Ich und andere uncoole Dinge in New York
inzwischen mein Verehrer Louis bei Scirox sowieso die obligatorische fake ID produziert hat. Computernerd-Verehrer zu haben, hat auch Vorteile. Einer von Bens Kollegen versucht, sich mit mir zu unterhalten. Aber sobald er aufhört, mir Fragen zu stellen, die ich gehorsam beantworte, verebbt das Gespräch. Zu spät fällt mir ein, dass ich ja auch eine Gegenfrage stellen könnte. Ich bin irgendwie noch nicht der gechillte Social-Butterfly, der ich gern wäre. Deshalb halte ich nach den Stars Ausschau, die meine Mutter mir versprochen hat, und trinke weiter. Der Cranberry Juice ist sehr lecker und übertüncht den fiesen Alkoholgeschmack perfekt. Das Problem ist, dass viele Leute wie Stars aussehen und ich nie entscheiden kann, ob sie echte oder Pseudo-Stars sind. Rachel unterhält sich die ganze Zeit blendend mit mehreren Jungs gleichzeitig und scheint unheimlich lustig zu sein. Keine Ahnung, was für ein Zeug ihr immer einfällt. Also trinke ich meinen zweiten Cosmo und versuche, wenigstens gut gelaunt auszusehen, was erstaunlich anstrengend ist, wenn man sich langweilt. Aber dann kommt endlich Peter. Er hat glänzende Augen und sieht wie immer schrecklich gut aus. Er trägt seine Lederjacke und ausgewaschene Jeans und ist wirklich genau mein Typ. Dann lächelt er mich auch noch total lieb an und mir wird noch schummriger, als mir von Sekt und Cosmos sowieso schon ist. Alles kribbelt und ich muss aufpassen, dass ich nicht dümmlich-glücklich grinse, sondern cool-verwegen.
„Hello, German Girl. Abgefahrene Ausstellung“, sagt er, als er mich umarmt und einen flüchtigen Kuss auf meine Wange drückt. Ein Wunder, dass ich dabei nicht in Ohnmacht falle. Er riecht frisch geduscht. Er sieht sich suchend um und sein Blick bleibt an Rachel kleben. Ich könnte kotzen. Das Top steht ihr total gut. Ich hätte ihr das lieber nicht schenken sollen. Immerhin ignoriert sie ihn und gackert die ganze Zeit mit dem großen indischen Freund von Ben. Da kann er ja sehen, was für ein Flittchen sie ist. Doch leider habe ich mich zu früh gefreut. Als sie Peter sieht, kommt sie sofort zu uns gelaufen. Ich nibbele an einem Lachshäppchen und mache gute Miene zum bösen Spiel. Wir stehen noch eine Weile rum und dann entwickelt sich der Abend leider genauso, wie ich nicht wollte, dass er sich entwickelt. Wir fahren zu dritt in einen dieser unglaublich angesagten Clubs, denn davon gibt es ja Unmengen hier, und nach einer Weile trinke ich Manhattans statt Cosmos, weil Rachel meint, die wären viel besser. In den Cosmos war wohl Vodka drin, in den Manhattans ist Whiskey. Die Bar verschwimmt, ich drängele mich durch Menschenmassen auf die Tanzfläche, lasse mich treiben und der Bass läuft durch meinen Körper wie eine elektrische Welle. Irgendwann sehe ich wieder klarer eine unappetitliche Toilettenschüssel im Schwarzlicht vor mir und mir ist so wahnsinnig schlecht. Irgendjemand hält mich am Arm und ich muss mich übergeben. Dann zieht mich eine kichernde Rachel, ebenfalls wankend und mit rot unterlaufenen Augen nach draußen. Dann flimmern noch Bilder von New York an mir vorbei, Menschen und Lichter, aber nichts ist mehr so richtig wirklich.
Dann wache ich auf und schon beim Aufwachen ärgere ich mich schwarz. Das war also mein Treffen mit Peter. Eigentlich war es Rachels Treffen mit Peter. Und das Schlimmste ist, ich kann mich eigentlich kaum noch d aran erinnern.
Als ich am Montag mit einem dicken Schal bei Scirox sitze, fasse ich neue Vorsätze: 1. Nicht mehr von Rachel abfüllen lassen. 2. Nicht mehr von Rachel die Show stehlen lassen. 3. Ein paar Tage abwarten und mich dann ganz entkrampft bei Peter melden. Donnerstag früh scheint mir der ideale Zeitpunkt dafür zu sein. Früh genug, dass Peter noch keine anderen Pläne fürs Wochenende hat, spät genug nach dem letzten Wochenende. Ich hoffe nur, dass bei Peter und Rachel nichts Entscheidendes passiert ist. Ich habe so einige vage, beunruhigende Erinnerungen. Außerdem hat er bis dahin genug Zeit, sich selbst zu melden. Gut, es war vielleicht nicht sonderlich sexy, sich den halben Abend zu übergeben, aber ich habe sonst nichts Peinliches gemacht. Glaube ich. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Peter nicht weniger getrunken, nur hat er die ganze Zeit viel nüchterner gewirkt. Er steckt das einfach besser weg. Immerhin bringt Rachel mir gönnerhaft diese ganze Doku-Geschichte näher. Langsam verstehe ich, worauf es ankommt. Das Beste ist, dass man für das, was ich da mache,
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