zwei kleine Figuren hervor. Sie waren aus silberfarbenem Metall und man konnte sie zusammenstecken – in verschiedenen Sexstellungen. Vor meinen Augen spielte van Dyk damit herum. Sah mich nur an. Und ohne noch ein Wort zu verlieren, fielen wir übereinander her.
Am nächsten Morgen wachte ich auf und dachte: Perfekt. Der Mann, der Zeitpunkt, der Sex. Ich fand es wunderschön. Peter verabschiedete mich liebevoll. Ich schrieb ihm später Briefe aus Las Vegas, und als ich ihm gestand, dass er mein Erster war, da wollte er’s gar nicht glauben. Er schien nah dran, mich für sein Leben behalten zu wollen, doch das war gar nicht mein Wunsch. Wir lebten längst in verschiedenen Welten. Für mich war diese Nacht ein Ausflug in die Vergangenheit, wie eine späte Erfüllung. Der Mann, in den ich so lange verliebt gewesen war, hatte mir eine Tür geöffnet, durch die ich nun schritt, um eine neue Welt zu entdecken. Trotzdem wurden wir Freunde und ich besuchte ihn noch oft, bis er 1993 starb.
Dunkle Seiten
Die große Liebe meines Lebens quatschte mich von hinten an. Das war 1972. Ich ging zum Wäschewaschen ins Kabäuschen, das zu unserem Apartmenthaus gehörte, stand da mit meinem Korb unterm Arm, als plötzlich einer sagte: »Hey listen, you got an old man?« Ob ich mit jemandem zusammen sei. Ist der blöde, dachte ich nur und drehte mich nicht einmal um. Doch immer wenn ich diesen Typen nun an unserem Swimmingpool sah, ging ich auch hinunter. Ich lag auf der einen Seite, er auf der anderen. Und es dauerte
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