Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
sein.
GREG
Äh, wir haben alle in der Schule gebeten, dir vor der Kamera gute Besserung zu wünschen, aber äh, du hattest ja schon einen Haufen Genesungskarten und wir, äh, wollten eigentlich etwas machen, das ein bisschen, äh, persönlicher ist.
E ARL
Wir wollten eine Dokumentation über dich drehen. Ähh.
G REG
Öhhhh.
E ARL
Allerdings gab es nicht genug Material, mit dem wir, äh, arbeiten konnten.
GREG
Wir haben es dann mit dieser, äh, komplizierten Stop-Motion-Technik probiert, äh, so einer Art Trickfilm, um dich anzufeuern, den Krebs zu besiegen, aber, äh. Das Ganze wurde am Ende nur noch albern und war dann, äh, nicht das, was wir wollten.
E ARL
Darum , äh, versuchen wir’s mal so.
BEIDE
[ durcheinander ]
GREG
Du zuerst.
E ARL
Nee, fang an.
GREG
M ach schon.
E ARL
langsam, irgendwie mühsam
Äh … also gut. Äh. Wahrscheinlich weißt du gar nicht, wie dankbar ich bin, dass ich dich kennengelernt habe. Weil zuerst mal die Chance, dass so was passieren würde, normalerweise sehr klein gewesen wäre, weil, um total ehrlich zu sein, wir nicht in denselben Kreisen verkehren, du und ich. Darum ist das so ein bisschen wie ein … Segen, dass du in den letzten paar Wochen ein Teil meines Lebens warst.
Ich bewundere eine Menge an dir. Ich bewundere, wie klug du bist, wie aufmerksam und einfühlsam. Aber, äh. Was mich echt mit Ehrfurcht erfüllt, ist deine, äh, also ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll. Deine Geduld, schätze ich. Wenn mir das passiert wäre, ich wäre wütend und fertig gewesen, und verletzt , und einfach total unausstehlich. Und du warst die ganze Zeit so stark, und so geduldig , selbst nachdem die Sache nicht gut lief, und das erfüllt mich mit Ehrfurcht. Und dass du mir das Gefühl gegeben hast, äh, gesegnet zu sein.
kommt mit heiserer Stimme zum Ende
Darum, also, äh – ja.
Scheiße, wie sollte man so was noch toppen?
Das grundsätzliche Problem war, dass Earl alles ehrlich gemeint hatte, und ich dasselbe Zeugs nicht sagen konnte, ohne zu lügen. Weil Earl einfach ein besserer Mensch ist als ich. Ohne wie ein melodramatisches Arschloch klingen zu wollen, aber genauso ist es. Ich war ziemlich sicher, dass ich aber auch gar nichts Gefühlvolles und Tröstliches und Rührendes sagen konnte, ohne dass es eine Lüge gewesen wäre.
E ARL ( FORTGESETZT )
aufgewühlt und jetzt irgendwie wütend
Du bist dran.
War Rachel eine Inspiration für mich? Fand ich sie wirklich klug und aufmerksam und einfühlsam und geduldig und alles andere? Nein. Tut mir leid. Hört mal: Ich fühle mich schrecklich dabei. Ich wünschte, meine Bekanntschaft mit ihr wäre eine große, lebensbereichernde Sache gewesen. Wirklich. Ich weiß, dass es eigentlich so hätte sein sollen. War es aber nicht.
E ARL ( FORTGESETZT )
Dude. Du bist dran.
Also was sollte ich sagen? Die Wahrheit?
E ARL ( FORTGESETZT )
boxt Greg in den Arm
Du bist dran, Arschloch.
GREG
Genau. Genau, genau. Äh. Wir haben dieses Video in erster Linie gedreht, äh, weil wir wollen, dass du wieder gesund wirst. Und äh. Pass auf: Ich we iß , dass du wieder gesund werden kannst. Ich weiß, dass du die Kraft dafür hast, und äh. Ja. Das wollte ich dir nur sagen. Äh. Ich glaube an dich.
steigert sich vielleicht einen Hauch zu sehr rein
Und aus diesem Grund, wie mir jetzt klar wird, wollten wir einen Film machen. Um dir zu zeigen, dass wir an dich glauben.
treibt jetzt einfach die Lüge bis zum Anschlag
Und darum, äh, haben wir den Film gedreht.
Ich verbrachte ein geschlagenes Wochenende damit, mir dabei zuzuhören, wie ich »wir glauben an dich« sage, und jedes Mal hätte ich mir eine ins Gesicht semmeln können. Weil es eine so glasklare Lüge war. Hätten wir wirklich an Rachel geglaubt, dann würden wir jetzt nicht noch schnell einen Film drehen, bevor sie starb. Plus, ich meine, warum sollten wir überhaupt an sie glauben, verdammt noch mal? Sie glaubte ja nicht mal selbst an sich. Sie hatte mir unumwunden erklärt, dass sie sterben würde. Sie hatte die Behandlung abgesetzt und war nach Hause gegangen und wartete auf das unvermeidliche Ende. Wer waren wir, ihr zu widersprechen?
Und trotzdem konnte man eigentlich nichts anderes dazu sagen.
Spät am Sonntagabend kam Mom in den Computerraum.
»Schätzchen.«
»Oh, hey.«
»Arbeitest du immer noch an dem Film für Rachel?«
»Jaaa.«
»Wie kommst du voran?«
» P-p rima.«
»Oh mein Schatz. Schsch.«
» P… prima
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