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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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Er tat’s im Gottesdienst an eben dieser Stelle, und die Gemeinde seufzte erschüttert auf.
    Manfred weinte nicht. Seine Predigt enthielt sogar einige humoristische Spritzer, so daß die Gemeinde hätte lachen können, wenn sie das je in der Kirche getan hätte, und wie alle seine Predigten so endete auch diese früher, als irgend jemand zu hoffen gewagt. Um mich herum nickte man anerkennend.
    »Hoffentlich predigt er immer so kurz!« flüsterte die Dame neben mir ihrer Nachbarin zu.
    Manfred verließ die Kanzel und trat vor den Altar. Dort stand bereits der Herr Dekan. Er forderte Manfred auf, sich nun der Gemeinde mit einem kurzen Wort vorzustellen. Das kurze Wort bestand zum großen Teil aus seinem Lebenslauf. Ich kannte ihn schon und konnte deshalb die umsitzenden Gemeindeglieder beobachten.
    Daß er in einem frommen Elternhaus aufgewachsen, das Seminar in Urach besucht, dort das Abitur gemacht und schließlich im Evangelischen Stift in Tübingen Theologie studiert habe, das nahmen sie alle wohlwollend hin, waren es doch gute Voraussetzungen für einen rechten schwäbischen Pfarrer.
    »Aha, ein Stiftler!« flüsterte der Herr links von mir seiner Nachbarin zu, »viele berühmte Schwaben haben das Stift durchlaufen. Mörike, Uhland und alle möglichen...«
    »Noi, des het i jetzt net denkt«, zischte die Dame zurück.
    «...In Göttingen im vierten Semester lernte ich meine spätere Frau kennen...« Ich horchte auf und schaute mich um, was die Leute wohl dazu sagen würden, aber niemand nahm besondere Notiz von dieser für mich so überaus wichtigen Mitteilung.
    »...Ich war Vikar in Schöntal und Ellwangen und schließlich Repetent am Seminar in Urach. Nach dem zweiten Examen heirateten wir und zogen in unsere erste Pfarrstelle nach Weiden. Dort wurden auch unsere beiden Söhne geboren, Andreas und Mathias.«

    Im Altarraum entstand Bewegung. Kirchengemeinderäte und Pfarrer erhoben sich und nahmen rechts und links vom Altar Aufstellung. Der Herr Dekan wedelte mit der Agende und blickte dabei auffordernd in die Gemeinde, dann nahm er noch eine Hand zur Hilfe und machte eine gewaltige Aufwärtsbewegung. Da endlich verstand man den zarten Wink und erhob sich.
    Nun richtete er Worte an die Kirchengemeinderäte, worauf sie mit »Ja« antworteten, dann an die Pfarrer, und sie antworteten und sprachen »Ja« und schließlich an Manfred, der wie erwartet auch »Ja« sagte, aber sein »Ja« klang besonders fest und sicher. Daraufhin reckte sich der Dekan in die Höhe, denn er war etwas kleiner als Manfred und legte ihm die Hand segnend aufs Haupt. Dies ging mir nun doch sehr nah, denn ich war schließlich seine Frau, und mein Herz floß über vor Rührung und meine Augen vor Tränen. Wir durften uns wieder setzen und in der allgemeinen Unruhe, im Schneuzen, Husten und Füßescharren gelang es mir, mich einigermaßen zu fassen. Pfarrer und Kirchengemeinderäte richteten nun ihrerseits Worte von verschiedener Güte und Länge an Manfred und die Gemeinde, und als sie alle zu Wort gekommen, reichten sie ihm die Hände, schauten ihm stumm und ernst ins Auge und begaben sich wieder auf ihre Plätze. Nun fehlte nur noch die Taufe. Sie aber bereitete mir keine Sorge, denn taufen konnte Manfred, er hatte es schon viele Male fehlerlos und väterlich getan. Sogar unsere Weidener überkam Rührung, wenn sie ihn taufen sahen. »Wie er des Kendle tauft on no wieder trocke reibt, des isch oifach schö, des ko er.«
    Beim Frühstück, als ich darüber klagte, daß diese Taufe den Investiturgottesdienst unnötig verlängern würde und daß man sie hätte auf einen anderen Sonntag verschieben können, da hatte mein lieber Mann sein mild-belehrendes Lächeln aufgesetzt und gesagt, nein, er fände es trefflich und wohlüberlegt, daß der neue Pfarrer ein neues Glied in die Gemeinde aufnehmen und somit gleich eine Amtshandlung vollziehen würde. Gut, wenn sie sich etwas dabei gedacht hatten, wollte ich nicht dagegen anmeckern. Wenn die Kirchgänger so viele Amtshandlungen hintereinander ertragen konnten, mir machte es keine Schwierigkeiten, Kirchenluft war ich gewohnt schon seit frühesten Kindertagen.
    Wir sangen das Tauflied, derweil Mesner Lasewatsch die Taufgesellschaft durch den Mittelgang nach vorne führte. Vom Täufling sah man nichts als ein Kissen und einen rosenbestickten Schleier. Man hörte auch nichts von ihm, was ich besonders beglückend fand. Wie oft schon hatten Säuglinge durch ihr gellendes Geschrei die feierliche

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