Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Titel: Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eveline Hall , Hiltud Bontrup , Kirsten Gleinig
Vom Netzwerk:
Maria Grühn hatte ich in Paris kennengelernt. Sie inszenierte das Stück des Japaners in einem kleinen Privattheater in München mit ihrer Compagnie Antéros, einer kleinen engagierten Truppe. Zwischendurch kam Serge zu Besuch. Er wollte unbedingt das Stück sehen, hatte sich den Text auf Französisch besorgt und diskutierte nach der Aufführung energisch mit den Schauspielern. Ich war stolz auf ihn und fühlte mich getragen von seiner Liebe, seinem Interesse an allem, was ich tat.
    In diesem Gefühl lebte ich noch zweieinhalb Jahre mit Serge in Aix-en-Provence. Bis auf wenige Ausnahmen spielte ich in dieser Zeit nicht Theater, sondern ließ mich ganz auf mein Leben mit ihm in Südfrankreich ein. Genuss stand im Mittelpunkt bei allem, was wir taten. Dafür brauchten wir nicht viel. Wenn wir ein Fläschchen Wein und ein Baguette hatten, war unser Glück vollkommen. Im Winter saßen wir vor unserem Kaminfeuer, im Sommer auf einem der vielen Plätze in der Stadt oder auf dem Cours Mirabeau mit den wunderschönen bemoosten Brunnen gleich bei uns um die Ecke. Das Gewirr aus kleinen Gassen mit unzähligen Cafés und Restaurants hatte eine ganz besondere Atmosphäre. Eine Stadt mit so viel Charme wie Aix-en-Provence gibt es wohl kein zweites Mal. Serge, der leidenschaftlich gern kochte, lebte hier im Paradies. Die kleinen Gemüseläden in den Straßen hatten alles, was sein Herz begehrte. Daneben gab es Patisserien mit hübschen Küchlein und Bäckereien mit den leckersten Croissants. Besonders liebte Serge den Markt, auf dem man neben Obst und Gemüse aus der Region auch Gewürze aus der ganzen Welt kaufen konnte. Vor den Ständen mit den zig verschiedenen Olivensorten, eingelegt in allen nur denkbaren Varianten, blieben wir immer stehen und fragten uns, warum wir sie nur beide nicht mochten. Auch für den Käse konnte Serge sich nicht begeistern. Ein Franzose, der keinen Käse mochte! Ich aß ihn dafür umso lieber. Häufig unternahmen wir Ausflüge in die Umgebung. Serge zeigte mir Orte, die berühmt waren für ihre Spezialitäten, oder wir kauften Wein direkt beim Winzer. Zurück in unserem Liebesnest entkorkten wir die Flasche und fühlten uns wie im Himmel.
    Eine unserer Touren führte uns nach Cannes, wo ich seit meinen Balletturlauben in den Sechzigerjahren nicht mehr gewesen war. Serge hatte zwischen meinen Fotos ein Bild von dem Gemälde gefunden, das Jean Robier von mir gemalt hatte. Er kriegte sich gar nicht wieder ein, so niedlich fand er mich darauf. Als er die Geschichte hörte, wollte er sofort aufbrechen. »Aber Serge, das ist fast dreißig Jahre her. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass dieses Bild noch existiert.« – »Wenn nicht, ist es egal. Dann gehen wir eben schön essen in Cannes. Los, lass uns fahren!« Er trieb mich richtig an. Als wir vor der Ballettschule aus dem Auto stiegen, traute ich meinen Augen kaum. Rosella Hightower, die Lehrerin von damals, kam uns entgegen. Weit über achtzig war sie und doch erkannte sie mich wieder. »Eveline, how are you?« Ich fragte sie nach ihrem Mann. Ihm gehe es nicht gut, er spreche nicht mehr, wahrscheinlich sei es Alzheimer. Dann zeigte ich ihr das Foto. »What did you do with all those paintings?« Sie führte uns hinauf in das alte Atelier und da standen sie, reihenweise Bilder, überall an den Wänden. Ich durfte sie durchschauen und nach einer Weile wurde ich tatsächlich fündig. Mein Bild war noch dort! »Serge, c’est pas vrai! Tu avais raison.« Serge hatte recht. Er und Rosella waren sich einig: Das Bild gehörte zu mir. Ich fragte nach dem Preis. Dreitausend Francs wollte Rosella haben, tausend Mark. Serge nickte nur, gar keine Frage! »C’est ton histoire!«, es ist ein Teil deiner Lebensgeschichte. Heute hängt das Bild in meinem Zimmer. Es erinnert mich nicht nur an die Tanzurlaube in Südfrankreich, sondern auch an Serges energische, liebevolle Art, ohne die es nicht bei mir wäre. Diese Art war es, die ich so an ihm liebte. Er war jung und kraftvoll, setzte seine Ideen energisch in die Tat um, riss mich mit. Gleichzeitig hatte er mit seiner Einfühlsamkeit und dem Sinn für Schönes eine weibliche Seite, die ich bei keinem anderen Mann gefunden habe. Wir konnten alles miteinander machen, auch im Bett. Mit Serge fühlte sich alles richtig an.

Drei Abschiede

    Am 1. April 1997 nahm mein Bruder sich das Leben. Es passierte nicht unerwartet, aber trotzdem veränderte dieses Ereignis alles. Michael spielte, seit er zwanzig war. Er hatte schon

Weitere Kostenlose Bücher