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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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verunsichert um sich blickte, als er plötzlich im Mittelpunkt des Interesses stand, Kontakt aufgenommen. Und so war eins zum anderen gekommen. Laurent war von Jean-Loups Ausstrahlung tief beeindruckt gewesen, von dieser Ruhe und der gleichzeitigen Geistesgegenwart. Er hatte etwas an sich, das er gar nicht in Worte fassen konnte, doch es war so stark, dass es einen Gesprächspartner nicht unberührt ließ. Und schon gar nicht einen wie ihn.
    Bikjalo, der auch nicht auf den Kopf gefallen war, hatte das sofort begriffen, als er ihm Jean-Loup als möglichen Moderator von Voices präsentiert hatte, einem Programm, das Laurent schon länger im Kopf herumgespukt war. Er hatte die Neugier in den Augen des alten Fuchses aufleuchten sehen. Jean-Loups unzweifelhafter Vorteil war es, verfügbar und bezahlbar zu sein, da er bisher nichts mit der Welt des Radios zu tun gehabt hatte. Ein absoluter Neuling. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Eine neue, erfolgreiche Sendung und ein neuer Moderator, praktisch zum Nulltarif. Nach zweiwöchigem Probelauf, in dem Jean-Loup tagtäglich die Erwartungen bestätigt und sein Talent unter Beweis gestellt hatte, war Voices schließlich auf Sendung gegangen. Hatte einen guten Start und lief immer besser. Der Junge gefiel den Leuten. Sie mochten die Art, wie er redete und mit ihnen kommunizierte, fantasievoll, bilderreich, in gewagten Metaphern, die doch jedermann verständlich waren.
    Sogar den Mördern …, dachte Laurent bitter.
    Aus der eher zufälligen Episode, die zwei junge Leute aus einem Abgrund von Verlorenheit errettete, hatte sich fast ohne jede Absicht die Sendung mit dem sozialen Anspruch entwickelt, die sie heute war. Der Stolz und die Blume im Knopfloch von Sender und Fürstentum. Und Honig ums Maul der Sponsoren.
    Und aus dem DJ war der Star einer Sendung geworden, die er sich ausgedacht hatte, einer Sendung, in der er immer weniger zu sagen hatte und aus der er jeden Tag mehr hinausgedrängt wurde.
    »Zur Hölle mit denen. Es wird sich etwas ändern, es muss sich etwas ändern«, murmelte er vor sich hin.
    Er schickte seine Notizen für die Sendung des heutigen Abends auf den Drucker, und der HP 990Cxi schob die frisch bedruckten Blätter in den Papierschacht.
    Sie würden ihre Meinung über ihn ändern müssen. Alle, einer 237

    nach dem andern. Besonders Barbara.
    Er erinnerte sich an ihre kupferfarbenen Haare auf seinem Kissen. An den Duft ihrer Haut. Er hatte etwas mit ihr gehabt. Eine ziemlich intensive Geschichte, in die er physisch und mental vollkommen abgetaucht war, bevor er dafür gesorgt hatte, dass alles den Bach hinunterging. Sie hatte versucht, ihm beizustehen, doch es war nur der verzweifelte Versuch gewesen, mit einem Süchtigen zusammenzuleben. Nach langem Hin und Her hatte sie ihm endgültig den Rücken gekehrt, hatte sie begriffen, dass sie es niemals mit den anderen vier Frauen in seinem Leben würde aufnehmen können, den Pik, Karo, Herz und Kreuz.
    Er stand von dem wackeligen Stuhl auf und legte die Blätter, die er gerade ausgedruckt hatte, in eine Mappe. Er nahm seine Jacke von dem Sessel, der ihm als Kleiderständer diente, und wandte sich zur Tür.
    Er trat ins Treppenhaus, das ein ebensolcher Ausbund an Elend war wie das Innere der Wohnung, in der er lebte. Mit einem erleichterten Seufzer zog er die Tür hinter sich zu. Der Aufzug war außer Betrieb. Eine neue Folge vom Fortsetzungsroman seines Vermieters.
    Im gelblichen Dämmerlicht ging er die Treppen hinunter und streifte mit einer Hand an der beigen Tapete des Treppenhauses entlang, das genau wie er schon bessere Zeiten gesehen hatte.
    Er kam unten im Hausflur an und öffnete die rostige Glastür. Der Lack war überall abgeblättert. Die Tür sah ziemlich anders aus als die der schönen Paläste in Monte Carlo oder der hübschen Villa von Jean-Loup.
    Draußen lag das Viertel in den Halbschatten der Abenddämmerung getaucht, in jenes intensive Dunkelblau der Erinnerung an das Licht des Tages, wie es nur ein Sonnenuntergang im Sommer hinterlassen konnte. Am Ende schaffte er es sogar, diesem heruntergekommenen Viertel einen menschlichen Anstrich zu verleihen. Ariane war kein Viertel wie die Promenade des Anglais oder Acropolis. Der Duft des Meeres kam nicht bis hierher, und wenn doch, dann wurde er sofort vom durchdringenden Gestank der Abfalleimer überdeckt.
    Er musste mindestens drei Blocks laufen, um den Autobus zu erreichen, der ihn ins Fürstentum bringen würde. Umso besser. Ein Spaziergang

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