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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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Abendsonne vor ihrem Mietshäuschen am Tisch unter Pistazienbäumen und warteten, dass unser Nagellack trocknete – Meris war selbstredend fuchsiafarben, meiner perlmuttweiß. Ich war wieder frustriert, weil Stelios ohne mich abgezogen war, um sich unten mit den anderen an einem Souvlakia -Stand zu treffen.
    Da schien Meri plötzlich eine Idee zu haben: »So, und jetzt rauchen wir eine zusammen«, sagte sie.
    »Aber, Tante Meri: Du rauchst doch gar nicht!«, erwiderte ich.
    »Heute schon. Und dass du heimlich hinter dem Haus geraucht hast, weiß ich auch. Aber das bleibt unser Geheimnis, ich verrate niemandem ein Wort«, sagte Meri. »Also, wo hast du die Zigaretten versteckt?«
    Sie zog viel zu heftig an dem Filter und stieß den Rauch immer gleich in die Luft, ohne ihn zu inhalieren, so dass wirbald in dicke Qualmwolken gehüllt dasaßen. Dabei zwinkerte sie mir verschwörerisch zu. Sie wollte erreichen, dass ich mich anerkannt und erwachsen fühlte. Es war ein ziemlich durchsichtiges Manöver – gerührt war ich trotzdem.
    »Jetzt habe ich auch eine Idee, wie wir dich zu den paidia an den Strand bekommen«, sagte Meri, und es war klar, dass sie nicht die kleinen Kinder am Sandstreifen meinte.
    Es war ganz einfach: Sie sprach mit ihrer koubara , die sprach mit ihrer Tochter Niki, und am nächsten Tag schon sprang ich mit ihr die Felsen entlang zur Felsenbucht. Niki hatte gar nichts dagegen, sich von mir begleiten zu lassen – sie studierte bereits, die Jugendgruppe am Strand war ihr eher unwichtig. »Du wirst sehen, das ist gar nichts Besonderes da hinten«, sagte sie. »Meistens ist es ziemlich langweilig.«
    Für mich nicht – und das lag hauptsächlich an Adonis.
    Adonis war über zwanzig, er trug einen schwarzen Bart und hatte schwarzes, für griechische Verhältnisse langes Haar, und plötzlich fand ich Schwarzhaarige wahnsinnig attraktiv. Ich verlor mein Herz beim ersten geschickten Kompliment: »Was, du bist erst vierzehn – ich hätte dich auf mindestens siebzehn geschätzt!«
    Adonis tauchte für mich nach Muscheln, er cremte mir den Rücken ein. Er nannte mich neraida , Nixe, und summte griechische Lieder, in denen mein Name oder das Wort Seejungfrau vorkam. Kurz: Er machte mir zum Zeitvertreib ein wenig den Hof. Es war nur ein unverfänglicher kleiner Flirt, ich aber fühlte mich, als wäre ich im Olymp der Erwachsenen angekommen. Allein schon, dass jemand wie Adonis, Bartträger, mir von seinen Zigaretten abgab, mir Cola von der Strandbar mitbrachte und sich mit mir über Filme und Platten unterhielt, war geradezu unerhört und reichte schon aus, mich in Hochstimmung zu versetzen. Ich konnte ihm stundenlang zuhören. Selbst wenn er nicht vor sich hinsummte, sondernsprach, klang seine Stimme wie Gesang. Fand ich zumindest. Mein Sommer war gerettet. In der Zeit, in der Adonis und ich uns nicht unterhielten, träumte ich versonnen vor mich hin und malte mir aus, wie ich Anna und den Freundinnen in Deutschland meine Bekanntschaft mit einem Studenten schilderte – auch wenn ich nicht richtig kapierte, was Adonis studierte. Irgendwas mit Technik und Ekonomia .
    Stelios saß nur ein paar Meter weiter mit den Jüngeren der Gruppe zusammen. Die gingen alle noch zur Schule. Wir ignorierten einander die ganze Zeit über und sprachen am Felsstrand kein Wort miteinander. Doch nun nahm er mich ganz selbstverständlich mit, wenn alle sich abends vor dem souvlatzidiko trafen.
    Einmal verabredeten wir uns früh morgens zur Oktopusjagd, außer mir und Adonis waren noch Niki und zwei weitere Studenten dabei. Niki harpunierte zwei Tiere, Adonis eines. Die anderen erwischten ein paar ordentliche Fische. Nur ich konnte die Beute wieder einmal nicht rechtzeitig auf dem Meeresgrund ausmachen (ein paar Monate später diagnostizierte der Augenarzt bei mir Kurzsichtigkeit), dafür punktete ich beim Oktopusschleudern, und die andern waren ganz baff, weil ich die Meerestiere so effizient erledigte. Aber darin hatte ich ja bereits Routine.
    Zum Frappétrinken nach Varkissa durfte ich nie mit, auch nicht in die Disko, denn dazu hätte ich auf einem Moped mitfahren müssen – Papa war strikt dagegen. Damit konnte ich leben. Meine Laune war vom absoluten Tiefpunkt auf Spitzenwerte hinaufgeschnellt, ich war derart gut drauf, dass ich mich sogar wieder mit den Jüngeren abgab. Wir spielten Ball und manchmal jagten wir die Kaninchen, die die Familie Tsouridis in ihrem Garten hielt.
    An den Wochenenden kam eine besonders große

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