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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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die Arme über der Brust gekreuzt, die stummen Lippen, ohne Stimmen, um die Welt der Lebenden zu befragen.
    Er denkt an den Trost der Stille, der Dunkelheit ohne Bilder, der 405

    Ewigkeit ohne Zukunft, des Schlafs ohne Träume und ohne plötzliches Aufschrecken.
    Der Mann spürt, wie sich das Mitleid mit ihm selbst und der Welt wie ein Windhauch nähert, während endlich auch aus seinen Augen ein paar Tränen fließen und sich mit dem Regen vermischen. Es sind nicht Tränen um den Tod eines anderen Menschen. Es sind salzige Tränen der Trauer um die Sonne vergangener Zeiten, um das kurze Aufflackern eines im Nu vergangenen Sommers, um die wenigen glücklichen Momente, an die er sich erinnert, so tief im Gedächtnis vergraben, als hätten sie nie existiert.
    Der Mann durchschreitet den Friedhofsausgang, als habe er Angst, von einem Moment auf den anderen eine Stimme zu hören, mehrere Stimmen, die ihn zurückrufen, als existiere jenseits dieses Mauerrings eine Welt der Lebenden, auf die er kein Recht hat.
    Auf einen Schlag, wie von einem unerwarteten Gedanken erfasst, dreht er den Kopf und blickt nach hinten. Am Ende des Friedhofs, da steht einsam, wie auf einem Dia vom Eingangstor eingerahmt, ein dunkel gekleideter Mann vor einem frisch ausgehobenen Grab.
    Er erkennt ihn wieder. Er ist einer von denen, die ihn verfolgen, einer der Hunde auf der panischen Jagd, mit dampfenden Mäulern unter herausforderndem Gebell. Er denkt sich, dass er jetzt noch viel entschlossener, noch viel grausamer sein wird. Er wünschte, er könne umkehren, zu ihm gehen und ihm alles erklären, ihm sagen, da sei keine Grausamkeit, da sei keine Rache, da sei nur Gerechtigkeit.
    Und das Gefühl absoluter Gewissheit, die einzig und allein der Tod zu repräsentieren berechtigt ist.
    Während er ins Auto steigt, das ihn fortbringen wird, fährt er sich mit einer Hand durchs regennasse Haar.
    Er würde gerne alles erklären, kann es aber nicht. Sein Auftrag ist noch nicht beendet.
    Er ist einer und keiner, und sein Auftrag wird niemals enden.
    Und trotzdem, während er durch das Fenster, an dem die Regentropfen sich jagen, all die Leute ansieht, die sich vom Ort des Schmerzes entfernen, während er die törichten, dem Anlass angepassten Gesichter betrachtet, stellt er sich eine Frage, die mehr von seiner Müdigkeit als von seiner Neugier ausgelöst wird. Er fragt sich, welcher dieser vielen Menschen als Erster kommen wird, um ihm mitzuteilen, dass endlich alles vorbei sei.
    406

46
    Als Frank den Friedhof verließ, war niemand mehr da.
    Auch der Regen hatte aufgehört. Oben, in der Höhe der Himmel, kein barmherziger Gott. Nur die Bewegung der weißen und grauen Wolken, zwischen denen sich der Wind ein schüchternes Stück Blau ausgrub.
    Er erreichte den Wagen, dem leichten Knirschen seiner Schritte auf dem Kies folgend. Er stieg ins Auto und ließ den Motor an. Die Scheibenwischer des Megane setzten sich mit einem weichen Rauschen in Bewegung und nahmen die verbliebenen Regentropfen von der Windschutzscheibe. Im Gedenken an Nicolas Hulot schnallte er sich an. Auf dem Beifahrersitz lag die »Nice Matin«, mit der Schlagzeile auf der ersten Seite: US-Regierung beantragt Auslieferung von Captain Ryan Mosse.
    Die Meldung über Nicolas’ Tod stand auf der dritten Seite. Dem Tod eines einfachen Polizeikommissars kam nicht die Ehre der ersten zu.
    Er nahm das Blatt und schleuderte es voller Verachtung auf den Rücksitz. Er legte einen Gang ein und sah automatisch in den Rückspiegel, bevor er losfuhr. Sein Blick fiel auf die Zeitung, die noch aufrecht im Fond des Autos lehnte.
    Frank stockte der Atem. Er fühlte sich mit einem Schlag wie einer dieser verrückten Bungeespringer. Er befand sich im freien Fall und sah, wie er der Erde unter sich mit schwindelerregender Geschwindigkeit näher kam, ohne die mathematische Gewissheit zu haben, dass das Seil richtig bemessen war. Aus seinem Inneren erhob sich ein stummes Gebet, wer auch immer es zu erhören vermochte, dass seine spontane Eingebung nicht eine der vielen Illusionen war, die nur von Spiegeln ausgehen können.
    Ein paar Sekunden überlegte er noch, und dann kam die Sintflut.
    Ein Schwall von Vermutungen, die nur auf eine Bestätigung warteten, prasselte auf ihn ein, wie Wasser, das durch seine Kraft eine winzige Lücke in einem Damm Stück für Stück aufweitet, bis es zu einem riesigen Wasserfall wird. Im Lichte dessen, was er soeben gedacht hatte, ließen sich viele kleine Ungereimtheiten

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