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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Piewitz
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daraus macht sie einen Konflikt; dieses Problem muß doch zu knacken sein, verflucht nochmal, ein Mann kann doch nicht so unweiblich sein, daß er das nicht kapiert und sich entsprechend verändert, wenn man ihn intensiv darauf hinweist! — Ich bin ja gerne bereit, mich streicheln zu lassen, nicht zu beißen, die Hand zu lecken und brav bei Fuß zu gehen — aber ich kann mich doch nun nicht auch noch vom Knurren auf’s Schnurren umstellen und Freude an der Mäusejagd entwicklen, oder?
    Ich werde weder den beliebten Trend zur »weichen« Kleidung mitmachen, noch Spaß beim Schminken empfinden, noch aus lauter Furcht, als Macho zu gelten, mit höherer Stimme sprechen. Diese Typen, die sich aus Solidarität nicht nur mit lila Halstüchern drapieren, sondern am liebsten bei Vollmond mit ihrer »Zweierbeziehung« auf den Balkon treten, um dort solidarisch zu bluten und ein paar Menstruationsgedichte aufzusagen: ich kann sie nicht ertragen. Ein Mensch, der so dusslig ist, daß er nicht sieht, daß die Frauenfrage eine Systemfrage ist, und der nicht versteht, daß die Unterdrückung, der Frauen ausgesetzt sind, nur endgültig beseitigt werden kann, wenn die zur Zeit real existierenden politischen Systeme abgeschafft sind, ein Mensch, der sich nur auf diesen Frauen-Teilaspekt kapriziert: mit dem kann ich so irrsinnig viel nicht anfangen. Und mit Männern dieser Denkungsart schon gar nicht. Kurz: Ich lehne es ab, mir ein Frauenzeichen auf die Unterhose zu sticken.

    Bei dieser Konstellation sind Gespräche schwierig. Nichtmal beim Thema »Musik« finden wir einen gemeinsamen Nenner: es macht ihr nicht das geringste aus, den Tag mit den schärfsten Schnulzen zu beginnen. Es gibt Schlager, deren Interpreten findet sie »toll«. Da schwärmt sie wie ein Teenie. Ich bin ein Jazzfan. Die Musik fängt an bei Charlie Parker und ist bei Miles Davis noch lange nicht vorbei.
    Sie kann damit nicht nur nichts anfangen, sondern es geht ihr auf die Nerven. Die freieste Form des Musizie-rens tut ihr weh, sie ist zum Zuhören nicht zu bewegen, geschweige denn zum Verstehen. Sie mag lieber Hoppelpoppel. Rumhüpfen auf der Tanzfläche, zur Not solo, 4/4-Takt möglichst, die Grenze liegt bei Funkmusic.
    Wenn ich mal in ein gutes Jazzkonzert gehen wollte, müßte ich jemand anderen mitnehmen, wenn ich darüber reden möchte. Es ist ja schließlich unzumutbar, sie dahin zu zwingen. Und außerdem unerträglich, wenn dich ein Blick zur Seite davon überzeugt, daß deine Begleitung dich in tiefster Ratlosigkeit mustert. Also, Musik ist kein
    Thema, Fußball ist sowieso keins, obwohl ich immer spiele, wenn’s eine Gelegenheit gibt, AKWs sind kein Thema, ihre Arbeit, auf irgendeiner Behörde irgendwelche Karteikarten sortieren — kein Thema, und meine generelle Finanzschwache mit den paar Gelegenheitsjobs ist sowieso kein Thema.
    Bleibt: unsere »Beziehung«. Der Nabel der Welt. M.’s Gefühle: Ob, und wenn ja, wie und warum diese Gefühle von Arne (nicht) erwidert werden.
    Ich weiß zu diesem Zeitpunkt — die »Beziehung« ist etwa eine Woche alt — daß ich ihr bald schonend beibringen muß, wie ungleich die Gewichte verteilt sind. Daß sie emotionale Zuwendungen von mir erwartet, die ich nicht produziere; daß sie Ansprüche hat, die ich niemals erfüllen werde. Ich muß ihr wohl unmißverständlich klar machen, daß ich sie nicht liebe. Ich benutze mal dieses Wort — es wird ja täglich millionenfach mißbraucht, deswegen ist es in der Szene auch tabuisiert — aber ich muß wohl wirklich demnächst traditionellen Klartext reden.
    Sie wird es kaum verstehen. Wir schlafen doch so herrlich miteinander, da klappt doch wirklich alles, wir sind doch so aufeinander eingestimmt, als wären wir füreinander geschaffen... Sie wird sich weigern, mir zu glauben. Und sie wird alles daransetzen, aus mir herauszuholen, wie es wohl möglich sein kann, daß die Schere Bett/sonstiges Interesse bei mir so weit auseinanderklafft. Ein Nervkram sondergleichen. Ich müßte konsequenter sein. Ich müßte noch heute die »Beziehung« abbrechen.

    Ich habe mal wieder in ihre Gedichte geguckt. Die lagen da rum, sie war auf dem Klo.
    Ein Neues. Ich habe es mir gemerkt:
    wenn / meine füße / dein dickes / unbewegliches feil streicheln / dann / wünsche ich mir / nichts mehr / als daß nur ein kleiner Teil / meiner Zärtlichkeit / deine po-ren durchdringt / und nicht / am metall zersplittert / prinz hustenreiz.
    Prinz Hustenreiz — das bin ich. So nennt sie mich.

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