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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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schnalzte leise mit den Fingern, dazu sang sie ein eintöniges Liedchen, und wir Kinder hüpften und drehten uns und sangen mit: »Ding dingi ding ding ding dingi ding.«
    Es klingt wie ein Gemeinplatz, wenn ich sage, dass Yiayia ihre Zeit in Deutschland nie vergaß, doch ist es wirklich wahr – sie konnte sich später noch an jedes Detail erinnern: »Siebenundzwanzig Stufen sind es bis zu euch in den dritten Stock – in jedem Stockwerk sieben, nur von unten in den ersten Stock hinauf sind es sechs, nicht wahr?«, sagte sie, wenn wir sie inPiräus besuchten, oder: » Gala heißt Mielch, psomi heißt Brrott, glifitzuri heißt Lutscha, pagoto heißt Aaais, stimmt’s?«, und wir nickten. »Und wenn du zu Hause in Monacho Popcorn machst, denk daran, was ich dir beigebracht habe: Nicht zu viel Fett! Und nimm am besten eure schwere Pfanne mit dem roten Blechdeckel, sie steht immer in dem Schrank links neben dem Herd, ganz unten.«

Annoula und die Emanzipation
    D ie kleine Eckkneipe war pistaziengrün gestrichen und leuchtete selbst im diffusen Licht der untergehenden Abendsonne. Die Tische, die außen an der Wand entlang aufgereiht standen, waren frei bis auf einen am Eingang, an dem ein unrasierter Alter in Arbeiterhosen und Gummischlappen hockte und das komboloi durch die Hand gleiten ließ.
    »Das da vorne ist es«, sagte Anna. »Siehst du das Schild?«
    »Kaaafennnion, Kafenion« , buchstabierte ich mit der Langsamkeit einer Erstklässlerin – immer noch fiel es mir schwer, griechische Buchstaben zu entziffern, obwohl Anna mir zum Üben regelmäßig griechische Comics nach München schickte.
    » Och «, machte Anna und hob mit beiden Händen ihre dunkelbraune Lockenmähne hoch, um ihrem Nacken ein wenig Kühlung zu verschaffen. » Oooch, was für eine Hitze.«
    Es war dies kein deutsches, munteres »Och«, sondern das lang gezogene, leidende » Oooch «, mit dem griechische Frauen über Sommerschwüle, Rückenschmerzen und sonstiges Ungemach stöhnten – und das taten sie oft: Leidensbekundungen waren fester Bestandteil der Konversation erwachsener Griechinnen. Seit Anna dreizehn war und beschlossen hatte, nun endgültig erwachsen zu sein – also seit diesem Sommer –, gehörte » Och « zu ihrem Vokabular.
    »Und was machen wir, wenn sie uns nicht reinlassen?«, fragte ich.
    »Dann sagen wir, wir müssen auf die Toilette«, antwortete Anna und hielt ihre Haarpracht noch höher.
    »Och!« Der Gedanke an ein griechisches Gaststättenklo ließ nun auch mich aufstöhnen – zu jener Zeit waren Toiletten in Griechenland kein Ort, an dem man sich ohne Not aufhalten mochte. »Ich weiß nicht, ob ich Lust habe, ausgerechnet hier auf die Toilette zu gehen. Vielleicht gibt es nur ein Herrenklo …«
    » Vevea , sicher!«, sagte Anna im Brustton der Überzeugung. »Wozu sollten sie ein Damenklo haben, wo Frauen im Kafenion doch verboten sind?«
    Das Kafenion war ein Ort, an dem Männer unter sich waren, gemeinsam Kaffee und Ouzo tranken, feierten, Spaß hatten. Nicht alle Männer. Pappous besuchte nie ein Kafenion, er fand, das sei nur etwas für Trinker und leichtlebige Gesellen. Meine Onkel waren auch nie im Kafenion anzutreffen, weil diese tradierte Männerbastion nicht ihren modernen Ansprüchen gerecht wurde – sie gingen lieber in Begleitung ihrer Frauen aus, in Restaurants, Bars oder zum Tanzen. Doch noch immer gab es vereinzelte Kafenia in Piräus und Athen, diese für Männer exklusiven Einrichtungen, und wir waren dabei, sie zu stürmen und unser Recht auf einen Kafenionbesuch einzufordern.
    Wer von uns beiden zuerst die Idee hatte, wusste keiner mehr zu sagen – das war auch ganz egal. Wir hatten ja ena mialo , einen Kopf sozusagen – zumindest behaupteten Mama und Tante Matina das immer von uns. Es waren die Siebzigerjahre, wir waren zwar noch sehr jung, doch absolut infiziert mit den Idealen der Emanzipationsbewegung. Frauen gingen weltweit auf die Straße und demonstrierten gegen Unterdrückung, schlechtere Bezahlung, Chauvinismus, Chancenungleichheit. In den USA verbrannten sie ihre BHs auf offener Straße, das hatten wir in den Nachrichten gesehen (so weit wären wir nicht gegangen – wir waren ja froh, überhaupt endlich einen BH zu besitzen!). In unserer Familie machten Frauen zwar nicht gerade einen unterdrückten Eindruck – siehatten Uni-Abschlüsse und verdienten zum Teil mehr als ihre Männer –, doch ansonsten stand es mit der Gleichberechtigung nicht überall zum Besten, besonders in

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