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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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do glotsch?« sagte er auf gut Schwäbisch, denn das beherrschte er auch, »aber wir müssen das Publikum einfach besser kennenlernen und ihn«, er schlenkerte seine Hand lässig in Manfreds Richtung, »ihn will ich auch mal predigen hören, der Mann ist in Ordnung!«
    Dann drückten wir uns alle in die letzte Kirchenbank, und ich kam mir vor wie Bonifatius oder sonst irgendein erfolgreicher Missionar.
    »Lieber Gott, mach doch, daß er eine tolle Predigt hält und daß er das richtige Wort für sie findet!« so betete ich in meines Herzens Grund, und mein Gebet fand Erhörung.
    Schon nach dem »Amen«, als die Gemeinde noch in stiller Andacht verharrte, taten sie ihre Begeisterung kund. »Klasse!« flüsterte Ferdi, »einfach gekonnt!«
    »Und wie er mit den Händen redet!« seufzte Lore, »hinreißend!«

    Wir bereiteten der Nikodemusgemeinde noch viele Theatererlebnisse, geglückte und mißlungene, vergnügte und besinnliche. Wechselbäder aber gab es keine mehr. Wir studierten die Programme schon lange vorher und halfen mit bei der Gestaltung; »denn«, so sagte Ferdi, der sensible, »es muß alles zusammenpassen, sonst ist es kein wahres Kunstwerk!«

Die Hex

    An unserer Wohnungstür hing das Schild »Kehrwoche«. Dies geschah nicht oft in einem Haus mit so vielen Mitbewohnern, doch wenn diese lästige Einrichtung über uns hereinbrach, dann brachte sie nichts als Arbeit und Verdruß, besonders im Winter.
    »Ist es denn zu fassen! Muß es jetzt gerade schneien, wo wir Kehrwoche haben?«
    Schneien bedeutete Schneeschippen über die ganze Breite des Gehsteiges, denn unsere fleißigen schwäbischen Nachbarn ließen die Passanten nicht nur im Gänsemarsch auf schmalem Pfad an den Häusern vorbeidefilieren, nein, sie schaufelten soviel frei, daß ganze Menschenmassen trockenen Fußes auf unserem Gehsteig laufen konnten. Der Schnee flog an den Straßenrand, wo er als Wall schützend vor den spritzenden Autos stand und diesen die Möglichkeit zum Parken nahm.
    Das Schneeschippen war Manfreds Arbeit.
    O, wie beweglich führte er Klage über diese lästige Pflicht und wie schlampig pflegte er sie auszuführen!
    »Was werden die Leute sagen, Manfred? Du kannst doch nicht bloß einmal mit der Schneeschippe rüberfahren! Rechts und links ist der ganze Bürgersteig frei und bei uns nur so ein schmales Wegchen. Ehrlich Manfred, du mußt das noch n’ bißchen schöner machen!«
    »Ich denk’ nicht dran! Ein Mensch kann bequem auf meinem Weg gehen!«
    »Und wenn einer entgegenkommt, was ist dann? Dann drängen sie sich aneinander vorbei und fallen in den Schnee und brechen sich die Beine...«
    »Ach, erzähl doch keine Schauergeschichten! Ich bin nicht so blöd wie die anderen und schaufel den Schnee auf die Autos und verenge die Fahrbahn!«
    »Denkst du auch an Mutter und Kind? Wo soll das Kind laufen? Im Schnee?«
    »Und wenn du dich auf den Kopf stellst, ich gehe jetzt nicht mehr runter! Ich habe noch anderes zu tun als Straße zu kehren!«
    So sprach er und verschwand vom Balkon, wo ich ihn hingezerrt hatte, damit er von oben seine schlechte Arbeit betrachte.
    »Gut, dann geh ich!«
    »Tu, was du nicht lassen kannst!«
    Er verschwand in seinem Zimmer. Ich nahm mir nicht einmal Zeit, einen Mantel anzuziehen. Wenn ich mir den Tod holte, dann würde dies eine gute Lehre für ihn sein, außerdem war es mir vor lauter Zorn sehr warm.
    Die Schaufel allein wog schon schwer, aber erst der Schnee! Ich biß die Zähne zusammen, schob und schaufelte, bis es mir ins Kreuz schoß. Entsetzt klammerte ich mich an den Schaufelstiel. Ich kam nicht hoch, ich konnte mich nicht bewegen und sah mich schon, zur Eissäule erstarrt, bis zum Tauwetter auf der Straße stehen. Da kam Frau Prälat des Wegs.
    »Was ist, Frau Müller? Was stehen Sie hier in der Kälte?«
    »Mein Rücken! Ich kann nicht mehr gehen...«
    »Das ist nur ein Hexenschuß, das geht vorbei! Wie kann man auch bei der Kälte ins Freie gehen ohne Mantel!« Sie schüttelte den Kopf und faßte mich am Arm. »Stützen Sie sich auf mich! Vorsichtig! Ganz langsam!«
    Ich stöhnte. So krochen wir voran, Schrittchen für Schrittchen durch die Hofeinfahrt bis zum Hauseingang. Dann zog ich mich am Geländer hoch, all die vielen Stufen, der Schweiß lief mir übers Gesicht. Frau Prälat eilte leichtfüßig voraus und klingelte Sturm an unserer Wohnungstür.
    »Ihre Frau...«, hörte ich sie sagen, schon sauste Manfred die Treppen herunter.
    »Leg die Arme um meinen Hals! Halt dich

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