Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono
bin hinter einer bestimmten Person her«, versuchte er einzulenken.
»Wahrscheinlich hinter einer Frau.« Sie war sich sicher, dass ihr Gefühl sie nicht täuschte.
»Ja, eine Frau. Sie stammt aus Litauen und ist wahrscheinlich das Herz dieser ganzen Organisation.«
»Und vielleicht ist sie auch noch minderjährig und hübsch? Erzähl mir keine Märchen.«
»Hast du sie gesehen? Hat sie zu uns rübergeschaut?«, fragte er ein wenig zu interessiert.
»Sie war in Begleitung eines Mannes, der mir irgendwie bekannt vorkam«, antwortete sie in ernstem Ton.
»Und?«
»Ich weiß nicht, ich habe ihn schon mal irgendwo gesehen. Die beiden schienen ein Paar zu sein.« Sie ließ nicht locker.
»Unmöglich, sie hat keinen Partner. Der Mann war wahrscheinlich ein Kunde«, antwortete er etwas vorschnell.
»Woher willst du denn das wissen?« Maria Dolores folgte weiter ihrem Instinkt.
»Nicht weiter wichtig. Lass uns gehen.« Für einen Moment verlor Corsari seinen sonst so freundlichen Umgangston.
»Was hast du? Ist alles in Ordnung?«
»Ja, ja. Alles unter Kontrolle.« Davon war Maria Dolores überzeugt. Alles unter Kontrolle. Selbst die Dinge, die nicht zu ihrem Fall gehörten. Wie etwa diese junge Frau.
72
Maria Dolores hatte die Tageszeitung vor sich auf dem Tisch ausgebreitet und las, den Telefonhörer am Ohr, laut daraus vor. Ihre Kaffeetasse und einen bereits leeren Joghurtbecher hatte sie auf der Seite abgestellt:
»… Als bilde sich ein Riss im Herzen. Normalerweise bleiben nach einem Anfall jedoch keinerlei Spuren zurück. Ein kurzzeitiger Aussetzer unseres lebenspendenden Organs. Auslöser kann eine außergewöhnliche emotionale Belastung sein, die den Körper unter Stress setzt: der Tod einer geliebten Person, ein Schock, das Ende einer Liebe.«
Die Zeitungen berichteten noch immer von dem misshandelten Mädchen und seiner verstorbenen Mutter, die ihr Kind nun nicht mehr in den Armen wiegen konnte, um ihm bei seiner Genesung zu helfen oder bei dem Versuch, das Vertrauen zu den Menschen zurückzugewinnen.
» Er leidet an gebrochenem Herzen , das sagt man doch so im Volksmund, oder nicht? Und dann entdeckst du ganz plötzlich, dass ein Gott hinter solchen Aussprüchen bereits seine ganz eigene Wahrheit erschaffen hat.«
Es war noch früh am Morgen, doch Inga, mit Augenringen und einem Hungergefühl, das keinerlei Anstalten machte, jemals wieder zu verschwinden, war bereits in Philosophierlaune.
Maria Dolores, noch immer im Morgenrock, wandte ein: »Ja, aber dass man daran tatsächlich sterben kann, dachte ich, sei immer nur so dahingesagt. Krank werden vor Liebe, das leuchtet mir noch ein, aber sterben …« Sie wickelte eine Strähne ihrer glatten und inzwischen schon zu langen Haare um ihren Finger. Eine schlechte Angewohnheit, die sie sich erst seit kurzem angewöhnt hatte.
»Hör mal, hier«, fasziniert fuhr Maria Dolores fort, » Die Bereiche des Gehirns, die diese Veränderung des Herzrhythmus auslösen können, sind besonders gut entwickelt und für die Lern- und Gedächtnisfähigkeit verantwortlich …«
Inga unterbrach sie: »Das ist ja mal wieder typisch: Je fortschrittlicher du bist, desto riskanter ist dein Leben, absurd, oder?«
»Ja, aber auch die Bereiche, in denen die Gefühle entstehen, können an einer Herzrhythmusstörung Schuld sein. Und die sind nicht gezwungenermaßen entwickelt, im Gegenteil, in den meisten Fällen absolut primitiv.« Maria Dolores dachte laut vor sich hin.
Inga ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um das Thema zu wechseln: »Bei dir allerdings besteht da nicht die geringste Gefahr, Doris. Was die Entwicklung von Gefühlen betrifft, läuft dein Gehirn eher auf Sparflamme, um nicht zu sagen, es ist komplett abgeschaltet. Ausgenommen natürlich deine innige Zuneigung für mich und meinen Stammhalter.«
»Das finde ich absolut nicht lustig. Außerdem bist du nicht wirklich auf dem aktuellen Stand der Dinge«, verteidigte sie sich mit dem Wissen um die Genugtuung ihrer Freundin.
»Wie? Was? Willst du damit etwa sagen, du und dein Weltverbesserer seid zusammen im Bett gelandet?«, fragte sie mit ehrlicher Besorgnis in der Stimme.
»Im Bett gelandet? Wie kommst du denn darauf?«
»Na, wieso denn nicht? Oder mach endlich einen Schlussstrich unter diese Geschichte, mit der du sowieso nur deine Zeit vergeudest. Und wenn du es genau wissen willst – ich fühle mich auch ein wenig verantwortlich.«
»Du?«
»Ich, ja klar. Du bist in letzter Zeit zu viel mit dir
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