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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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Fernseher!«
    »Und wenn mir jetzt net machet«, drängte Mathias, »dann fängt’s ohne uns an!«
    Sie stürmten davon und preschten an ihrem Vater vorbei, der die Treppe heraufkam und sie aufzuhalten suchte. »Wo wollt ihr hin?«
    »Fort!«
    Dann schlug die Haustür hinter ihnen zu.
    »Manfred, wir müssen einen Fernseher kaufen.«
    »So ein Ding kommt mir nicht ins Haus!«
    »Gut, dann werden unsere Söhne bald nur noch zum Schlafen und Essen kommen.«
    »Sie sollen gefälligst lesen und spielen, das ist besser für ihre Entwicklung.«
    »Alle Kinder haben einen Fernseher zu Hause, nur unsere nicht. Du, sie sind richtig sauer auf uns!«
    »Malchen, ich hab doch gesehen, wie ganze Familien vor dem Fernseher hocken und kein Wort miteinander sprechen. Das Familienleben verödet.«
    »Es verödet auch ohne Fernseher, weil unsere beiden nämlich dauernd unterwegs sind, um bei anderen zu gucken. Schau, Manfred, wenn wir einen Fernseher hätten, dann könnten wir aussuchen, was sie sehen dürfen, und hinterher könnten wir drüber sprechen.«
    Das Telefon klingelte. Er nahm beglückt die Gelegenheit wahr, mir zu entfliehen.
    Ich machte Kaffee und holte beim Bäcker Flachswickel und Apfelkuchen, denn, so sagte ich mir, ein gut gefülltes Kaffeetablett schafft eine bessere Verhandlungsbasis.
    Manfred war denn auch recht gerührt, fand, daß ich meine guten Seiten hätte, und ich versicherte ihm, daß es bei ihm auch so wäre, man müsse nur genauer hinschauen, und so sprachen wir über dies und das, bloß nicht über das heikle Thema.
    Ich schwärmte von seiner letzten Predigt, die mich sehr angesprochen habe, hob hervor, wie wichtig ich es fände, daß ein Pfarrer wisse, was seine Gemeinde beschäftigt, damit er in seiner Predigt auch ihre Probleme aufgreifen könne, und wie gut er, Manfred, das doch fertigbringe.
    »Ja«, bestätigte er, »das ist mir freilich wichtig, aber manchmal fällt es mir doch schwer.«
    »Du machst es trotzdem großartig. Ich könnte mir allerdings vorstellen«, dies sagte ich so ganz nebenbei während ich Kaffee eingoß, »es wäre eine Hilfe für dich, wenn du zum Beispiel am Samstagabend das Fernsehprogramm sehen würdest. Natürlich wär das für dich ein großes Opfer, aber ein Pfarrer sollte keine Mühe scheuen, um seine Hand am Puls der Gemeinde zu halten. Viele Leute stehen am Sonntagmorgen noch ganz unter dem Eindruck des Fernsehkrimis.«
    »Ich kann ihnen auch nicht sagen, wer der Täter ist!«
    »Manfred, jetzt stell dich nicht dümmer als du bist! Natürlich sollst du ihnen nicht den Täter sagen, aber du weißt in welcher Stimmung sie sind. Himmel noch mal, sei doch nicht so stur!«
    »O Malchen!« Er lachte. »Wenn du einen bestimmten Zweck verfolgst, dann schreckst du vor nichts zurück.« Wir redeten hin, wir redeten her, und eine Woche später kam der Fernseher.
    »Aber daß ihr ja nicht dauernd davorhockt!« knurrte Manfred, »das darf auf keinen Fall einreißen. Nur ausgewählte Sendungen werden angeschaut!«
    »Natürlich, Manfred!«
    »Klar, Vati, was denksch denn du?«
    Und dann saßen wir vom Beginn des Nachmittagsprogramms bis zum Abend und nach dem Essen wieder, und wann immer er Zeit hatte, setzte sich auch der Hausherr dazu. Wie die hypnotisierten Kaninchen hockten wir da, überwältigt von der Fülle der Bilder.
    »Die Augsburger Puppenkiste«, »Fanfan, der Husar«, »Flipper« und »Lassy« spukten durch unsere Gedanken und Gespräche.
    Adenauer starb, und sein Tod erfüllte uns mit tiefer Trauer. »Der Drache aus dem Märchenland« flog davon, »Ferdinand Fuchs« flugs hinterher. Beethoven und Bach wurden gesendet, Trauerzüge und auf Halbmast flatternde Fahnen.
    »Des isch ja furchtbar!« schimpfte Mathias, »nichts als Opus! Mir tun scho d’ Ohre weh! Komm Andreas, dann müsset mir halt schpiele!«
    Andreas seufzte abgrundtief. »Schpiele mir halt!« Sie verschwanden im Kinderzimmer.
    Kurze Zeit danach klebte ein Plakat an der Kinderzimmertür:

    »NICHT STÖHREN! OPERATSCHON!!!«

    Ich las es und eilte zu Manfred. »Komm mit, lies es!«
    Nur widerstrebend erhob er sich vom Schreibtischstuhl. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Er las und lachte.
    »Himmel, die Orthographie! Du solltest mit Andreas Diktate üben!«
    »Darum geht es doch nicht! Mensch, Manfred, sie spielen Doktor! Denk an die Erziehungsbücher! Das Kapitel über die Doktorspiele.«
    »Laß sie doch spielen!«
    »Nein, die Zeit ist gekommen, wir müssen sie aufklären! Und du bist der

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