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Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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dass diese wenigen Privilegien in den Augen der anderen bereits ein Verbrechen waren.
    Ihr Vater, Direktor eines Automobilkonzerns, stand unter bewaffnetem Polizeischutz, der vor dem Haus Wache hielt. Sie und ihre Mutter wurden auf Schritt und Tritt von einem Polizeibeamten begleitet.
    Maria Dolores lernte die Angst kennen, das Gefühl, wenn einem der Atem stockt, und was es bedeutet. Mitten in der Nacht schreckte sie aus dem Schlaf hoch, unfähig zwischen Traum und Realität zu unterscheiden.
    Damals begannen ihre Ticks: Bloß nicht auf die Linie zwischen den Fliesen treten. Drei Mal an die Haustür klopfen. Den Atem so lang wie möglich anhalten. Einen halben Liter Wasser in einem Zug austrinken. Dazu kamen kleine Kasteiungen wie keinen Nachtisch oder keine Schokolade mehr essen. Zuerst nur für eine Woche, dann einen Monat, schließlich ein Jahr. Keine Nudeln. Kein Brot. Kein farbiges Essen. Nichts. Und sie machte sich hässlicher. Trug weite Hosen, übergroße Sweatshirts und die Haare nie mehr offen.
    In der zehnten Klasse dann ihr erster Freund. Mit achtzehn die wichtigste Entdeckung ihres Lebens.

24
    Die Kommissarin hatte dieses Jahr keine Lust, ihre wenigen Ferien in den Bergen zu verbringen. Sie entschied sich für eine kleinere Ferienwohnung, nur für ihre Eltern. Mit einem Vorgarten, direkt im Zentrum von Champoluc. Gerade hatte sie die Schlüssel abgeholt und wartete nun im Restaurant Cadran Solaire auf Don Paolo. Die Karte bot hier einfache Gerichte, regionale Spezialitäten, aber nicht ausschließlich. Polenta und Zwiebelsuppe. Omelette mit Käseund carne salada .
    Die Hand der Kommissarin wühlte in ihrem kleinen Rucksack, fasste nach der rechteckigen, noch verschlossenen Zigarettenschachtel. Sie suchte etwas anderes. Sie ertastete die einzelnen Gegenstände, ohne letztendlich etwas hervorzuholen. Kein Feuerzeug. Und so ließ sie auch dieses Mal das Rauchen bleiben.
    Der Priester betrat das Lokal und grüßte den Wirt. Er hatte halb französische, halb italienische Wurzeln und war ein Aufschneider im wahrsten Sinne des Wortes – nicht nur bei der Zubereitung der Schinken- und Wurstplatte. Don Paolo ging auf Maria Dolores zu, die ihm im Sitzen die Hand zur Begrüßung reichte.
    »Ich würde dich gerne umarmen«, sagt er zu ihr.
    Also erhob sie sich. Näherte sich ihm langsam. Er nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich. Dann setzte er sich, als wäre nichts geschehen. Ließ sie einfach so stehen. Berührungen waren für Maria Dolores schwieriger als Worte. Erst seit kurzem ließ sie das Bedürfnis nach einer Umarmung zu, nach einem einfachen physischen Kontakt. Vielleicht gaben alle Menschen an einem bestimmten Punkt ihres Lebens ihre Abwehrmechanismen auf. Aus Erschöpfung.
    »Was isst du?«, fragte Don Paolo.
    »Einen Salat«, antwortete sie.
    Er bestellte zwei Salate und eine Schinkenplatte mit Arnad-Speck, handgeschnittenem rohem Schinken und Dörrfleisch von der Gämse.
    Don Paolo: »Die Leute sprechen von einer schlechten Saison.«
    Maria Dolores: »Zu hohe Preise.« Sie zerteilte das Brot.
    Don Paolo: »Das ist das eine. Aber die Sache mit dem verschwundenen Mädchen wird auch dazu beitragen.«
    Maria Dolores: »Aber wenn man doch eigentlich nichts darüber weiß? Oder siehst du etwa Carabinieri im Einsatz?«
    »Ja. Sie sind da.«
    »Verdeckte Ermittlungen also. Gibt es Neuigkeiten?«
    »Nicht dass ich wüsste. Für dich dürfte es einfacher sein, an Informationen heranzukommen.«
    »Ich kann mich da nicht einmischen, das habe ich dir schon gesagt. Ich war einmal bei der Mutter, aber ich habe nicht genug Zeit. Ich habe sie zu einer Kollegin nach Aosta vermittelt. Eine gute Therapeutin.«
    »Du willst dich also aus dem Ganzen raushalten«, provozierte er sie ohne ersichtlichen Grund.
    »Das sehe ich nicht so. Wieso sagst du so etwas?«, widersprach sie ihm gereizt.
    »Du könntest öfter zu ihr gehen«, erwiderte er in vorwurfsvollem Ton.
    »Du weißt, dass ich nicht mehr tun kann, als ich schon mache. Ich kann mich weder hierher versetzen lassen, noch in die Untersuchungen einmischen. Ich arbeite nicht mehr als Psychologin. Und ich verstehe noch immer nicht, was du eigentlich von mir willst. Was verschweigst du mir?«
    »Was verschweigst du mir?«
    »Ich? Was habe ich denn damit zu tun?« Maria Dolores ließ ihrer Wut freien Lauf. »Fang doch erst einmal bei dir selbst an … dieses auferlegte Schweigegebot. Du sprichst nicht mit der Presse, du setzt dich nicht dafür ein, dass alle

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