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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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dann konnten sie sich mit dem Rest alle Zeit der Welt lassen.
    Direkt neben Lefteris’ Baracke stand die der Tsouridis, die Trauzeugen von Meri und Giorgos waren. Etwas weiter den Berg hinunter stand das Häuschen ihrer Freundin Athina und deren Mann Nikos. Beide winzig, doch auf stattlichen Betonfundamenten errichtet, die ehrgeizige Baupläne ahnen ließen. Ganz oben am Berg hatten Mama und Onkel Michalis Grundstücke erworben, die kurz davor noch schlichte Äcker gewesen waren, und die die Bauern wie warme Semmeln verkauften. Doch noch gab es dort nicht einmal Strom. Einzig Meri und Giorgos besaßen kein Grundstück und mieteten jedes Jahr ein anderes Ferienhäuschen von ansässigen Provinzbewohnern, denn sie hatten den perfekten Platz noch nicht gefunden – vielleicht war es aber auch Giorgos’ Position in einer großen Firma, die es ihm gebot, die Hände von Schwarzbauten zu lassen. Die Freunde dagegen waren alle freie Unternehmer.
    »Hast du denn gar keine Angst, die Behörden könnten dir eines Tages alles abreißen?«, ließ Papa mich einmal für Onkel Lefteris übersetzen. Denn das war – ein paar Kilometer weiter – durchaus schon vorgekommen.
    »Baaah!«, sagte Lefteris im Brustton der Überzeugung, was so viel heißt wie »ach was«.
    »Baksissyia, Bestechung?«, fragte Papa, der sich mittlerweile mit griechischen Gepflogenheiten gut auskannte.
    »Nein!!! Wo denkst du hin?«, und Lefteris schüttelte sich vor (etwas zu dick aufgetragener?) Empörung. »Ihr Nordländer denkt immer, wir leben hier stin zougla, im Dschungel, und alles ist möglich!«
    »Aber sicher hast du mesa , Beziehungen!«, sagte Papa unbeirrt.
    »Nun, mesa – wer hat schon keine mesa? Ohne mesa kann kein Mensch in diesem Land überleben«, erwiderte Onkel Lefteris, und das stimmt, bedauerlicherweise, auch heute noch: Wer keine Beziehungen hat, kommt in Griechenland schwer zurecht, auch wenn mittlerweile die junge Generation aus Protest dagegen auf die Straße geht, dass die guten Positionen – im Beruf und überall sonst im Leben – immer nur an diejenigen vergeben werden, die über »Vitamin B« verfügen.
    Onkel Lefteris allerdings kannte tatsächlich Gott und die Welt, denn er war Beerdigungsunternehmer. »Gestorben wird immer, so ist das nun mal, und zwar in allen Gesellschaftsschichten«, pflegte er zu sagen.
    Lefteris hatte üppiges schwarzes Haar, das er akkurat nach hinten kämmte, und eine ebenso dröhnende Stimme wie Onkel Giorgos. Um den Bauch trug er einen kleinen Rettungsring, der von einem genießerischen Lebenswandel kündete. Lefteris gab sich – im Gegensatz zu den übrigen, für griechische Verhältnisse eher zurückhaltenden Athener Freunden – ein wenig derb und ungehobelt. Doch das machte ihn umso beliebter. Manchmal gab er seiner Frau Foto, einer zierlichen Rothaarigen mit Kurzhaarschnitt und Schmollmund, sogar einen Klaps auf den Po, zum Spaß.
    Meist kamen alle schon morgens in Lefteris’ Haus zusammen und gingen gemeinsam an den Strand. Dann ging es zurück zum Mittagessen bei Lefteris, und die Abende verbrachten alle ohnehin in seinem Haus. Dabei war seine Sommerresidenz alles andere als behaglich eingerichtet – einfache Klappstühle standen auf nacktem Beton, die Glühbirnen hingen kahl von den Wänden, und auf den Tischen lagen simple Plastiktischdecken mit Obstmustern. Wenigstens im Wohnzimmer hatte Foto versucht, ein wenig griechische Gemütlichkeit zu verbreiten, und die Fenstersimse mit Nippesgeschmückt: mit kleinen Glasfigürchen und kostümierten Püppchen: Spanierinnen, Holländerinnen, Bayerinnen.
    Ta paidia schienen das Provisorium als spaßigen Ausflug zu genießen und gaben sich ihrerseits betont schlicht: Einmal bat Giorgos beispielsweise um Servietten, die waren aber gerade ausgegangen. »Was brauchst du Servietten, Schwager!«, rief Lefteris da nur. »Wir sind doch hier in der exochi! Entspann dich!« In der exochi trugen die Männer ausgeblichene kurze Hosen und offene Hemden, und die Frauen klapperten mit Holzpantinen über den Betonboden. Die waren allerdings aus dem Strandsortiment der eleganten Boutiquen am Kolonaki und mindestens acht Zentimeter hoch – so viel Stil musste sein.
    Unten am Strand lag Onkel Lefteris’ kleines Fischerboot, meist waren Papa und Lefteris, der den Sommer über nie zu arbeiten schien, morgens damit hinausgefahren, wenn wir übrigen den Hügel hinuntergelaufen kamen auf dem Weg, der in der prallen Sonne lag.
    Die Morgensonne hier schien – von

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