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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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das Gesicht, als wir mit unseren Küken in der Monemwassias aufkreuzten: »Die wurden schon zur Zeit meiner Kindheit zu Ostern an Kinder verkauft. Die armen Küken!« Wir konnten ihre Einwände nicht verstehen. Schließlich rückte sie raus mit der Sprache: »Die leben meistens nicht lange. Seid nicht enttäuscht, aber wahrscheinlich gehen sie euch noch vor Ostersonntag ein.«
    Unseren Küken sollte dieses Schicksal erspart bleiben, wir wollten uns ganz besonders gut um Pat und Patachon – so nannten wir sie – kümmern. Mein Bruder hämmerte bereits im Hof an einem Parcours, inklusive Rutsche und Wasserbad. Über die Jahre hatten sich seine handwerklichen Fähigkeiten enorm gesteigert.
    Das Problem waren Pappous’ Katzen. Angesichts der Küken im Hof bekamen sie hässliche Gieraugen. Sie hockten lauernd auf der Mauer, wir hassten sie plötzlich und überredeten Pappous, die Biester nicht mehr zu füttern. Doch das ließ sie nur noch gieriger nach unten spähen. Permanent mussten mein Bruder und ich Wache schieben, um Pat und Patachon vor dem Schlimmsten zu bewahren.
    Pappous und mein Bruder schleppten Drahtgitter herbei und versuchten, eine Ecke des Hofes für die Küken abzugrenzen, doch bekamen sie den Verschlag nie richtig dicht, so dass Pat und Patachon immer aus irgendeiner schmalen Lücke entwischten und sorglos piepsend über den Hof flitzten, und nicht nur einmal mussten wir sie im letzten Moment vor Katzenzugriffen retten.
    Das zweite Problem war die blinde, schwerfällige Yiayia, die Angst hatte, sie könne eines der Hühnchen versehentlich mit dem Pantoffel zerquetschen, und tatsächlich gerieten sie ihr ständig zwischen die Füße und brachten sie einmal sogar fast zum Stürzen.
    »Diese Küken machen uns alle noch völlig verrückt«, stöhnte Mama, doch natürlich weigerten wir uns, sie wieder herzugeben. Schließlich durften sie nur noch raus, wenn mein Bruder und ich im Hof waren, ansonsten hausten sie im Badezimmer.
    Anna konnte meine Begeisterung für Pat und Patachon nicht teilen: »Ach, Küken«, sagte sie nur. »Die hatten wir auch schon oft an Ostern. Jetzt wollen wir keine mehr.«
    »Warum denn nicht?«, fragte ich. »Die sind doch so süß.«
    »Schon, aber nach ein paar Tagen sterben sie. Das ist dann nicht mehr so süß.« Ihr kleiner Bruder Alexis sei nach dem Tod der Küken immer so unglücklich gewesen, dass ihre Familie beschlossen hatte, künftig ohne Osterküken auszukommen.
    Tatsächlich rannte Pat eines Tages nicht mehr so eifrig durch den Hof wie sein Bruder, am nächsten Tag döste er viel in der Sonne und interessierte sich nicht für die Körner, die wir ihm zuwarfen. »Ihm fehlt wahrscheinlich die Hennenmutter, die ihn wärmt«, meinte mein Bruder. Darum betteten wir den kleinen Pat an diesem Abend auf eine Wärmflasche. Er war schon ziemlich schwach, und am nächsten Tag wachte er nicht mehr auf. Doch Patachon wurde immer kräftiger, bald würden die Katzen ihm nichts mehr anhaben können.
    Schließlich kam der Karfreitag mit der Prozession, die blumengeschmückten Christusaltäre wurden durch die Straßen getragen, die Popen sangen dazu und ihre Stimmen hallten lautsprecherverstärkt durch die Stadt, in der alle auf den Beinen zu sein schienen.
    Noch imposanter gestaltete sich dann der Abend vor Ostersonntag: Wir besuchten, wie alle, bis Mitternacht die Messe, und im Anschluss daran kam das Allerbeste: ein Feuerwerk. Dazu fielen sich selbst wildfremde Menschen in die Arme und wünschten sich kalo paska , frohe Ostern. Es war ein gigantischer Rummel und kaum zu vergleichen mit den eher stillen Feierlichkeiten in Deutschland, und wenn ich immer noch mit Monika, der alten Schulkameradin, befreundet gewesen wäre – ich hätte ihr einiges zu erzählen gehabt.

    Die Eiersuche am nächsten Tag fiel allerdings aus, in Griechenland werden keine Ostereier versteckt. Für uns war daskeine große Enttäuschung, denn Mama versteckte auch in Deutschland nie Eier, einfach, weil sie den Sinn darin nicht erkennen konnte. »Man kann den Kindern doch die Eier einfach schenken. Warum müssen sie sie denn suchen?!« Bis heute verweigert sie sich dem für sie unsinnigen Suchritual und drückt ihren Enkeln die Osternester einfach in die Hand.
    Außerdem gibt es in Griechenland keine bunten Eier, sondern ausschließlich rote. Zusammen mit Yiayia färbten wir sie und beklebten sie mit Jesusbildchen. Dann packten wir sie ein und fuhren aufs Land, um das traditionelle Osterlamm zu grillen.
    Wir

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