Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
unverändert. Hank bestätigte mir ihre Aussage und erklärte sich bereit, die Nacht bei seiner Tochter zu verbringen.
Die frühen Eintragungen übersprang ich und konzentrierte mich auf die Briefe seit unserer Hochzeit. Es war merkwürdig, immer wieder »Lieber Matt« zu lesen. Noch merkwürdiger war, dass sie sich oft wirklich an mich zu wenden schien. Die meisten Briefe waren sehr liebevoll, manche weniger. Einen zum Beispiel hatte sie geschrieben, nachdem ich vergessen hatte, sie anzurufen, einen anderen, nachdem ich sie versetzt hatte, weil ich noch zu viel Papierkram zu erledigen hatte. Einige Eintragungen bestanden aus viel sentimentalem Gefasel, das ich jedoch so sehr genoss, dass ich darüber fast den Grund meiner Lektüre vergaß.
Gegen Mitternacht brachte ich die Tagebücher ins Wohnzimmer. Kurz darauf schlief ich ein und träumte, Elle läge in meinen Armen und läse mir die Briefe laut vor.
2. Oktober 2004
Lieber Matt,
heute Morgen werden wir beide vor unseren Freunden und unseren Familien stehen und einander versprechen, uns zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod uns scheidet. Eigentlich sollte ich nervös sein oder mich fragen, ob ich das Richtige tue. Aber ich spüre nichts als tiefen, inneren Frieden.
Diese Nacht ohne dich zu verbringen ist die absurdeste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Weißt du, es gibt eine Wahrheit, die der Katholischen Kirche wichtig ist: Die Ehe ist das einzige Sakrament, das nicht vom Priester gespendet wird. Er ist zwar anwesend, aber es sind die Eheleute, die sich das Sakrament gegenseitig spenden. Ich heirate dich. Du heiratest mich. Nur aus diesem Grund wollte ich unbedingt in der Kirche heiraten, obwohl wir sonst nie zur Messe gehen. Ich glaube, dass diese Ehe für uns so sicher ist wie nichts anderes.
Ich habe dich mein ganzes Leben lang geliebt. Daran darfst dunie, niemals zweifeln. Selbst in Zeiten, in denen ich nicht klar sah, habe ich dich geliebt. Ich spürte es tief in meiner Seele. Diese Hochzeit heute Morgen ist nichts anderes als Brief und Siegel auf etwas, von dem ich glaube, dass es schon immer mein Schicksal war. Unser Schicksal. Ich liebe dich, Matthew. Ich werde dich lieben, solange ich lebe. Und noch viel länger.
In Liebe,
Peep
18
Neunzehn Jahre vor dem Unfall
I ch entschloss mich, Arzt zu werden, als ich zum ersten Mal Zeuge eines medizinischen Wunders wurde. Ich war sieben. Wir picknickten mit der ganzen Familie am Sebago Lake. Mein zehnjähriger Bruder Mike sprang von einem schwingenden Seil aus ins Wasser, kam aber nicht mehr an die Oberfläche. Dad tauchte ihm nach und fischte ihn schlaff und bläulich angelaufen aus dem Wasser. Meine Mutter begann sofort mit der Wiederbelebung. Mund-zu-Mund-Beatmung, Herzdruckmassage – alles, was nötig war. Zwei Tage später kam Mike mit einem blauen Auge und mit zehn Stichen genäht aus dem Krankenhaus zurück.
Es brauchte noch zehn Jahre, bis ich begriff, dass nicht jedes Ende ein Happy End ist. Alice lag im Sterben. Während der letzten Wochen ihres Lebens ging so gut wie alles schief. Nachdem Elle das Baby verloren hatte, informierten die Krankenschwestern den Jugendschutz.
Im Nachhinein wundert mich, dass die Behörden nicht schon viel früher aufmerksam wurden. Vielleicht lag es daran, dass meine Eltern ständig im Nachbarhaus nach dem Rechten sahen und dass Elle und Christopher nicht misshandelt wurden. Irgendwann jedoch begann Hank, tagelang zu verschwinden.
Die Pflege-Organisation meldete die Vernachlässigung einige Wochen später. So wurde aktenkundig, dass an dem Tag, als Elle das Baby verlor, Christopher aus der Schule kam und niemand da war, der sich um ihn kümmerte. Warum Elle nichtzu Hause war, stand nicht in dem Bericht, nur dass es so war. Natürlich befand sich die Krankenschwester im Haus, aber sie hatte sich um die sterbende Mutter zu kümmern, nicht um deren achtjährigen Sohn. Hank kam an diesem Abend weder nach Hause, noch rief er an. Die Schwester gab zu Protokoll, dass er häufiger betrunken als nüchtern war.
In der Zeit zwischen der Fehlgeburt und der Meldung an das Jugendamt überlegten auch meine Eltern, ob sie die Behörden einschalten sollten.
»Ehe Matt und Elle jegliche Vernunft über Bord warfen, hätte ich die Kinder gern genommen«, meinte Mom. »Aber unter den jetzigen Umständen können die beiden unmöglich unter einem Dach wohnen. Wir würden sie überhaupt nicht mehr auseinanderbekommen.«
»Das gelingt uns doch schon jetzt nicht. Die
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