Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
kostete 550 Mark! Aber Bigi ließ mich kaum Luft holen: »Und dass des gleich klar ist: Weinen tun wir nicht, es war herrlich! Dann gibts daham des Bauspareressen.« So nannte sie die Spaghetti, von denen wir uns in den nächsten Wochen ernährten. Das war der Kern unseres Zusammenseins: das Schöne bewusst zu genießen und daran zu wachsen. Bei dem Chansonnier André Heller fanden wir einen Satz, der unsere Freundschaft perfekt beschreibt: »Es war eine Zeit aus erster Qualität wie echte chinesische Seide.«
Mein erstes Stück in Basel war 1981 das Musical Ich steig’ aus und mach’ ’ne eigene Show . Ich sollte die Hauptrolle spielen, den Showstar Heather, die zu ihrem neununddreißigsten Geburtstag ihr neues Programm präsentieren will, in dem sie mit ihrer Vergangenheit und dem Showgeschäft abrechnet. Damit eckt sie bei ihrem Manager an, der bei den alten Schnulzen bleiben und von den neuen, selbstbewussten Tönen nichts wissen will. Aber Heather setzt sich durch und geht ihren eigenen Weg. So ein Stoff kam Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre natürlich gut an. Auch mir gefiel die Figur. Sie hatte Power und zog ihr Ding durch. Darin fand ich mich wieder: Ich habe in meinem Leben immer gespürt, wann es Zeit war, den Absprung zu wagen und etwas Neues zu beginnen. Auch deshalb trägt mein Buch diesen Titel.
Die Rolle war mit dem vielen Gesang allerdings eine Herausforderung für mich. In den Musicals am Thalia Theater hatte ich nur kleine Passagen gesungen, hier ging es um die Hauptrolle, an der die ganze Aufführung hing. Beim Vorsprechen hatte ich behauptet, ich könne singen, und sogar eine Geschichte erfunden von Gesangsunterricht in Las Vegas. Sie hatten sie geglaubt und mich nicht einmal vorsingen lassen. Nun beschloss ich, endlich das zu tun, was ich schon lange wollte: meine Stimme ausbilden. Ich nutzte den Urlaub, der mir vor den Proben noch blieb, und fuhr für sechs Wochen nach New York, um Gesangsunterricht zu nehmen.
Ich mietete ein Zimmer im Mayflower-Hotel am Central Park. Dort hatte ich schon im Jahr zuvor mit Bigi, Ingrid Andrée und ihrer Tochter Susanne Lothar gewohnt. Ich verließ mich darauf, bei einem der vielen Künstler, die hier abstiegen, einen guten Tipp für eine Lehrerin zu bekommen. Schließlich lag der Broadway mit seinen Musicalbühnen gleich um die Ecke. Ich landete bei Mrs. Howl, einer kleinen, dicken, gemütlichen Dame in den Fünfzigern. Gleich in der ersten Stunde sagte ich ihr ehrlich, was ich wollte: schummeln lernen. Ich wusste, dass ich einen Trick brauchte, um meine Rolle zu füllen. Ich musste den Übergang von der Bruststimme zur Kopfstimme schaffen, ohne zu kieksen. Mrs. Howl setzte sich ans Klavier und erklärte mir alles ganz langsam. Um die hohen Töne zu erreichen, sollte ich schon vorher daran denken. Mir kamen die »Bock-s-prünge« von Herrn Mietzner in den Sinn – anscheinend meinten sie dasselbe. Dreimal in der Woche ging ich für anderthalb Stunden zum Unterricht, trainierte mit Mrs. Howl und übte allein weiter, wenn ich durch den Central Park zurück zum Hotel ging. Dort traf ich eines Tages Robert de Niro, dem wir schon im Jahr davor begegnet waren. Er erinnerte sich an mich und hatte gleich Lust, mir die Stadt zu zeigen. Wenn ich keinen Unterricht hatte, liefen wir durch die Straßen oder gingen essen. Er wollte mich für New York begeistern: »This is the greatest city in the world!« Nebenbei gab er mir viele Tipps fürs Theaterspielen. Ich fand alles wunderbar und mir gefiel seine witzige, uneitle Art. Immerhin war er nach Der Pate II und Taxi Driver schon ein preisgekrönter Filmstar. Nach diesen sechs Wochen ging ich selbstbewusst in die Proben für das Musical. Ich sang drauflos, ohne nachzudenken, fest überzeugt, dass ich es kann. Und es funktionierte. Wir hatten die Songtexte im englischen Original belassen und das lag mir natürlich. Das Musical wurde ein großer Erfolg, auch für mich in der Hauptrolle. Erst hinterher erfuhr ich, dass der musikalische Leiter gesagt hatte: »Das schafft die nie.« Ich habe ihm das Gegenteil bewiesen.
Während die Musicalvorstellungen liefen, begannen schon die Proben zum Shakespeare-Stück mit Volker Hesse. Ihm hatte ich mein Engagement zu verdanken, und ich war stolz, dass ich so eine tragende Rolle spielen durfte, die Olivia. Neben mir wirkten mehr als ein Dutzend Schauspieler mit. Ich wuchs weiter in das Ensemble hinein, lernte die Kollegen besser kennen und es machte Spaß, zusammen an den
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