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Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Titel: Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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in ihrem schwarzen Ledermantel herein. Sie trug eine silberne Schatulle in den Armen, so liebevoll, als wäre es ein neu neugeborenes Baby, das sie beschützen muss.
    »Kinder, es gibt eine Neuigkeit. Wie ihr wisst, ist euer Großonkel Albert neulich in China verstorben. Ihr wisst auch, dass er keine direkten Erben hat. Und folglich hat er mir testamentarisch den Inhalt dieser Truhe vermacht.«
    Mit diesen Worten stellte sie die Schatulle auf den Couchtisch und öffnete den Deckel.
    Im Inneren funkelten goldene Armbänder, Rubinringe, Smaragdketten und mehr.
    Ich schaute schnell wieder weg und drehte meinen »Gott mit Dir«-Ring, den ich immer am kleinen Finger trage.
    »Gut, Iris, du darfst dir als Erste etwas aussuchen«, sagte Mrs Beard.
    Iris’ Augen leuchteten, als sie ein Saphir-Armband aus der Schatulle nahm.
    »Danke, Ma«, sagte sie und legte es gleich an.
    »Jetzt du, Carole«, sagte Auntie.
    Carole entschied sich für die Smaragd-Halskette.
    Ich rutschte nervös auf meinem Schemel herum und fragte mich, warum Auntie mich ebenfalls gerufen hatte. Was hatte sie davon, wenn ich mir diese Szene ansah?
    Iris und Carole durften sich jede noch drei weitere Schmuckstücke aussuchen, sodass zum Schluss nur noch ein zierlicher goldener Anhänger mit einem Amethyst übrig war.
    Auntie nahm ihn heraus und verkündete triumphierend: »Und der hier ist für dich, Marion.«
    Wie Mrs Beard mir später erzählte, stammte der Amethyst-Anhänger aus der Regency-Epoche, also aus der Zeit zwischen 1810 und 1830.
    Ich fand ihn wunderschön, und als ich ihn mir das erste Mal um den Hals legte, sprach ich insgeheim einen Wunsch aus.
    »Eines Tages, wenn der Krieg vorbei und die Welt wieder frei ist, lieber Gott, dann mach, dass ich mich verliebe. Aber nicht in einen Deutschen wie Rolf, sondern in einen anderen, netten Jungen, der mich ebenfalls liebt.
    Und wenn ich verheiratet bin und eine Tochter habe, werde ich ihr an ihrem siebzehnten Geburtstag diesen Amethyst-Anhänger schenken. Und bitte mach, dass sie ihn für den Rest ihres Lebens trägt und immer glücklich ist.«
    In diesem Moment war ich auch glücklich.
    Mrs Beard hatte mir den Anhänger geschenkt, und das bedeutete, dass sie mich vielleicht doch mochte.
    Denn so wahr mir Gott helfe: Trotz ihrer kühlen Art und ihren Ticks war sie mir doch irgendwie ans Herz gewachsen.
    Ich frage mich oft, wieso ich sie nach wie vor mochte, vor allem, wenn man bedenkt, wie sie mich von Anfang an behandelt hat und wie schroff sie mir die schlimmste Nachricht meines Lebens überbrachte. Komischerweise konnte ich sie aber nie hassen oder ihr gegenüber gleichgültig sein.
    Heute glaube ich, dass es daran lag, weil ich so allein war und mich verzweifelt nach jemandem sehnte, zu dem ich gehörte. Und da es niemand anderen gab, sah ich Auntie damals wohl oder übel als meine englische Ersatzmutter.

14
    FRÜHSTÜCK MIT AUNTIE
    Am 2. Januar 1941 war ich fest davon überzeugt, mein bisher schönstes Jahr in England würde beginnen.
    Ich hatte mich in der Schule eingewöhnt und fühlte mich wohl, Margaret und ich verbrachten viel Zeit miteinander, sie brachte mir den Lindy-Hop bei, einen amerikanischen Tanz; ich war gern bei ihr zu Hause und ihre Eltern waren immer sehr nett zu mir.
    Ich fühlte mich so wohl in der Schule, dass ich mich sogar mit dem schrecklichen Essen in der Schulmensa abfand. In meinem Tagebuch hatte ich mir dazu am 12. Januar 1941 notiert: Rindfleisch, Kartoffeln und Kohl, sowie eine Raupe, die sich unter den Kohlblättern versteckt hatte!!
    Inzwischen waren Gasmasken ein fester Bestandteil unseres Alltags, und ich hatte schnell gelernt, wie man sie aufsetzte und abnahm.
    Der 16. Januar war ein schlimmer Tag: eine Brandbombe fiel auf die altehrwürdige Perse-Schule, doch Iris und Carole blieben unversehrt.
    Und obwohl ich es damals nicht wusste, mussten meine lieben Eltern in Deutschland weitaus schlimmere Dinge erleiden.
    Doch da ich nicht ahnte, was über sie hereingebrochen war, schickte ich ihnen von Januar 1941 bis Oktober 1942 weiterhin fröhliche, sehnsüchtige Rotkreuznachrichten, die stets voller Hoffnung waren.
    10. Januar 1941
    Habe mich über Brief gefreut, auch den vom November. Alles gut, schöne Weihnachten, viele Geschenke. Schöne Ferien. Grüße und Küsse. Denke immer an Euch, Marion
    Von meiner Mutter (und im Rückblick würde ich sagen, es war eine der schmerzlichsten Rotkreuznachrichten, die ich jemals erhalten habe):
    7. März 1941
    Novemberbrief

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