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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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putzte er im Notfall die Badewanne und wischte die Küche auf. Am liebsten aber gab er mir vergnügliche Sondervorstellungen, um mich zu erheitern und abzulenken.
    »Also, Mulchen, jetzt mach i dir vor, was mir heut glernt habet bei der Tante Herta, paß auf!« Er erhob sich und sprach im Singsang seiner Kindertante, begleitet von sprechenden Bewegungen der Hände:

    »Zachäus war ein kleiner Mann...«
    er zeigte mit den Fingern, wie winzig klein,
    »ein kleiner Mann war er.
    Er stieg auf einen hohen Baum,«
    Mathias Hände kletterten in die Höhe,
    »denn der Heiland kam daher!«

    Mit wiegenden Hüften wanderte er durch das Zimmer. »Willsch du’s weiter höre, ‘s hat no viele Strophe? Oder bisch du scho vergnügt?«
    »Sehr vergnügt. Aber lachen darf ich nicht, das tut nämlich weh!«
    So schleppten wir uns über die Hürden. Aber wir vier standen nicht allein im Kampf gegen die Hex.
    Da kam Frau Prälat mit einer großen Schüssel.
    »Bei uns gibt es heute Maultaschen. Ich habe die doppelte Menge gemacht, damit sie nicht zu kochen brauchen. Buben, deckt den Tisch, sonst werden sie kalt! Das heißt, einer muß mit nach unten kommen und den Kartoffelsalat holen!«
    »Geh du, Andreas!« riefMathias und zog den Kopf ein, »i deck derweilscht de Tisch!«
    Andreas trottete gehorsam hinter Frau Prälat die Treppe hinunter.
    »Mensch, des wär mir aber grauslich«, Mathias schüttelte sich vor Entsetzen, »da tätet mir die Finger zittere, da könnt i den Kartoffelsalat gar net trage!«
    Andreas kehrte zurück, die Schüssel mit Kartoffelsalat in den Händen, ein Stück Schokolade im Mund. Mathias betrachtete ihn ärgerlich.
    »Für mich hasch natürlich nix kriegt?«
    »Doch, in dr Hosetasch isch’s, aber i denk, du graulsch di!«
    »Gib her, Schoklad isch Schoklad!«
    Klara Tröster, die Frau eines Religionslehrers kam dazu, wie ich unten den Hausflur aufwischte, denn wir hatten Kehrwoche. Ich wischte mit Unterbrechungen, lehnte mich immer wieder an die Wand, um den schmerzenden Rücken zu entlasten, oder setzte mich auf die Treppe, bis ich wieder Kraft zu einem neuen Anlauf hatte.
    Klara Tröster war eine tüchtige Frau. Sie hatte die prachtvollsten Blumenkästen auf dem Balkon und die sauberste Wohnung im Haus. Ich fürchtete mich ein wenig vor ihrer schwäbischen Tüchtigkeit, und als ich sie kommen sah, fuhr es mir in die Glieder. Sie griff nach Eimer und Schrubber und nahm das Wischtuch aus meiner Hand. »Gehet Se nauf, Frau Müller! I mach des scho!«
    Am nächsten Morgen erschien sie bei uns an der Wohnungstür, ein Kopftuch um die Haare geschlungen, sämtliche Putzutensilien in den Händen.
    »Nein, nicht doch, Frau Tröster, heut geht mir’s ganz gut.«
    »Wo fanget mer a?«
    »Bitte, Frau Tröster, Sie haben doch selber so viel um die Ohren...«
    Sie hatte wirklich viel zu tun, einen kranken Vater, einen quirligen, kleinen Jungen, aber sie ließ sich nicht aufhalten.
    »Jetzt send Se froh, daß i da bin. Wenn’s Ehne wieder besser geht, no kennet Se eiles alloi mache. Mr muß au ebbes anehme könne, Frau Müller!«
    Ich wischte Staub. Sie hantierte mit Besen, Schrubber und Staubsauger, geschickt und schnell.
    Als die Buben nach Hause kamen, fanden sie eine saubere Wohnung vor und eine glückliche Mutter. So kam sie jede Woche, monatelang, brachte meine Wohnung auf Hochglanz und war dabei so vergnügt und heiter, als wäre dies das Selbstverständlichste von der Welt.
    Mit im Kampf stand auch unsere Hausärztin. »Nur nicht den Mut verlieren! Es wird besser! Wir schaffen das schon!« So tröstete sie bei der täglichen Spritze. Sie kam im Notfall bei Tag und Nacht, und weil es sie gab, schöpften wir immer wieder neue Hoffnung und gaben nicht auf. Dann fuhr sie in den langverdienten Urlaub, mahnte zur Vorsicht und Geduld, gab uns Rezepte und Arztadressen für den Notfall.
    Sie ging, und die Hex übernahm das Regiment im Haus. Sie ließ mich keine Nacht mehr schlafen, fiel mit so unerträglichen Schmerzen über mich her, daß keine Tabletten und keine Spritzen, daß nichts mehr helfen wollte. Manfred neben mir schlief. Vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter, schob ich mich aus dem Bett, blieb ein Weilchen auf dem Boden liegen, kroch auf allen Vieren zur Tür, zog mich an der Klinke hoch, glitt hinaus und tastete mich an der Wand entlang durch den Gang bis ins Wohnzimmer. Dort ließ ich mich auf dem Teppich nieder und versuchte, irgendeine Übung zu machen, die Frau Doktor mir gezeigt, aber nichts ging

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