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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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zur Seite genommen und war mit ihm in das kleine Büro mit der Glastür neben dem Eingang gegangen.
    »Pierrot, kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
    Der Junge hatte ihn ängstlich angesehen, die Augen halb geschlossen, als würde er gerade darüber nachdenken, ob diese Frage für ihn zu meistern sei.
    »Ein Geheimnis heißt, dass ich es keinem sagen darf?«
    »Genau. Du bist ja jetzt auch ein Polizist und an den polizeilichen Ermittlungen beteiligt, und Polizisten dürfen keinem etwas von ihren Geheimnissen sagen. Das ist top secret. Weißt du, was das heißt?«
    Der Junge hatte mit dem Kopf ein heftiges Nein signalisiert, wobei er seine drolligen, widerspenstigen Haare schüttelte, denen eine Schere sicher mal wieder gut getan hätte.
    »Das heißt, es ist so geheim, dass nur du und ich es wissen dürfen. Einverstanden, Polizeiwachtmeister Pierrot?«
    »Oui, Monsieur.«
    Er war mit der Hand an die Schläfe gefahren, zum Zeichen eines militärischen Grußes, wie er es vermutlich in irgendeinem Fernsehfilm mal gesehen hatte. Frank hatte das Foto von der Schallplatte, das Guillaume von dem Video gezogen hatte, herausgeholt.
    »Ich werde dir jetzt ein Plattencover zeigen. Kannst du mir sagen, ob diese Platte in dem Zimmer ist?«
    Er hatte das Bild Pierrot vors Gesicht gehalten, der wieder die Augen zusammenkniff, wie er es immer tat, wenn er sich konzentrieren wollte. Als er den Kopf gehoben und ihn angesehen hatte, war 340

    auf seinem Gesicht keine positive Reaktion abzulesen. Er hatte den Kopf geschüttelt.
    »Nicht da.«
    Frank hatte seine Enttäuschung verborgen, um sie nicht auf Pierrot zu übertragen. Er hatte so getan, als sei die Verneinung in jedem Fall ein Erfolg.
    »Sehr gut, Polizeiwachtmeister Pierrot. Sehr, sehr gut. Du kannst jetzt gehen, und vergiss nicht, absolut geheim!«
    Pierrot hatte beide Zeigefinger auf den Lippen gekreuzt, um sein Schweigen zu beschwören, und hatte dann den Raum in Richtung Regiekabine verlassen. Frank hatte das Foto wieder in die Tasche gesteckt, war gegangen und hatte Morelli die Kontrolle über die Situation überlassen. Beim Rausgehen war Barbara in einem schwarzen und besonders gewagten Kleid auf ihn zugetreten, um mit ihm zu sprechen.
    Während er an die menschlichen Instinkte von Inspektor Morelli dachte, öffnete sich das Hoftor, und die Gestalt von Helena Parker erschien.
    Frank sah sie nach und nach aus dem Halbschatten jenseits der Reichweite der Scheinwerfer treten.
    Zuerst ihre graziöse Figur, die Schritte auf dem Kies, der absolut sichere Gang über den lockeren Boden. Dann ihr Gesicht unter der Fülle blonder Haare zwischen den Schatten der Äste und der Haarsträhnen, und dann die Augen, jene Augen, in die jemand Traurigkeit gesät zu haben schien, um sie dann in der ganzen Welt zu verstreuen.
    Frank fragte sich, was sich hinter diesem zerrissenen Schleier verbergen mochte. Welche Leiden, welche und wie viele Momente nicht gewählter Einsamkeit oder nicht erbetener Gesellschaft, wie viel simples Überleben anstelle eines wahren Lebens.
    Vermutlich würde er es bald schon wissen, doch er fragte sich, bis zu welchem Punkt er es überhaupt wissen wollte. Auf einen Schlag realisierte er, was Helena Parker für ihn bedeutete. Es kostete ihn einige Mühe, sogar sich selbst gegenüber, seine Angst einzugestehen. Er fürchtete, dass die Geschichte mit Harriet ihn endgültig zum Feigling gemacht hatte. Wenn dem so war, dann konnte er mit tausend Waffen herumlaufen und tausend Menschen verhaften oder töten, dann konnte er sein ganzes Leben lang rennen, aber so schnell er auch rannte, er würde es nie wieder schaffen, sich selbst einzuholen. Wenn er nichts unternahm, wenn nichts geschah, dann würde diese Angst nie mehr verschwinden.
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    Er stieg aus dem Wagen und ging auf die andere Seite, um ihr die Tür zu öffnen. Helena Parker trug einen dunklen Hosenanzug mit schmalem Stehkragen und einem Hauch von Orient, den ein Stardesigner perfekt einzufangen gewusst hatte. Dennoch zeugte ihre Kleidung nicht von Reichtum, sondern schlicht von gutem Geschmack.
    Frank fiel auf, dass sie praktisch keinen Schmuck trug, und geschminkt war sie, wie jedes Mal, wenn er sie sah, so zart, dass es eigentlich kaum wahrzunehmen war.
    Sie blieb neben ihm stehen, angekündigt von ihrem geheimnisvollen Duft, der direkt aus der Nacht zu kommen schien.
    »Guten Abend, Frank. Ich danke Ihnen, dass Sie ausgestiegen sind, um mir die Tür zu öffnen, aber fühlen Sie sich nicht jedes

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