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Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Titel: Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sogar vor mir selbst zu verbergen.
    Ich weiß noch gut, wie glücklich meine Eltern über diesen Brief von Mrs Rix waren.
    Und bevor ich zu Bett ging, betete ich: »Lieber Gott, vielen Dank, dass du uns Mrs Rix geschickt hast und dass sie zu mir und meinen Eltern so freundlich ist. Ich werde immer dankbar sein.«
    Liebes Tagebuch,
    ich bin ja so froh. Elizabeth, die fünfzehnjährige Tochter von Mrs Rix, hat mir einen sehr lieben Willkommensbrief geschickt.
    Ich kann es kaum erwarten, sie und ihren Bruder Billy kennenzulernen. Aber natürlich bin ich auch traurig, dass Mama und Papa nicht mitkommen können nach England.
    Hier, sieh mal, hier ist der Brief.
    Liebe Marion,
    ich freue mich sehr, dass Du bald zu uns kommst. Es wird bestimmt lustig, wenn wir Mädchen zu zweit sind.
    Es kommt mir so vor, als gäbe es in Great Shelford keine anderen Mädchen – sie sind alle in Cambridge, und ich sehe sie nie, weil ich die meiste Zeit in Cheltenham im Internat bin.
    Wir haben nur ein kleines Haus, weil Mummy ja allein ist, wenn wir in der Schule sind. Wir haben ein gemütliches kleines Esszimmer und gleich daneben eine kleine Glasveranda. Diese zwei Zimmer mag ich am liebsten. Unsere Küche ist auch klein.
    Dann haben wir ein sehr kleines Arbeitszimmer und ein hübsches Wohnzimmer. Oben ist das Badezimmer und dann sind da noch zwei kleine Schlafzimmer, mein eigenes (rosa und grün) und Mummys Zimmer, das größte von allen.
    Mein Bruder Billy schläft in einem der kleineren Zimmer, das andere ist unser Gästezimmer. Vom ersten Stockwerk aus führt eine Treppe auf den Speicher, und dort sind das Dienstbotenzimmer und unser Spielzimmer, in dem wir unter anderem Tischtennis spielen.
    Du wirst unser Haus sicher klein finden. Mir ergeht es immer so, wenn ich vom Internat nach Hause komme, weil dort alle Räume so riesig sind. Aber ich liebe unser Haus.
    Unser Garten ist ungefähr einen Morgen groß und in viele kleine Parzellen aufgeteilt. Wir haben einen Tennisplatz, einen Rosengarten, einen kleinen Senkgarten, einen Gemüsegarten, usw.
    Es gibt sogar eine Garage (obwohl wir kein Auto haben). Darin stehen unsere Fahrräder und die Gartenwerkzeuge. Billy hat das andere Gartenhäuschen zu seinem Werkraum gemacht und er verbringt viel Zeit darin.
    Ich hoffe, Du kannst dein Fahrrad mitbringen – wir benutzen unsere oft –, denn dann könnten wir zusammen schöne Radtouren machen. Die Gegend hier ist sehr flach, und das finde ich schade, weil ich Hügel mag.
    Ein paar Meter weiter gibt es einen Fluss. Wir müssen nur die Straße hinuntergehen und über eine Wiese, dann sind wir dort. Dort legen wir uns oft in die Sonne.
    Wir haben zwei Hunde, Flick und Tatters (Mischlingshunde) und zwei Katzen, Barry und Rags, eine Schildkröte namens Cals und ein Kaninchen, Peter.
    Schade, dass ich kein Deutsch kann, aber das lernen wir nicht in der Schule. Weißt du was: Du bringst mir Deutsch bei und ich Dir Englisch, was hältst Du davon?
    Ganz herzliche Grüße
    Elizabeth (Rix)
    Liebes Tagebuch,
    in zwei Monaten werde ich nach England fahren, und deshalb ist Papa mit mir zu Wertheimer gegangen und hat eine sehr hübsche Garderobe für mich bestellt. Wenn die Kleidung fertig ist, werden meine Eltern sie mir in einem Schrankkoffer per Schiff nach England schicken, weil ich selbst ja nur mit einem kleinen Koffer reisen darf.
    »Ich möchte, dass du eine sehr hübsche, nach Maß angefertigte Garderobe hast, damit du der freundlichen englischen Dame, die dich aufnimmt, nicht zur Last fallen wirst«, hat Papa gesagt.
    Ich liebe meine neuen Sachen (es sind zu viele, um sie hier aufzulisten, aber sie sind alle wunderschön und elegant, und ich sehe darin fast schon erwachsen aus), aber immer wenn ich an sie denke, denke ich auch an Ruthie und hoffe, dass sie ebenfalls schöne Kleider und gutes Essen und ein Heim hat, wo immer sie auch ist.
    Ich bin schon ein paar Mal zu ihrem alten Haus gegangen, weil ich gehofft habe, ihre Nachbarn wüssten, wo sie in Polen ist, und könnten mir ihre neue Adresse sagen.
    Aber dort, wo sie früher gewohnt hat, sieht es jetzt aus wie in einer Geisterstadt, und es gibt niemanden mehr, der sich an Ruthie erinnert.
    Ich hoffe jeden Tag, dass ein Brief von ihr kommt, aber das ist nie der Fall. Und bald bin ich nicht mehr in Berlin, und wenn sie mir dann schreibt, werde ich ihren Brief nicht erhalten.
    Ich werde Berlin sehr vermissen.
    Am schönsten fand ich es hier an den Wochenenden.
    Denn an den Wochenenden sind meine

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