Ich Töte
sieht?«
Morelli drückte einen Knopf, und das Bild auf dem Schirm blieb bei der Figur in Schwarz mit dem erhobenen Messer stehen. Der Stopp hatte einen Tropfen Blut in der Luft eingefroren, der gerade von der Schneide des Messers fiel. Der Polizeichef blinzelte entsetzt.
Diese Art von Schauspiel war ganz sicher nicht Teil seiner täglichen Arbeit.
»Hier.«
Frank ging nah an den Bildschirm heran und zeigte auf den erhobenen Arm des Mörders in Höhe des Ellbogens.
»Der Mann wusste, dass überall im Haus Kameras sein würden.
Auf jeden Fall ist ihm bekannt, dass überall im Fürstentum Überwachungskameras installiert sind. Er wusste, wenn er den Wagen ins Parkhaus des Boulingrins bringt, geht er das Risiko ein, erfasst und aufgenommen zu werden. Und vor allem wusste er, dass man mit Hilfe einer Videoaufnahme anthropometrische Vermessungen durchführen kann, die einen Parameter der Identifikation bilden. Es gibt Werte, die typisch sind für ein Individuum. Die Größe der Ohren, der Abstand zwischen Handgelenk und Ellbogen, die Entfernung zwischen Knöcheln und Knien. Man kann diese Daten mit Apparaten erheben, die zur wissenschaftlichen Ausstattung der Polizei in aller Welt zählen. Deshalb hat er diese Art Prothesen an Armen und Beinen angelegt. So ist für uns nichts zu erkennen. Kein Gesicht, kein Körper. Nur die Statur, doch die könnte Millionen von Menschen gehören. Das ist es, warum ich ihn, abgesehen von seinem Wahn, für klar und gerissen halte.«
»Aber musste dieser Irre ausgerechnet zu uns kommen?«
Roncaille hörte vielleicht schon ein unheilvolles Knirschen in seinem Chefsessel. Er sah Frank an, um den Anschein von Kaltblütigkeit wiederherzustellen.
»Was habt ihr nun vor?«
Frank sah Hulot an. Der Kommissar verstand, dass er ihm die Antwort an Roncaille überlassen wollte.
»Wir ermitteln in verschiedene Richtungen. Zwar haben wir nur wenige Spuren, aber das eine oder andere haben wir schon. Wir erwarten aus Lyon die Ergebnisse einer gründlichen Analyse der Bänder mit den Telefonaten. Cluny, der Psychologe, bereitet einen 157
Bericht über den Fall vor, ebenfalls auf Basis dieser Aufzeichnungen. Wir haben die Resultate der Untersuchungen auf dem Schiff, in Yoshidas Wagen und in seinem Haus. Nicht dass wir uns von dieser Seite Großartiges erwarten würden, aber wir dürfen nichts außer Acht lassen. Die Autopsieprotokolle haben nicht viel mehr ergeben, als auf den ersten Blick sichtbar war. Die einzig echte Verbindung, die wir zu dem Mörder haben, sind seine Anrufe bei Radio Monte Carlo, bevor er zuschlägt. Wir überwachen den Sender rund um die Uhr. Leider ist dieser Mann, wie wir gesehen haben, sehr gerissen, und die Perfektion seiner Vorbereitung wird nur noch von seiner Brutalität übertroffen. Im Moment können wir nur darauf hoffen, dass er einen Fehler begeht. Wir haben eine Abteilung unter Morellis Leitung, die alle Telefonate aufnimmt und auf verdächtige Hinweise überprüft …«
Morelli fühlte sich angesprochen.
»Es sind wahnsinnig viele Gespräche eingegangen, und ich denke, dass es nach jedem neuen Mord mehr werden. Manchmal sind es nur Leute mit Wahnvorstellungen, von Außerirdischen oder Racheengeln und so was in der Art, aber bei dem Rest sorgen wir dafür, dass uns nichts durch die Lappen geht. All das zu kontrollieren, darauf brauche ich wohl nicht hinzuweisen, erfordert allerdings einiges an Zeit und Personal, das wir nicht immer zur Verfügung haben.«
»Hmm. Was das angeht, sehe ich, was sich machen lässt. Ich kann jederzeit Leute von der französischen Polizei zur Unterstützung anfordern. Ich brauche Ihnen ja nicht zu sagen, dass das Fürstentum liebend gern auf diese ganze Geschichte verzichten würde. Sicherheit war immer ein Hauptbestandteil unseres Selbstverständnisses, eine Insel der Glückseligkeit inmitten der Probleme in der Welt rundherum. Jetzt, wo dieser Verrückte uns bereits eine beeindruckende Anzahl an Leichen vor die Tür gelegt hat, müssen wir versuchen, aus der Sache herauszukommen, indem wir diesem Bild einen Beweis unserer Effizienz hinzufügen. Kurz gesagt, wir müssen ihn schnappen. Und das so bald wie möglich. Bevor er noch mehr Menschen umbringt.«
Roncaille erhob sich und strich die Falten aus seiner Leinenhose.
»Gut. Ich lasse euch arbeiten. Ich gestehe, dass ich die Informationen, die ihr mir gerade geliefert habt, relativ bald dem Generalstaatsanwalt übergeben muss. Und das ist eine Aufgabe, auf die ich gern
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