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Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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riesiger Bougainvillea, die ihre letzten roten Blüten verloren, fragte Funi sie: »Waren Sie wirklich schon mal als Kind hier?«
    »Nein, Funi. Ich habe gelogen. Und ich habe das Gefühl, dass ich das heute noch öfters tun werde.« Dies war eine Seite seiner Vorgesetzten, die Achille Maria Funi bisher noch nicht kannte. Noch nie hatte sie die Unwahrheit gesagt, selbst während der schwierigsten Ermittlungen.

68
    Ein Geruch von Wein schlug ihnen entgegen, als sie die ausschließlich von Männern besuchte Bar betraten. Die wenigen, welche ihre Frauen überlebt hatten. Diejenigen unter ihnen, die noch zählen konnten, hatten an den Tischen Platz genommen und spielten Karten. Andere führten zahnlose Gespräche. Unter den schlaff herunterhängenden Jacken waren karierte Hemden zu erkennen. Spindeldürre Beine steckten in überweiten Hosen, die an den Hüften von Gürteln festgehalten wurden, in die man zuvor behelfsmäßig zusätzliche Löcher hineingebohrt hatte. Schwielige Hände mit geschwollenen Knöcheln und notdürftig geschnittenen Nägeln umklammerten halb volle Gläser, die an Speisesäle von Altersheimen erinnerten. Brennende Zigaretten lagen am Aschenbecher, denn hier hielt man sich an kein Rauchverbot, nicht einmal, wenn der Dorfpolizist anwesend war.
    Als Maria Dolores eintrat, starrten die Männer sie einen kurzen Moment an. Die Kommissarin ging auf die Theke zu und bestellte ein Tonic. »Und einen Prosecco«, ergänzte Funi und schaute sie schräg an. Sie mussten beide lachen über diesen unverhofften Urlaub von der Uniform.
    »Es hat sich nicht wirklich viel verändert, seit ich das letzte Mal hier war.« Maria Dolores ließ es drauf ankommen, auch wenn sie wusste, dass sie viel riskierte.
    Der Alte hinter der Theke öffnet eine Flasche Schweppes: »Stimmt genau. Hier bleibt alles beim Alten.« Er hatte tatsächlich angebissen. »Seit fast fünfunddreißig Jahren mache ich hier diese Arbeit schon.« Das klappt ja besser, als ich gehofft hatte , dachte Maria Dolores bei sich und versuchte es ein zweites Mal: »Eine Sache ist mir allerdings doch aufgefallen.«
    »Was denn?«, fragte er neugierig.
    »Don Paolo ist nicht mehr da, habe ich gehört. Erinnern Sie sich an den Priester?«
    »Er ist verreckt«, kam es vom Tisch der Kartenspieler.
    »Ach, der ist das aus der Zeitung?«, klinkte sich Maria Dolores sofort ein.
    »Ja, genau der«, bestätigte derselbe Mann ohne Pathos.
    »Endlich schmort er in der Hölle«, schaltete sich ein zweiter vom selben Tisch ein.
    Sie nahmen einen Schluck, dann drehten sich die vier Männer, die zusammen um die dreihundertzwanzig Jahre alt sein durften, zu ihr um und fragten fast gleichzeitig: »Sie haben keine Ahnung, was damals passiert ist, richtig?«

69
    Eigentlich war Funi am Ende der Einzige, der keinen zusammenhängenden Satz mehr herausbrachte und aus glasigen Augen schaute. Ganze drei Gläser Prosecco hatten dazu gereicht. Die vier Alten hingegen stellten sich als durchaus rüstig und trinkfest heraus.
    »Er war jung, stammte aus unserer Gegend. Von etwas außerhalb von Sòligo, weiter oben, von einem der Häuser, die schon zu Rubra gehören.« Er zeichnete mit seinem Zeigefinger eine Kurve nach rechts und dann nach links nach. »Als Kind schon hatte er seinen Vater verloren und wuchs bei seiner Mutter und der Tante auf. Tüchtige Frauen, beide schon tot«, sagte er mit zufriedenem Unterton. Das waren die Dinge, auf die es ankam: Leben, Tod, Wunder.
    »In Rom hat er sich zum Priester ausbilden lassen und kam danach hierher, um die Messe abzuhalten.«
    »Messe halten, Beichte abnehmen, was ein Priester eben so macht«, fiel ihm ein anderer mit ernstem Ton ins Wort. Er war fast komplett behaart und ähnelte im Gesicht einem Nasenaffen.
    »Und dann irgendwann fingen die merkwürdigen Gerüchte an«, übernahm wieder der Erste und schaute die anderen dabei an. »Marisa, oder? Marisa hat’s als Erste herumerzählt.«
    »Nein, Moretta«, widersprach ein anderer.
    »Moretta? Die hat doch als Haushälterin in Tellaro gearbeitet und ist immer erst in der Nacht zurückgekommen – wenn überhaupt«, kommentierte der Nasenaffe und löste damit Getuschel aus.
    »Marisa oder Moretta, wie auch immer, von den Gerüchten jedenfalls wusste irgendwann jeder.«
    »Was erzählte man sich denn so?«, fragte Maria Dolores, inzwischen auf sich allein gestellt, nachdem Funi sich ausgeklinkt hatte, damit beschäftigt, den Barbesitzer beim Kartenspiel doch noch zu schlagen.
    »Von Jungen.

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