Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
Arbeiten durfte ich nicht mehr, denn mein Visum galt nur für die Show, und auch mein Studium setzte ich nicht fort. Ich hatte erst mal genug gelernt. David jobbte weiter in der Bar und insgesamt kamen wir über die Runden. Alles hätte gut gehen können. Doch eines Tages, ich kehrte vom Einkaufen zurück, stand er rauchend vor der Tür und zog ein wütendes Gesicht. »Wer war das?«, fragte er. Ich sagte: »Wer???« – »Der Mann, der gerade in den Hof kam.« Ich hatte niemanden gesehen. Ich war zu Fuß durch den einen Eingang in den Hof unseres Apartmenthauses marschiert. Am anderen Eingang wollte David einen Mann gesehen haben. Das reichte ihm, um auszurasten. Ich war empört. »David, das muss sofort aufhören!« Das war ja vollkommen sinnlos. Ich warte doch nicht sechsundzwanzig Jahre, bis ich mit einem Mann zusammenlebe, und fang dann gleich an fremdzugehen! Dazu vor seinen Augen. Ich regte mich wahnsinnig auf. So blöd bin ich doch nicht! David fing an zu lachen: »Ich dachte nur …« – »Oh, denk nicht!« Was glaubte er denn, wie plump ich war? Dass ich mich vielleicht vor seiner Nase küssen ließe von irgendeinem Kerl? Damit er gleich weiß, was los ist? Was habe ich mich geärgert. Mein sachlicher, logischer David, er zettelte Kämpfe an, die nirgendwohin führten. Ohne Substanz, einfach nur laut. Am Ende schämte er sich fürchterlich. Doch die Szenen wurden mit der Zeit immer schlimmer, bald war er mit Argumenten nicht mehr zu erreichen.
So verging kaum ein Jahr, bis ich die Lust auf ihn verlor. Beim Sex empfand ich gar nichts mehr, es war mir sogar unangenehm. Weil ich das so nicht sagen mochte, meinte David, vielleicht sei ich krank. Gemeinsam gingen wir zum Gynäkologen. Der sollte rausfinden, was da nicht stimmte. Ich lag auf dem Stuhl, während David draußen wartete, und Dr. Klein fragte: »What’s wrong? You don’t have anything!« Ich erklärte ihm mein Problem. »Weil Sie nicht mit ihm schlafen wollen. Deshalb sind Sie verspannt.« Wie er mich ansah und die Sache auf den Punkt brachte: Sie sind absolut gesund. Da gab es nichts zu diskutieren. »Was soll ich ihm jetzt sagen?«, fragte ich. »Das ist nun Ihr Problem«, sagte der Arzt. »Da kann ich Ihnen nicht helfen.«
Ich war so unerfahren und so gefangen in meiner Liebe. Ich wollte David eine Chance geben, sich zu ändern. Vielleicht würde er aufleben und zur Vernunft kommen, konnte doch sein. Gleichzeitig aber hatte ich Angst. Ich wusste, dass er mit einer Pistole auf seine Exfrau losgegangen war. Er hätte sie umgebracht, wäre die Waffe geladen gewesen. Er hatte auch neun Monate in Mexiko im Gefängnis gesessen, weil man ihn an der Grenze mit einem Häufchen Haschisch festgenommen hatte. Doch ich war nicht bereit, ihn aufzugeben. Und so schmiedete ich einen Plan.
In Las Vegas zu bleiben kam nicht infrage. Ich hätte viel lernen müssen, um in anderen Shows aufzutreten, Gesang und Stepptanz, was ich noch gar nicht konnte. Mein Visum lief ab, und ein Touristenvisum hätte kaum geholfen, damit hätte ich nicht arbeiten dürfen. Es war vertrackt. Ich wollte nach Hause, mit David nach Hamburg, da würde alles gut werden. Er würde zur Vernunft kommen, meine Eltern wären in der Nähe und ich könnte arbeiten. Irgendetwas ließ sich bestimmt finden. Solche Gedanken machte ich mir, als David plötzlich sagte: »Well, Darling, let’s get married.« Ich war überglücklich.
Am 1. Juni 1973 sollte die Hochzeit sein, bei Davids Mutter in Portland, Oregon. Sie sollte alles organisieren. Meine liebe Freundin Rosemary nähte mir ein weißes Brautkleid und meine Eltern wollten anreisen. Doch ich vertröstete sie. Wir würden doch bald nach Deutschland kommen. Mir war schon nicht mehr wohl bei dem Gedanken an die Hochzeit, denn unsere Kämpfe wurden immer aggressiver. Ich bekam Angst, doch weil die Vorbereitungen liefen, traute ich mich nicht mehr raus aus der Nummer. Ich hatte nur noch einen Gedanken: Wenn es zu schlimm wird, muss ich flüchten.
Wir fuhren frühzeitig nach Portland, damit ich seine Mutter Elinor noch kennenlernen konnte. Den ganzen Weg, tausendsechshundert Kilometer, mit dem Auto. Das lange Sitzen war mir zu viel und irgendwo verdarb ich mir auch noch den Magen. Als wir ankamen, war mir schlecht. »Ich muss mich übergeben«, waren die ersten Worte, die ich zu Davids Mutter sagte. Sie setzte mich auf den Badewannenrand, und während ich aus Leibeskräften kotzte, tröstete sie mich liebevoll. Ich fragte, ob sie oatmeal habe,
Weitere Kostenlose Bücher