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Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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obwohl sie doch wusste, dass es noch zu früh war für diese Entscheidung.
    Ihre ganze Herausforderung bestand darin, wieder in ihr altes Berufsfeld einzusteigen. Sich dem wunden Punkt im Inneren ihres Herzens zu stellen, der ihr keinen Frieden ließ.

29
    Zwei Reihen von Werkshallen im Stil der 20er Jahre. Kahle, rote Backsteinfassaden mit großen, rechteckigen Fenstern, über denen in gleichmäßigen Abständen Kreise zu erkennen waren. Auf dem roten Dach war noch immer der verblasste Schriftzug Caproni auszumachen. Vorname Gianni. Er stammte aus Trient und ging einer recht kostspieligen Leidenschaft nach: der Konstruktion von Doppeldeckerflugzeugen. Später baute er dann auch Kriegsflugzeuge, bis er schließlich nach dem Krieg wieder zur zivilen Luftfahrt zurückkehrte. Und zwar genau hier, am Ende der Via Mecenate, fast schon außerhalb der Stadt. Maria Dolores Vergani und ihr Assistent schauten sich um. Die Gebäude waren von findigen Architekten umgebaut und von extravaganten Designern und Innenarchitekten nach dem letzten Schrei eingerichtet worden. Eine Spezies, die üblicherweise Personen aus dem Film- und Fernsehmilieu ihre Dienste anbot, doch aus den Fenstern konnte man hier und da auch Töne von Musikinstrumenten oder Gebete der Zeugen Jehovas herausschallen hören.
    »Hier muss es sein, Nummer 79«, Funi wies auf das Haus.
    »Es gibt keine Klingel.«
    »Soll ich anklopfen?«
    »Drinnen hört man Musik. Ja, klopfen Sie ruhig, und zwar richtig.«
    Funi nahm seine Vorgesetzte beim Wort. Er wartete die kurze Pause zwischen zwei Musikstücken ab und hämmerte dann so fest gegen die Tür, als wolle er sie eingeschlagen.
    Nach gut zehn Minuten wurde von innen der automatische Türöffner betätigt. Maria Dolores betrat ohne Aufforderung die Wohnung und durchquerte ein riesiges Zimmer, das bis auf ein Tenorsaxophon und eine E-Gitarre, die beide wie moderne Skulpturen an einer Wand lehnten, komplett leer war. Funi folgte ihr, und gemeinsam gelangten sie in den angrenzenden Raum, einer Art Wohnzimmer, mit üppigen braunen Ledersofas und Teppichen im Zebramuster.
    Auf einer mit schwarzem Fell bezogenen Chaiselongue von Le Corbusier lag ein Mann, der einer Wachsfigur glich. Sein leichenblasses, eingefallenes Gesicht war von hervorspringenden Backenknochen und tiefen Falten gezeichnet. Dazu klare, fast durchsichtige Augen und schulterlange, ungepflegte Haare in einem undefinierbaren Graublond. Am Körper trug er ein verblichenes rosafarbenes Hemd und eine gestreifte Schlaghose. An den Füßen Ledersandalen. Er war sogar noch hagerer als Maria Dolores. Fest umschlungen wie eine Frau, hielt er eine Gitarre in seinen Armen. Mit den langen Nägeln seiner feinen, spinnenbeinartigen Finger zupfte er teilnahmslos einen berühmten Song von Bob Dylan in schrägen Tönen nach. Funi, ein echter Dylan-Fan, erkannte den Song sofort.
    » What good am I ?« Fragend schaute er Maria Dolores an, die ihm zulächelte. Die Musik aus der Zeit, als sie Klavier am Konservatorium studierte, bedeutete ihr noch immer sehr viel.
    Der Mann hatte sie längst bemerkt. Er blickte sie kurz an, zog die Wörter des Liedtextes in die Länge und senkte dann wieder seinen Blick. Sechzig Jahre gelebte Musikgeschichte, die an seinem Körper, doch nicht an seiner Leidenschaft gezehrt hatten. Ein Leben, das doppelt so lang war wie seine sechzig Jahre auf Papier. Die beiden setzen sich auf eines der makellosen Sofas. Überhaupt wirkte die gesamte Wohnung ebenso wie die offene 70er Jahre Küche aus weißen Schichtstoffplatten und mit dem runden Saarinen -Tisch auffallend sauber.
    Nicht gerade ein Jimi Hendrix , dachte Maria Dolores bei sich , aber seine Art ist die eines Musikers mit Leib und Seele . Der Mann begann erneut zu singen, bestimmte selbst Rhythmus und Tempo. Funi stimmte in die letzte Strophe mit ein, die er Wort für Wort auswendig kannte.
    What good am I if I say foolish things
    And I laugh in the face of what sorrow brings
    And I just turn my back while you silently die,
    What good am I?

30
    »Sind Sie Guglielmo Maggioni?«, fragte Maria Dolores.
    »Guio, Guio di Maggio, so lautet mein Name.« Den Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen.
    »Kriminalhauptkommissarin Vergani, und das ist mein Kollege«, auf Funi deutend. Dann, ohne sich weiters mit Erklärungen aufzuhalten: »Erinnern Sie sich an Loredana Campi?«
    Der Mann blickte Maria Dolores an, während er unbeirrt auf der Gitarre weiterzupfte und dann mit seinem Kopf auf die Wand hinter

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