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Ich war Hitlerjunge Salomon

Ich war Hitlerjunge Salomon

Titel: Ich war Hitlerjunge Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Perel
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verbrachte, stets zugute gehalten werden.
    Jeder wußte, was er zu tun hatte, und die Schüler bil-
    deten rasch Viererreihen. Der Scharführer bat mich, mich
    ihnen noch nicht anzuschließen, sondern auf das Eintreffen
    des Heimführers zu warten. Mir war klar, daß der erste Ein-
    druck über alles entschied.
    Als der Heimführer aus dem Haus kam, deutete er auf mich,
    nannte laut meinen Namen und meine deutsche Herkunft,
    so daß alle es hörten. Dann gab er eine genaue Schilderung
    meiner »kriegerischen« Vergangenheit und hob hervor, daß
    mich der Kommandant meiner Einheit hergeschickt habe,
    damit ich meine Ausbildung fortsetzte und die Kenntnisse
    über mein Vaterland vertiefte. Alle hätten daher Befehl, mir
    behilflich zu sein. Im Grunde meines Herzens wußte ich, daß
    dieses ganze Gerede über meinen Beitrag zum Rußlandfeldzug,
    über die Tapferkeit, die ich, ein halbes Kind noch, bewiesen
    hätte, über meine Bereitschaft, für Führer undVolk mein
    Leben zu opfern, dummes, hohles Geschwätz war. Nur dem
    Teufel konnten solche Albernheiten einfallen. Aber in meiner
    seelischen Not waren diese Ermunterungen Balsam für mich.
    Gestehen muß ich aber auch, daß ich bald anfing, an
    mein eigenes Lügengespinst zu glauben und mich damit zu
    identifizieren.
    »Rechts, rechts, vorwärts, marsch!« kommandierte der Schar-
    führer. Man befahl mir, in der letzten Reihe aufzuschließen.
    Ja, es ist wahr, ich verfiel in ihren Tritt … ich paßte mich
    ihrem Rhythmus an …
    Ohne Weisung, wie selbstverständlich stimmten alle begei-
    stert ein Lied an. Ich kannte die Lieder Auf der Heide wächst
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    ein Blümelein, das heißt Erika oder die Lorelei undsummte sie innerlich mit.
    Plötzlich hielt ich inne, spitzte die Ohren, denn es folgte
    ein Lied, das ich noch nie gehört hatte:
    Die Juden zieh’n dahin, daher
    Sie zieh’n durchs Rote Meer
    Die Wel en schlagen zu
    Die Welt hat Ruh’.
    Sie hatten Gott den Auszug aus Ägypten, daß er seine Kinder
    trockenen Fußes über das Meer geleitete, anstatt sie in den
    Fluten zu ertränken, immer noch nicht verziehen. Als wir uns
    dem Speisesaal näherten, begannen sie ein neues Lied. Ich
    hörte die schrecklichsten und mörderischsten Verse, die der
    Menschheit je eingefal en sind: »Erst wenn vom Messer spritzt
    das Judenblut, dann geht’s uns nochmal so gut.«
    Man sang dieses Lied, während man sich an einen
    reich gedeckten Tisch begab. Würde ich überhaupt etwas
    hinunterbekommen?
    Etwas Heilloses, ein barbarisches, unmenschliches Odium
    haftete diesem Gesang an. Das Hämmern ihrer genagelten
    Stiefel war weithin vernehmbar. Entsetzt flohen Mil ionen von
    Menschen vor ihnen. Sie verhießen Besatzung und Zerstörung,
    getreu ihren Worten: »Wir werden weiter marschieren, bis
    alles in Scherben fällt. Heute gehört uns Deutschland und
    morgen die ganze Welt.«
    In diesem machtvollen Rhythmus erreichten wir den
    Speisesaal … Der Saal, dessen Akustik es mit der einer Ka-
    thedrale aufnehmen konnte, war der ganze Stolz der Schule.
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    Wandmalereien stellten Wikingerhelden, flammende Haken-
    kreuze, Gewehre, Blumen und Pflüge dar … Die riesige Hal e
    faßte bis zu hundert Schüler. Mir fiel auf, daß sich niemand
    setzte. Alle standen kerzengerade an den Tischen, den Blick
    auf eine kleine Empore gerichtet, die sich unterhalb der ho-
    hen Decke an der Stirnseite des Saales befand. Dort thronte
    der diensthabende Heimführer hinter einem Mikrophon und
    machte Anstalten zu sprechen. Er setzte eine feierliche Miene
    auf und wartete, bis das letzte Flüstern verstummt war. Ich
    fragte mich, welche Andacht sie hier wohl inszenieren würden,
    und schielte zu meinem Nebenmann hinüber, um sofort jede
    Geste und jede Lippenbewegung nachzuahmen.
    Es herrschte Totenstille. Der Heimführer ergriff das Wort.
    Die Akustik verstärkte sein Stimmvolumen. Ich hatte Mühe,
    mich zu konzentrieren und das Gesagte zu verstehen. Das Lied
    vom Judenblut, das vom Messer spritzt, klang mir noch in den
    Ohren. Ein paar Wörter schnappte ich auf: »Reinerhaltung
    der Rasse, stark sein, Lebensrecht …« Ich dachte: »Natürlich,
    alles Nazi-Vokabular!« Und wußte in diesem Moment nicht,
    daß ich dieselben Begriffe in den folgenden drei Jahren lernen
    und lehren würde …
    Er kam zum Schluß seiner Ansprache und wünschte gu-
    ten Appetit. Wir begannen zu essen. Man trug uns heiße
    Gemüsesuppe, Brötchen, Käse und Kunsthonig auf. Zum
    Nachtisch gab es Tee.
    Gerhard hatte sich

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