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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Dann wurde ihm klar, dass es Teil der Verkleidung war, und mit einem Schlag wusste er, wen sie tatsächlich vor sich hatten.
    »Was für ein Hurensohn!«, zischte er zwischen den Zähnen hervor.
    Alle Anwesenden drehten sich unwillkürlich um und sahen ihn an. Frank machte eine Handbewegung, als wolle er sich dafür entschuldigen, die Sitzung gestört zu haben. Dann richteten alle ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Bilder. Die Augen vor Entsetzen aufgerissen, sahen sie die schwarze Figur immer wieder mit einem Messer auf den in seinen Sessel gefesselten Mann einstechen, mit fast wissenschaftlicher Akribie, damit keine der Wunden für sich allein bereits tödlich war. Sie sahen seine durch die Kleidung ins Unnatürliche verzerrten Bewegungen, mit denen er Wunden öffnete, die sich nie mehr schließen würden, sie sahen die Blutflecken in Zeitlupe auf den weißen Stoff von Yoshidas Hemd übergreifen, wie Blumen, die ihm seine Lebenskraft entziehen mussten, um aufblühen zu können.
    Sie sahen den Tod persönlich um einen Mann herumtanzen und seinen Schmerz und sein Entsetzen auskosten, um ihn am Ende mit sich in die Ewigkeit zu nehmen.
    Nach einer gewissen Zeit, es schienen Jahrhunderte zu sein, hielt die schwarze Figur inne. Yoshidas Gesicht war schweißgebadet. Der Mann streckte den Arm aus und tupfte es mit dem Ärmel seines Kittels ab. Auf der Stirn des Gefangenen blieb ein rötlicher Streifen zurück, ein Komma des Lebens in diesem Ritual des Todes.
    Überall war Blut. Auf dem Marmor des Bodens, auf den Kleidungsstücken, an den Wänden. Der Mann in Schwarz näherte sich der Anlage, die auf der rechten Seite entlang der Wand installiert war. Plötzlich hielt er inne und legte ein wenig den Kopf zur Seite, als sei ihm plötzlich etwas in den Sinn gekommen. Dann drehte er sich zu der Kamera in seinem Rücken um, machte eine Verbeugung und wies mit einer sanften Geste des rechten Arms auf den sterben-den Mann im Sessel.
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    Er wandte sich erneut um, drückte eine Taste, und auf dem Bildschirm fiel der Schnee des Winters und der Hölle.
    Das Schweigen im Raum sprach zu jedem von ihnen mit einer anderen Stimme.
    Frank sah sich plötzlich zurückversetzt in eine andere Zeit, in ein Haus am Meer, und all die Bilder, die wie ein endloses Video niemals aufgehört hatten, vor seinen Augen zu kreisen, traten hervor.
    Die Erinnerung wurde wieder Schmerz, der Schmerz wurde Hass, und Frank teilte ihn gerecht zwischen sich und dem Mörder auf.
    Hulot machte sich daran, die Verdunkelungsrollos hochzuziehen, und das Sonnenlicht erfüllte den Raum wie ein Segen.
    »Jesus Christus, was für ein Teufelswerk geschieht hier?«
    Die Stimme kam wie ein Stoßgebet aus Roncailles Mund.
    Frank erhob sich aus dem Sessel. Hulot sah das Licht in seinem Blick. Für einen Augenblick überkam ihn der Gedanke, dass die Figur in Schwarz, hätte sie sich die verspiegelte Sonnenbrille abgenommen, dasselbe Licht in ihren Augen gehabt hätte.
    Wasser zu Wasser, Feuer zu Feuer, Wahnsinn zu Wahnsinn. Und Tod zu Tod.
    Hulot schauderte, als hätte die Klimaanlage Wind vom Nordpol hereingeblasen. Und Franks Stimme schien auch von dort zu kommen.
    »Meine Herren, auf dieser Kassette sehen wir Beelzebub persönlich. Dieser Mann ist vielleicht vollkommen durchgeknallt, aber seine Intelligenz und seine Gerissenheit sind schier übermenschlich.«
    Er wies mit der Hand auf den immer noch eingeschalteten Videorekorder, der immer noch das Schneebild zeigte.
    »Ihr habt gesehen, wie er sich angezogen hat. Ihr habt seine Ellbogen und Knie gesehen. Ich weiß nicht, ob er von Anfang an diese Kassette aufnehmen wollte, als er zu Yoshida nach Hause ging.
    Möglicherweise nicht, denn er konnte nichts von dem Geheimzimmer und der besonderen Perversion des Hausherrn wissen. Vielleicht war es improvisiert. Vielleicht hat er ihn dabei überrascht, als er gerade sein sancta sanctorum öffnete. Es hat ihn amüsiert, sich vorzustellen, dass wir ihm dabei zusehen, wie er diesen armen Kerl tötet. Nein, vielleicht ist die richtige Bezeichnung, dass wir ihn dabei bewundern. So viel zu seiner Verrücktheit. Morelli, könntest du das Band zurückspulen?«
    Der Inspektor zeigte mit der Fernbedienung auf den Rekorder, und die Kassette begann, nach einem Schnappen und dann einem 156

    leichten Schleifen, sich zurückzuspulen. Wenige Sekunden später hielt Frank ihn mit einer Handbewegung auf.
    »Das reicht, danke. Kannst du das Bild irgendwo anhalten, wo man unseren Mann gut

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