Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Vielleicht solltet ihr euch schnell nach einem anderen Buch umsehen. Einer Bedienungsanleitung für Kühlschränke zum Beispiel. Die wäre jedenfalls herzerwärmender als das hier.
Denn am ehesten war ich enttäuscht und verärgert. Ich warf Rachel vor, dass sie beschlossen hatte zu sterben. Wie blöd klingt das jetzt? Es besteht berechtigter Zweifel, ob ich überhaupt ein menschliches Wesen bin. Wie auch immer, ich war tatsächlich sauer, dass sie einfach sterben würde. Und ich war vielleicht sogar noch saurer darüber, dass ich mich in Rachel – der Film dazu hatte verleiten lassen, so zu tun, als würde ich das nicht glauben. Ich hatte in die Kamera geguckt und gesagt: »Ich weiß , dass du wieder gesund werden kannst« und »Ich glaube an dich.«Man konnte sogar in meinen saublöden Augen lesen, dass ich den Spruch nicht glaubte. Diesen Blick konnte man unmöglich rausschneiden oder so bearbeiten, dass er irgendwie anders rüberkam. Und natürlich bin ich ein kolossales Arschloch, aber es war nun mal auch Rachel, die mich in diese blöde Lage gebracht hatte, indem sie ihr Leben aufgegeben hatte und alle anderen so tun mussten, als wäre dies nicht der Fall.
Vielleicht spürte Rachel, dass ich an den Film dachte, weil sie wieder damit anfing.
»Es war wirklich nett von euch, diesen Film zu drehen.«
»Na ja, er war ein Reinfall, aber wir mussten ihn machen. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass er nicht besser geworden ist.«
»Ihr hättet ihn doch nicht machen müssen!«
Rachel schaute mich aus irgendwie fassungslosen großen Augen an.
»Doch, mussten wir.«
»Gar nicht.«
»Du bist buchstäblich unser einziger Fan. Wir mussten was für dich machen.«
»Na ja, es gibt da übrigens wirklich etwas, worum ich dich bitten möchte.«
Das kam so unerwartet, dass ich sogar einen Witz machen konnte.
»Aber wir haben doch schon einen Film für dich gedreht! Nehmen deine Forderungen denn kein Ende, du TYRANNENWEIB ?«
Das verursachte ein bisschen schwaches Prusten und Kichern. Dann sah es so aus, als müsse sie sich erst wieder sammeln, bevor sie weitersprechen konnte.
»Ich hab mir dieses Buch mit den Colleges angesehen.«
»Ach ja?«
»Ja. Und ich hab ein paar Filmhochschulen darin gefunden.«
Ich brauchte erstaunlich lange, um zu kapieren, was sie mir damit sagen wollte.
»Ich habe auch noch ein paar andere Unis gefunden, die gute Filmkurse anbieten«, sagte sie.
Ich nickte blöd. Ich wusste, dass ich ihr hier nicht widersprechen konnte.
»Ich möchte, dass du dich mit deinen Filmen dort bewirbst. Und Earl auch.«
»Äh, okay.«
»Das ist das Einzige, worum ich dich bitte.«
»Gut.«
»Schaffst du das?«
»Ja, na klar.«
»Versprich es.«
»Ja, ich versprech’s.«
Siebenunddreißigstes Kapitel – Das Ende unseres Lebens
So. Wir sind jetzt endlich an der Stelle angelangt, wo Mom mein Leben zerstört, und auch das von Earl. Holt euch schon mal Popcorn! Es wird der Hammer. Ich warte so lange.
M mmmm. Popcorn mit Salz und zerlaufener Butter.
Eigentlich könnte ich mir auch ein bisschen Popcorn machen. Kleinen Moment.
Scheiße, das ist die fettfreie Sorte. Ekelhaft. Schmeckt wie Sofa-Polsterung.
Sauerei.
Wie gesagt, als wir Rachel – der Film drehten, stürzten meine schulischen Leistungen rapide ab. Ich hab euch ja schon ganz kurz davon erzählt, aber während Rachel – der Film nahm das Ganze peinliche Ausmaße an. Ich bekam Zensuren auf Gangster-Niveau, und die Lehrer fingen an, mich nach dem Unterricht zur Seite zu nehmen und zu sagen, ich würde mir meine Zukunft kaputtmachen. Und dann, einen Tag, nachdem ich Rachel unsere einzige Kopie von Rachel – der Film überreicht hatte, schritt schließlich Mr. McCarthy ein. Er suchte Mom und Dad auf, und die drei beschlossen, dass mich Mr. McCarthy jeden Tag nach dem Unterricht noch stundenlang dabehalten durfte, damit ich in meinen Fächern nicht durchfiel.
Erlitt Earl das gleiche Schicksal? Nein. Earl belegt Fächer, in denen man nicht durchfällt, Punkt. In diesen Fächern spielt es keine Rolle, ob man seine Aufgaben macht oder wie oft man anwesend ist. Man könnte ein totes Tier an seine Hausarbeit tackern und würde trotzdem nicht durchfallen. Man könnte eines Morgens in der Klasse aufkreuzen und seinem Lehrer eine mit Drogen und Scheiße gefüllte Plastiktüte ins Gesicht knallen. Man würde wahrscheinlich höchstens ins Büro des Stellvertretenden Schulleiters geschickt werden oder so.
Plötzlich machte ich also die ganze
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