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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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gegessen«, verkündete Yiayia dann stolz. »Genug Kalorien für einen halben Tag!«
    Yiayia hatte so ihre Geheimnisse – da gab es beispielsweise eine Schublade in der Küche, die durften wir Kinder nie öffnen (darin bewahrte sie die Süßigkeiten für das poulaki auf – aber das fand ich erst kurz vor Yiayias Abreise heraus, als ich schon fast in die Schule kam und groß genug war, um die Lade aufzuziehen). Und wenn sie ins Bad ging, drehte sie immer den Schlüssel um. Das fand ich absolut ungewöhnlich – wir anderen sperrten nie ab und liefen ganz selbstverständlich auch mal nackt durch die Wohnung, und wir Kinder durften zu den Eltern in die Badewanne.
    Wenn ich dringend aufs Klo musste, ließ sie mich doch ausnahmsweise rein. Und dort passierte das Unerhörte: Yiayia stand am Waschbecken und nahm mit einem beherzten Griff ihre ganzen Zähne (inklusive Zahnfleisch) aus dem Mund und schrubbte sie unter dem Wasserstrahl.
    »Mama, Mama – Yiayia hat ihre Zähne aus dem Mund geholt«, rief ich, sobald ich das Bad verlassen hatte.
    »Pssst!«, machte Mama.
    Am nächsten Tag wollte ich der Sache auf den Grund gehen und behauptete, ich müsse ganz dringend mal, als Yiayia im Bad war. Und tatsächlich: Wieder nahm Yiayia ihre Zähne heraus!
    »Papa, die Yiayia holt immer ihre Zähne aus dem Mund!«, berichtete ich dem Papa empört.
    »Du täuschst dich sicher!«, sagte Papa.
    Einmal war Herr Hiller, der Kompagnon von Papa, wieder im Haus. Ich machte mit ihm Konversation, während Yiayia Mokka kochte und Papa Baupläne herbeiholte.
    »Und übrigens«, plapperte ich, »unsere Oma sperrt sich immer im Bad ein und nimmt ihre Zähne aus dem Mund. Aber das glaubt mir keiner.«
    »Ich glaube dir«, sagte Herr Hiller.

    Der Pappous fühlte sich einsam in Piräus ohne seine Frau. »Männer kommen ohne Frauen nicht gut zurecht«, erklärte mir Yiayia. »Ich hoffe, dass er später mal vor mir stirbt, damit er nicht ganz allein bleiben muss. Ich dagegen komme überall zurecht, trotz der kranken Beine und der kranken Augen.« Nur etwa einmal wöchentlich telefonierte sie mit ihrem Mann – Ferngespräche waren teuer damals, außerdem hatten die Großeltern in der Monemwassias Nummer dreizehn zu jener Zeit noch kein eigenes Telefon: Wenn Yiayia den Pappous sprechen wollte, musste sie bei Frau Evga im Laden an der Ecke anrufen. Frau Evga legte dann erst einmal auf und holte Pappous aus seinem Haus. Dann rief Yiayia noch einmal an und instruierte ihren Mann: »Vergiss nicht Cousine Chariklias Namenstag – sie feiert nächsten Montag. Und gieß die Rosen ab jetzt täglich zwei Mal – es ist doch sicher jetzt sehr heiß zu Hause. Hier regnet es.«
    Manchmal machte Pappous auch den Laden zu und kam uns in Deutschland besuchen. Er reiste immer mit einem großen, mit einer Schnur umwickelten Pappkarton, der voll griechischer Leckereien war: Schokolade der Marke »Ion«, Kekse von »Papadopoulos«, Stragalia , getrocknete Kichererbsen zum Knabbern, und riesige Tüten mit Sporia und Pasatebos , über die Mama sich hermachte: Stundenlang saß sie auf dem Sofa und knackte mit den Vorderzähnen die Kernchen auf:»Sssrecklich – man kann nicht mehr damit aufhören, bis alle weg sind.«
    Auf einem Familienfoto stehen Pappous und Yiayia vor einem nebelverhangenen oberbayerischen See (wahrscheinlich dem Tegernsee) in meterhoch verschneiter Landschaft. Yiayia lächelt unter der schwarzen Sonnenbrille. Pappous trägt statt des Strohhutes, den wir vom Sommer kannten, einen schwarzen Borsalino auf der Glatze und blickt verblüfft drein, als könne er den Anblick des vielen Schnees nicht fassen – in Piräus schneite es nur alle Jubeljahre mal ein paar Flocken. Wenn er dann nach ein paar Wochen abreiste, sprach Yiayia ihm Mut zu: »Bald bin ich wieder bei dir – warte nur noch ein kleines bisschen, bis die Kinder nur ein wenig größer sind.«
    War der Pappous weg, widmete sie sich wieder voll und ganz uns Enkeln. Dann wurde erst einmal getanzt. »Yiayia liebt es zu tanzen. Das hat sie ihr Leben lang vermisst«, sagte Mama, denn der Pappous war sehr konservativ – Tanz fand er liederlich.
    Nur war Yiayia schon zu ungelenkig und schwer, um noch richtig tanzen zu können. Dennoch lehrte sie uns den Bauchtanz, wie er in der Türkei – und auch in Griechenland mancherorts – üblich war: Ihr Bauch bewegte sich dabei allerdings kein bisschen, sie stand nur auf ihren Füßen und drehte ein wenig den Oberkörper. Die Hände hatte sie erhoben und

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