Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)
funkelnden, glänzenden Dinge nach Hause. Doch nahm ich niemals etwas an, was ich nicht gebrauchen konnte. Mein Kleiderschrank ist gut gefüllt und ich trage all diese Teile mit Freude, denn ich erlebte bei diesen Produktionen etwas, was ich im Theater und beim Ballett nie gespürt hatte: Ich bin jetzt jemand, den man lieb hat. Weil ich vieles kann und trotzdem bescheiden bin. Weil ich mich noch einmal aufgerafft habe in meinem Alter. Selbst die jungen Modelmädchen kommen zu mir und fragen, ob ich mit ihnen für ein Erinnerungsfoto posiere. Alle mögen mich gern und deshalb bin ich so glücklich in diesem Job. Und so genoss ich auch in Wien damals das Drumherum und das Zusammensein mit Henriette, aus der in diesen drei Tagen eine enge Freundin wurde.
Kurzum, ich war in meinem Element. Mir fehlte gar nichts mehr. Ich hatte neue Kontakte und eine Perspektive. Und jeder, der mich sah, war begeistert und empfahl mich weiter. Nach zwei Jahren hatte ich neben Dee Bee Phunky noch ein paar andere Agenturen, auch eine speziell für Senioren. Die Jobs liefen schön vor sich hin. Zu Mama sagte ich: »Mehr wollen wir ja gar nicht. Ein bisschen mitmachen, mal hier, mal da, ein bisschen Geld verdienen. Hauptsache, ich bin dabei.« Doch eines Tages nahm Ringo mich beiseite: »Eveline, Berlin ist nicht die richtige Stadt für dich, die Agenturen sind hier auf Schauspieler spezialisiert. Die guten Modelagenturen sitzen in Hamburg und sie könnten viel mehr für dich tun als wir.«
2006 fuhr ich in Hamburg zu einem Shooting für Mercedes. Nach der Arbeit sprach der Fotograf mich an: »Du hast ein unglaubliches Gesicht! Du solltest viel größere Sachen machen, dann würdest du auch mehr verdienen.« – »Aber wo soll ich denn hin?«, fragte ich. »Ich kenn ja niemanden.« Er empfahl mir die Agentur 4play. »Bewirb dich dort und beruf dich auf mich. Du wirst schon sehen …« Er hatte recht, ich sollte sofort Fotos schicken. Doch ich besaß gar keine Bilder von meinen Shootings. Jetzt musste Carlos Bank ran, ein alter Freund und Chef des Faceland-Fotostudios in Hamburg. Ich packte meine schönsten Kleider ein und erklärte ihm meinen Plan. Ich würde vor seiner Kamera tanzen und mich bewegen, ich wollte zeigen, was ich alles draufhatte. Er musste mich nur ablichten. Und diese einfachen Fotos schickte Carlos an die Agentur. Am nächsten Tag bestellte 4play mich ein.
Ich wurde kräftig gepusht, modelte für Modestrecken in Brigitte , in der großen Schweizer Frauenzeitschrift Annabelle und selbst in der Z , der Luxusbeilage der Neuen Zürcher Zeitung . Das war eine wahnsinnig schöne Geschichte, besser kann man so etwas kaum machen: Wir zeigten Schmuck und inszenierten das Ganze als Urlaubsflirt zwischen jungem Mann und älterer Geliebter in einem eleganten Hotel. Mit jeder weiteren großen Zeitschrift begannen die Leute sichmehr für mich zu interessieren. Alle fragten: »Wo kommst du her? Wie schaffst du es, so auszusehen?«, und druckten meine Körpermaße ab: 1,74 Meter groß; Brust vierundachtzig, Taille sechzig, Hüfte neunzig Zentimeter Umfang.
Im Herbst 2008 rief die Gala an und buchte mich für ein Porträt. Mein Haar färbte ich da schon länger nicht mehr. Eines Tages hatte ich entdeckt, wie unter dem künstlichen Blond eine silberne Strähne glänzte. »Das ist ein Zeichen von oben«, meinte Mami. »Du musst aufhören mit der Färberei.« Ich nehme gern ihre Ratschläge an, sie kennt mich von allen Menschen am besten. Wenn sie mich kritisiert, dann immer konstruktiv. Auch damals hatte ich auf sie gehört. Nun war mein Haar also am Ansatz silbern und unten so dunkel wie nie zuvor in meinem Leben. Ich liebe es! Nie wieder werde ich es färben, es ist mein Markenzeichen geworden. Auch meine Agenten verbieten es mir, als Haarfarbe steht »Salt & Pepper« in der Sedcard. Beim Gala -Shooting stylten sie mir eine Riesenmähne und inszenierten mich als mondäne Diva. »Ich bin mit der Oper groß geworden« stand über der Strecke, und im Interview erzählte ich meine Geschichte.
Z und Gala waren die Meilensteine dieser Zeit, nun war ich in der Modeszene bekannt. Bei 4play sagte eins der Mädchen: »Du kennst doch Ted Linow, den Chef von Mega Models. Bei ihm würdest du noch weiter kommen.« Ich hatte Ted vor Jahren getroffen, kurz nach meiner Rückkehr, aber wir hatten nicht über die Arbeit gesprochen. Ich wollte keinen Druck machen, lieber den Dingen ihren Lauf lassen. Und jetzt war der Moment gekommen. Ich musste gar nichts
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