Ich war Hitlerjunge Salomon
Vaters. Mit vierzehn Jahren hatte
ich ihn verlassen müssen, mit vierundsechzig Jahren stand ich
an seinem Grab. Es schloß sich ein trauriger Lebenskreis. –
Mama wurde Anfang 1944 zusammen mit anderen Ghetto-
insassen zu einem Transport in einen abgedichteten Lastwagen
hineingezwungen, in den während der Fahrt die Auspuffgase
einströmten. Auf diese Weise zu Tode gekommen, wurden
alle in Chelmo bei Lodz in ein Massengrab geworfen. Und
mit ihnen auch meine selige Mutter.
David und Pola, die sich unter den letzten achthundert
Juden des Ghettos von Lodz befanden, wanderten nach der
Befreiung durch die Rote Armee über Italien nach Palästina aus.
Die beiden Urlaubstage waren rasch verstrichen, und ich
fand mich wieder im Militärlager von Beth-Lid ein. Nachdem
wir uns ein wenig an die glühende Hitze und das trockene
Dornengestrüpp gewöhnt hatten, stiegen wir in einen Om-
nibus der Eged , der israelischen Verkehrsgesellschaft. Über
den kurvenreichen »Burma-Weg« erreichten wir das belagerte
Jerusalem. Dort wurde ich Soldat im Regiment 68 der Jeru-
salemer Division unter Führung von Mosche Dayan.
Ein neues Kapitel war aufgeschlagen worden. Aber diesmal
würde ich es mit Tausenden anderer Einwanderer teilen. Ich
wußte:
Ihr sol t leben …
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„So unglaublich es auch klingt, es ist
eine wahre Geschichte, die Sal y Perel
erzählt.“
münchner merkur
„Der phantasievol ste Drehbuchschrei-
ber würde sich heute nicht trauen, eine
solche abenteuerliche Zeitstory zu er-
finden, aber die Geschichte, die hier
erzählt wird, ist wahr.“
zdf
„Sie haben diese Geschichte sehr lange
bei sich behalten, bis Sie sie erzählt ha-
ben. Haben Sie al die Zeit gewußt, oder
zumindest geahnt, daß Sie da einen
Weltbestsel er mit sich herumtragen?“
hermann schreiber in der ndr-talkshow
„Ich bin der Jude Sally! Ich war der Hitlerjunge
Jupp!“ Das Undenkbare war Wirklichkeit: Hit-
lerjunge Salomon. Der Jude Sally Perel rettete
sein Leben in der Haut des Feindes als Hit-
lerjunge Josef Perjell. Das war keine gezielt
gewählte Tarnung, um zu überleben. Wenn
das Wort Schicksal Bedeutung hat, dann wohl
in diesem Fall: 1925 wurde Salomon Perel im
niedersächsischen Peine geboren. Als Zehnjähriger weicht er mit
seiner Familie der braunen Gefahr und zieht nach Lodz. Nach dem
Einmarsch der deutschen Truppen in Polen flieht er mit seinem
Bruder nach Rußland. Die Eltern bleiben im Ghetto zurück, wo
sie später umkommen. Bei Beginn des Blitzkriegs gegen Rußland
fällt er in die Hände der deutschen Wehrmacht. Den sicheren
Tod vor Augen, erklärt er: „Ich bin Volksdeutscher.“ So wurde aus
Sally Perel Josef Perjell. Die Soldaten erkoren ihn zum Liebling der
Kompanie. Er wurde nicht nur angenommen, er nahm auch selbst
die neue Rolle an und wurde zum Hitlerjungen. Das ist der Stoff,
aus dem unter der Regie von Agnieszka Holland der Film entstand
– preisgekrönt und vieldiskutiert. Das Buch „Ich war Hitlerjunge
Salomon“ ist die autorisierte Autobiographie des Sally Perel, der
hier über die Schilderung seiner aberwitzigen Erlebnisse hinaus
auch seine Gedanken und Gefühle offenlegt,
seine Zerrissenheit beschreibt, den inneren
Kampf mit dem Hitlerjungen Jupp, der er
wirklich war. Aus der Distanz von mehr als
vierzig Jahren versucht er, die Ereignisse zu
reflektieren und zu bewerten. Dabei blickt er
nicht nur zurück, sondern sucht die Spuren
der Vergangenheit auch im Heute.
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