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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Augenblick.«
    Sie kam in die Warteschleife, und kurz darauf hörte sie Franks Stimme im Hörer.
    »Helena, wo bist du?«
    Helena spürte, wie sie rot wurde, und deshalb und nur deshalb war sie froh, dass er in diesem Augenblick nicht vor ihr stand. Sie 478

    fühlte sich plötzlich in die Vergangenheit zurückversetzt, als küssten in diesem Moment die schüchternen, unerfahrenen Lippen von Andres Jeffereau ihre Wange. Sie begriff, dass Frank Ottobre die Macht hatte, ihr die Unschuld zurückzugeben. Diese Erfahrung war für Helena die endgültige Bestätigung dafür, wie sehr sie ihn liebte.
    »Ich bin zu Hause, allein. Mein Vater ist mit Ryan und Stuart weggegangen. Mosse hat alle Telefone in ein Zimmer geschlossen.
    Ich rufe von dem Handy aus an, das du mir gegeben hast.«
    »Dieser Mistkerl! Ein Glück, dass mir der Gedanke kam, dir eins mitzubringen …«
    Helena hatte keine Ahnung, ob die Telefonvermittlung der Polizei Franks Telefonate mithörte. Er hatte ihr von seinem Verdacht erzählt, dass sein Handy und das Telefon zu Hause im Parc Saint-Roman überwacht wurden. Ob das der Grund für seinen kühlen Ton war?
    Helena wollte nichts sagen, was ihn in Schwierigkeiten oder in Verlegenheit bringen könnte, doch sie hatte das Gefühl zu explodieren.
    »Ich muss dir etwas sagen.«
    Jetzt, sagte sie sich, sag es jetzt, oder du wirst es ihm nie mehr sagen!
    »Ich liebe dich, Frank!«
    Helena merkte, dass ihr diese Worte zum ersten Mal in ihrem Leben über die Lippen gekommen waren. Und dass sie zum ersten Mal eine Angst verspürte, vor der sie keine Angst hatte.
    Am anderen Ende der Leitung gab es eine Pause. Sie dauerte nur einen Augenblick, und doch kam es Helena vor, als hätte man in der Zeit bis zur Antwort einen Dattelbaum pflanzen und seine Früchte ernten können. Endlich drang Franks Stimme an ihr Ohr.
    »Ich liebe dich auch, Helena.«
    Ein knapper Satz, Ganz einfach. So, wie es sein sollte. Mit jenem Gefühl von Frieden, das jedes Meisterwerk ausströmt. Jetzt hatte Helena Parker keine Zweifel mehr.
    »Gott segne dich, Frank Ottobre.«
    Sie hatte keine Zeit, noch etwas hinzuzufügen. Durch das Telefon gedämpft, bekam Helena mit, wie in Franks Raum eine Tür ging.
    »Sekunde«, hörte sie ihn sagen, schlagartig in kalter Sachlichkeit.
    Sie vernahm eine Stimme, die sie nicht kannte, und Worte, die sie nicht verstand. Dann ein harter Schlag auf eine Holzfläche und ein lauter Fluch. Es war Franks Stimme, die schrie: »Herrgott noch479

    mal, schon wieder, dieser verdammte Hurensohn …«
    Dann sprach er wieder ins Telefon.
    »Entschuldige, Helena. Gott weiß, wie ungern ich auflege, aber ich muss dringend weg …«
    »Was ist denn los? Kannst du es mir sagen?«
    »Natürlich, morgen steht es sowieso in jeder Zeitung. Keiner hat schon wieder gemordet!«
    Frank legte auf. Etwas verwirrt blickte Helena aufs Display und versuchte zu begreifen, wie sie ihr Telefon ausschalten musste. Sie war zu glücklich, um zu registrieren, dass ihre erste Liebeserklärung soeben durch die Nachricht eines Mordes unterbrochen worden war.
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    Frank und Morelli rasten die Treppe hinunter, als hinge das Schicksal der ganzen Welt von ihrer Geschwindigkeit ab. Während sie buchstäblich über die Stufen flogen, schoss Frank die Frage durch den Kopf, wie oft sich eine derartige Szene wohl noch wiederholen würde, bevor der Albtraum vorbei war. Gerade war er noch am Telefon gewesen, hatte einige Sekunden lang Platz auf einer kleinen, ruhigen Insel mitten im sturmgepeitschten Meer gefunden, als Claude hereingekommen war, um seinen Tagtraum jäh zu beenden.
    Keiner hatte von neuem zugeschlagen. Und zwar auf die allerschlimmste Weise, indem er dem Schaden auch noch den Spott folgen ließ.
    Himmelherrgott, wann ist dieses Gemetzel endlich vorbei? Was ist das bloß für ein Mensch? Was muss das für einer sein, der so etwas fertig bringt?
    Sie verließen die Polizeiwache durch die Glastür. Gleich rechts erblickte Frank ein Grüppchen Polizisten, die um ein Auto herumstanden. Die Straße war bereits auf beiden Seiten abgesperrt, sowohl zur Rue Suffren Raymond als auch zur Verlängerung der Rue Notari hin, um Fahrzeugen und Fußgängern den Durchgang zu verwehren.
    Frank und Morelli liefen die Außentreppe hinab und auf die Polizisten zu. Diese traten zur Seite, um sie durchzulassen. Direkt vor der Zentrale, rechts, auf dem letzten der für die Streifenwagen reservierten Parkplätze, stand der Mercedes SLK von Jean-Loup Verdier mit

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