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Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport

Titel: Ich war ein Glückskind - mein Weg aus Nazideutschland mit dem Kindertransport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Nachricht bald erhalten.
    Liebes Tagebuch,
    heute, am 13. Oktober 1940, habe ich etwas sehr Schönes gehört. Prinzessin Elizabeth – die von ihren Eltern Lillibet genannt wird, wie ich gelesen habe – hat im Rundfunk gesprochen.
    Sie hat eine so hübsche, entzückende Stimme und sieht auch richtig süß aus. Ihre kleine Schwester, Prinzessin Margaret, ebenfalls.
    Was Prinzessin Elizabeth gesagt hat, fand ich so schön, dass ich hinterher alles aufgeschrieben habe, was ich noch wusste. Zum einen, um es nie zu vergessen, und zum anderen, um es meinen Eltern zu zeigen, wenn die Welt wieder frei ist und sie endlich zu mir nach England kommen können.
    Meine Eltern werden sich bestimmt freuen, wenn sie hören, dass diese junge englische Prinzessin, die eines Tages Königin von England sein wird, so herzlich zu ihren Untertanen gesprochen hat, speziell zu ihren Altersgenossen.
    Und das hat sie gesagt:
    »Wenn ich zu euch allen Guten Abend sage, habe ich das Gefühl, dass ich zu Freunden und Gefährten spreche, die zusammen mit meiner Schwester und mir schon so oft die Kindersendung »Children’s Hour« auf BBC gehört haben.
    Tausende von euch in diesem Land mussten euer Heim verlassen und euch von euren Eltern trennen. Meine Schwester Margaret Rose und ich fühlen mit euch, denn wir wissen aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, von den Menschen getrennt zu sein, die man am allermeisten liebt. Euch, die ihr in einer neuen Umgebung lebt, senden wir eine Botschaft aufrichtigen Mitgefühls, und gleichzeitig möchten wir den freundlichen Menschen danken, die euch in unserem Land in ihre Familien aufgenommen haben.
    Wir, die Kinder, die zu Hause bleiben durften, denken ständig an unsere Freunde und Verwandten, die nach Übersee gegangen sind – die oft Tausende von Meilen gereist sind, um für die Kriegszeiten ein Heim zu finden, und die in Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und den Vereinigten Staaten von Amerika herzlich aufgenommen wurden.
    Meine Schwester und ich wissen viel über diese Länder. Unsere Eltern haben uns von ihren Reisen in verschiedene Regionen der Welt erzählt. Deshalb fällt es uns nicht schwer, uns vorzustellen, was für ein Leben ihr dort führt, und wir stellen uns auch vor, was ihr dort alles an Neuem zu sehen bekommt und welche Abenteuer ihr bestimmt erlebt.
    Aber ich bin mir sicher, dass ihr auch oft an eure alte Heimat zurückdenkt. Ich weiß, dass ihr uns nicht vergessen werdet; und weil wir euch ganz bestimmt nicht vergessen werden, möchte ich euch im Namen aller Kinder hier in England unsere lieben und besten Grüße schicken – euch und auch euren freundlichen Gasteltern.
    Bevor ich schließe, darf ich euch noch wahrheitsgemäß sagen, dass wir Kinder in England fröhlich und voller Zuversicht sind. Wir tun, was wir können, um unsere tapferen Soldaten zur See, auf dem Land und in der Luft zu unterstützen, und wir versuchen auch, unseren Teil an Gefahr und Trauer über den Krieg mitzutragen. Ein jeder von uns weiß, dass es gut ausgehen wird; denn Gott ist mit uns und wird uns den Sieg und Frieden schenken. Und wenn dann Frieden herrscht, denkt daran, dass es an uns, den Kindern von heute, liegt, die Welt von morgen zu einem besseren und glücklicheren Ort zu machen.
    Meine Schwester sitzt hier neben mir und wir beide möchten euch allen eine gute Nacht wünschen.
    Auf, Margaret.
    Gute Nacht, Kinder.
    Radioansprachen wie die der jungen Prinzessin Elizabeth und die von Winston Churchill gaben mir immer viel Trost.
    Weniger schön fand ich es, dass ich mit Auntie, Iris und Carole zusammen am Kamin saß, wenn das Radio lief.
    Stimmt, wir hörten uns diese Ansprachen gemeinsam an, doch wenn Auntie oder die Mädchen Kommentare machten wie: »Wir können uns glücklich schätzen, dass wir so süße Prinzessinnen haben«, verspürte ich immer eine Kluft zwischen uns.
    Aber es gab auch ein paar Dinge, für die ich Auntie dankbar war.
    Irgendwie mochte ich sie – trotz ihrer Ticks und ihrer exzentrischen Art.
    Immerhin nahm sie mich jeden Samstag mit ins Theater oder ins Kino, überredete mich zu Scharaden, wenn Besucher da waren, und an einem Abend Ende Oktober 1940 rief sie mich kurz vor dem Abendessen ins Wohnzimmer …
    Liebes Tagebuch,
    manchmal denke ich, dass Auntie mich doch mag.
    Als ich heute ins Wohnzimmer kam, saßen Iris und Carole bereits in den großen roten Samtsesseln am Kamin und warteten auf ihre Mutter.
    Ich setzte mich zu ihnen auf einen Schemel.
    Auntie schwebte

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