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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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zu
sein. Ich habe mir heute Morgen ein dickes, gepolstertes Pflaster über die
Stelle geklebt, aber beim Sitzen tut es dennoch weh.
    Â»Hallo. Ich bin Clarissa«, stellt sie sich vor.
    Â»Ã„h, ja … Hallo, Clarissa.
Ich bin Martin.« Dabei komme ich mir vor wie bei einer Selbsthilfegruppe.
    Â»Zum ersten Mal hier?«
    Â»Ja, richtig.«
    Â»Was möchtest du trinken?«
    Â»Ein Mineralwasser, bitte.«
    Sie zieht erstaunt die Augenbrauen hoch, dann geht sie zu einer der
Kühlladen und angelt eine Flasche Perrier heraus. Dabei kann ich sehen, dass
sie eine zierliche Figur hat, die durch das enge, aber dennoch stilvolle Kleid
zusätzlich betont wird.
    Während sie Eiswürfel in ein Glas schaufelt und es mit dem
Mineralwasser auffüllt, habe ich Zeit, mich etwas genauer umzusehen. Jetzt am
Nachmittag ist nicht viel los. An einigen der Tische entdecke ich junge Frauen,
die allesamt gut aussehend und leicht bekleidet sind. Sie taxieren mich mit
diskreter Neugierde, und mit dem Wissen, dass es sich dabei um Professionelle
handelt, fühle ich mich plötzlich wie ein Beutetier, auf das sie sich gleich
stürzen werden.
    Â»Hier, bitte.« Clarissa stellt das Glas vor mir ab. Dann fragt sie
unbefangen: »Hübsch, unsere Damen, nicht wahr? Schon was Passendes entdeckt?«
Dabei deutet sie in Richtung der Mädchen.
    Ich verschlucke mich fast an meinem Mineralwasser. »Oh, ich bin
nicht deswegen hier«, stelle ich schnell klar. »Ich komme wegen Erich Bender.
Ist er da?«
    Bender, so heißt der Besitzer des SL, und nicht Lick. Ich bin immer
noch sauer auf Schmidt, weil er mir diese Zuhälterkarre angedreht hat. Außerdem
hätte er mir sagen müssen, dass der Wagen nicht vollkaskoversichert ist. Nur,
rein rechtlich habe ich jetzt ein Problem. Ich hätte mich selbst vergewissern
müssen, ob das Fahrzeug ausreichend versichert ist, aber in meiner Blödheit bin
ich ja gleich losgedonnert, ohne auch nur eine einzige Frage zu stellen.
    Und jetzt habe ich die Bescherung. Als Schmidt mir gestern
mitteilte, dass der Schaden sich auf mindestens zehntausend Euro beläuft, hätte
ich ihn am liebsten auf der Stelle erwürgt. Wo soll ich denn so mir nichts, dir
nichts zehntausend Mäuse herzaubern? Auf meinem Konto sieht es zappenduster aus,
da geht im Moment gar nichts. Ich kann das gar nicht
bezahlen.
    Als ich mit wackeligen Knien diesen Bender anrief, plagten mich
schreckliche Visionen von einem rasenden Zuhälter, der mir sämtliche Knochen
bricht, wenn ich nicht sofort mit der Kohle rüberkomme. Doch Erich Bender klang
am Telefon äußerst kultiviert und schien auch gar nicht besonders verärgert
darüber zu sein, dass ich seinen Wagen demoliert hatte. Stattdessen schlug er
mir ein Treffen vor, heute um vier in der Venusbar, um alles in Ruhe zu
besprechen, wie er sagte.
    Â»Erich?« Auf Clarissas Gesicht spiegelt sich eine Mischung aus
Neugierde und schlechtem Gewissen, weil sie mich für einen Freier gehalten hat.
»Klar, der sitzt da hinten am Tisch.« Sie zeigt mit dem Finger über meine
Schulter. »Erich! Kommst du mal?«, ruft sie.
    Ich folge ihrer Hand mit meinen Augen, und jetzt erst entdecke ich
drei Männer an einem Tisch, den ich vorhin übersehen habe, weil er durch ein
Pflanzenarrangement vom Rest des Raumes optisch getrennt ist. Die drei sehen herüber,
und mich beschleicht gleich wieder ein mulmiges Gefühl. Eine Stimme am Telefon
kann täuschen, und womöglich ist es kein Zufall, dass die zu dritt sind.
    Und tatsächlich, jetzt erheben sich alle drei. Zwei von ihnen sind
riesig, im Format von Joe Winzigmann, würde ich mal schätzen, der dritte sieht
dagegen vergleichsweise klein aus. Er trägt einen dunklen Anzug und hat kurz
geschnittenes, schwarzes Haar, und zu meiner Erleichterung gibt er den anderen
beiden ein Zeichen, sich wieder zu setzen. Dann kommt er mit flotten Schritten
auf mich zu.
    Â»Herr Dr. Becker! Pünktlich auf die Minute. Freut mich, Sie
kennenzulernen.« Er streckt mir lächelnd die Hand entgegen, und als ich
aufstehe, merke ich, dass er fast einen Kopf kleiner ist als ich.
    Â»Mich auch, Herr Bender. Wenngleich der Anlass ja nicht so
erfreulich ist …«
    Er hat ein fein geschnittenes Gesicht und kleine, fast zarte Hände.
Dennoch beschließe ich, auf der Hut zu sein. Typen wie er haben im Milieu oft
klingende Beinamen wie der Fisch oder die Klinge ,

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