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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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von Westen für mich.
    »Dacht’ ich’s nicht schon im Zug, daß Sie mit Humor begabt sind!« Der Zeitgenosse zwinkerte mir zu und wandte sich dann an Dr. von Westen, »du mußt wissen, wir hatten ein angeregtes Gespräch, und sie hat mich auf die Schippe genommen...«
    »Was? Dich?« Dr. von Westen schüttelte ungläubig das Haupt, »das kann ich gar nicht glauben .«
    »Ich hab’s ja nur versucht«, rief ich, »und jetzt wird es höchste Zeit für mich...«
    »Aber für ein Sprüchlein wird es doch noch reichen«, der Zeitgenosse verstellte mir die Tür, »haben Sie nichts Passendes von Wilhelm Busch auf Lager?«
    »Doch«, sprach ich, »ich habe«:

    »Stets findet Überraschung statt,
    Da wo man’s nicht erwartet hat.
    Doch daß dieselbe überall
    Grad angenehm ist nicht der Fall...«

    »Trefflich!« rief er und klatschte Beifall, »sehr passend!«
    »Zwei Zeilen fehlen!« klagte der Professor, »man sollte Busch-Gedichte nicht aus dem Zusammenhang reißen!«
    »Es besteht aber ein Zusammenhang«, der Zeitgenosse gab die Tür frei, »nur ist er nicht für jeden ersichtlich. Stimmt’s, gnädige Frau?«
    »Stimmt!« Ein Kopfnicken, ein Lächeln, dann stand ich draußen, ging den Gang entlang, sah meinen Lippenstift liegen, hob ihn auf und schlenderte am Pförtner vorbei durch die Straßen dem Bahnhof zu.
    Ich hatte keinen Sieg errungen, aber auch keine Niederlage erlitten. Ich fühlte mich nicht glücklich, aber auch nicht unglücklich. Müde war ich und schrecklich hungrig.
    Die Zeit reichte nicht mehr, um ein belegtes Brötchen am Bahnhofskiosk zu kaufen. Ich hinkte gelassen zum Bahnsteig, war so verwirrt, erschöpft oder gedankenvoll, daß ich vergaß, das Zugschild zu überprüfen, einen Schaffner zu fragen und die Abfahrtstafel zu studieren, ich stieg in den Zug und dachte, es wird sicher ein Würstchenverkäufer kommen oder wenigstens einer mit Keksen.
    Wer kam, waren Reisende mit gewaltigen Vesperpaketen. Als die drei Damen mir gegenüber Schinkenbrötchen, Kuchen und Bananen ausgepackt hatten und zu futtern begannen, entfloh ich ins nächste Abteil. Dort saßen zeitungslesende Herren. Sie lasen, bis der Zug anfuhr, dann legten sie wie auf Kommando die Zeitungen nieder, holten ihre Taschen vom Gepäcknetz herunter und zogen heraus, was ihre fürsorglichen Gattinnen als Wegzehrung für sie gerichtet.
    Mir lief das Wasser im Mund zusammen, und also wagte ich nicht, ihn aufzutun und zu fragen, ob dies der richtige Zug sei, es war mir auch ziemlich egal. In der Manteltasche fand ich eine Rolle Pfefferminz, die lutschte ich hintereinander weg, bis mir schlecht wurde. So fiel ich auf dem Bahnsteig in Manfreds Arme.
    »Himmel, Malchen, du bist ja ganz grün um die Nasenspitze! Jetzt gehen wir essen, und dann wird’s dir wieder gut.«
    Tatsächlich, nachdem die Pfefferminze nicht mehr allein im Magen wüteten und ich alles erzählt hatte, was mir widerfahren, da wurde es mir so wohl, daß ich sogar meinen gesunden Zweckpessimismus vergaß und mich zu den Worten hinreißen ließ:
    »Es könnte vielleicht... unter Umständen... wenn mich nicht alles täuscht, also dann könnte es klappen!«
    »Ich habe nie daran gezweifelt!« sagte Manfred.

    »Was vom Fernsehe da?« so fragten meine Söhne eine Zeitlang, wenn sie von der Schule nach Hause stürmten, dann stellten sie nach einem Blick auf mich nur noch kurz fest: »Nix?!« Schließlich kehrten sie zu der altvertrauten Frage zurück: »Was gibt’s zum Esse?«
    Die Wochen vergingen, die Monate. Wir sprachen nicht mehr davon, vermieden sorgsam das peinliche Thema wie eine Entgleisung, die man zu vergessen sucht.
    Als ich aber die Lektüre für den Sommerurlaub zusammensuchte, legte ich ganz nebenbei ein Wilhelm-Busch-Gedichtbändchen dazu, versah es mit einem Schutzumschlag, um Sonnenölflecken und anzügliche Fragen der Familie zu vermeiden, und zog es erst am Strand von Bibione wieder hervor.
    War das Baderitual beendet, die täglichen Gehübungen absolviert, dann verschwanden die drei Männer, um Muscheln zu suchen und Burgen zu bauen. Ich aber kramte mein Bändchen hervor, ließ mir die Sonne auf den Pelz brennen und lernte oder wiederholte die Gedichte von »Schein und Sein«.
    »Komm, Mulchen, renne!« Andreas und Mathias, braungebrannt und unerbittlich, standen vor mir im Sand. Ich erhob mich seufzend, versteckte das Büchlein in der Badetasche und ging mit den beiden, um dem unsinnigen Bemühen zu frönen, das Laufen zu lernen. So rannte ich denn, an

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