Ich war nur kurz bei Paul
fallen zu lassen und wegzulaufen. Damit würde er sich jedoch eine nicht wieder gut zu machende Blöße geben. Ging also nicht!
Er ließ das Fahrrad fallen, den Rucksack dazu und stellte sich in Verteidigungspose.
»HALT!«
War das nicht die Stimme von Paul? Was hatte der hier zu suchen? Mit dem altvertrauten Quietschen seiner Bremsen kam Paul am Bordstein zum Stehen. Er war im Rücken der Gang aufgetaucht; Ralf hatte ihn nicht Kommen sehen. Karlchen war nicht dabei.
Die drei blieben überrascht stehen und sahen Paul an. Der verzog keine Miene des Erkennens. »Maik Luckner, wenn ich nicht irre? Das bist du doch, oder?« Maik kniff die Augen zusammen. »Was willst du, Alter? Scher dich um deinen eigenen Dreck!«
»Was hat der Junge euch getan?«
»Unsere Maschinen sabotiert!«
»Nee, da müsst ihr euch schon einen anderen Täter suchen, wenn ihr den Mut habt. Ich hab nämlich gesehen, wie einer von Todds Leuten an euren Knatter-Dingern 'rumhantierte.«
»Todds Bande?« Maik hob in fassungsloser Geste die Hände. »Aber mit denen haben wir doch Waffenstillstand!«
»Tja, ich kann nur sagen: Was ich gesehen habe, hab ich gesehen, und auf meine Augen kann ich mich noch immer verlassen!«
Das war nun eine gänzlich neue Lage. Die musste erst besprochen werden. Urplötzlich schienen die drei Ralf vergessen zu haben und gingen verunsichert zu ihren Maschinen zurück. Paul trat wieder in die Pedale und verschwand grußlos. Ralf verstand augenblicklich: Paul hatte so getan, als ob sie sich nicht kannten. War der ausgebufft!
Ralf nahm seinen Rucksack auf und schob sein Fahrrad mit angehobenem Vorderrad weiter. Er drehte sich nicht mehr um. Er war noch keine fünfhundert Meter weit gekommen, als neben ihm ein grauer Kombi anhielt. Zu seinem Erstaunen sah er, dass seine Klassenlehrerein, Frau Böhmer, dem Fahrzeug entstieg.
»Hallo, Ralf! Was ist passiert?« Sie schaute fragend auf das demolierte Fahrrad. »Hattest du einen Unfall, oder hat etwa Maik etwas damit zu tun? Ich habe ihn und seine Freunde dahinten an ihren Mofas hantieren sehen.«
Ralf wurde augenblicklich verlegen und begann zu stottern. Er konnte Frau Böhmer dabei nicht in die Augen sehen. »Äähm, das war so, ich bin gestürzt. Hab nicht aufgepasst.«
»Und dabei sind dir auch die Ventile aus den Reifen geflogen, was? Ralf, sieh mich an! Was ist geschehen?«
Ihr Ton hatte jetzt eine Bestimmtheit, der Ralf nichts entgegenzusetzen hatte.
»Naja, wir hatten ein wenig Ärger miteinander, nichts Wichtiges, Frau Böhmer!« Ralf versuchte, ihrem Blick standzuhalten - nach wenigen Sekunden ging es nicht mehr, und er musste zu Boden blicken.
Frau Böhmer wirkte einen Moment unentschlossen. »Okay, dann komm! Wir laden dein Fahrrad ein! Ich fahre dich nach Hause. Das ist ja viel zu anstrengend, mit angehobenen Vorderrad und dem Rucksack heimzukommen. Sie hatte die Heckklappe bereits geöffnet und half beim Einladen. Bevor Ralf auf dem Beifahrersitz Platz nehmen konnte, musste sie erst einen Stoß Unterlagen vom Sitz nach hinten, auf die nun umgeklappte Rücksitzlehne befördern.
»So, jetzt kannst du einsteigen, und schnalle dich bitte an! Wo wohnst du?« »Mecklenburger Straße 11b«, antwortete er.
Während der kurzen Fahrt sprach sie nicht. Erst als sie vor der angegeben Adresse hielt, stellte sie den Motor ab und hielt Ralf, der bereits die Tür öffnen wollte, an der Schulter zurück. »Ralf, mir machst du nichts vor; Maik hat etwas mit der Sache zu tun, aber du willst kein Petzer sein. Das ehrt dich! Vielleicht bewerte ich das Ganze ja auch über. Willst du mir jetzt nicht doch berichten, was los ist?« Sie sah ihm ins Gesicht. Hinter ihnen hielten Autos, die wegen des Gegenverkehrs erst warten mussten, dann fuhr einer nach dem anderen mit vorwurfsvollem Blick an ihnen vorbei.
Ralf schüttelte langsam den Kopf. Nein, er wollte nicht bei Frau Böhmer auspacken! Wer weiß, was dann daraus wurde? Das musste er schon allein durchstehen. Außerdem schien die Sache ja jetzt, dank Pauls Eingreifen, zunächst einmal ausgestanden zu sein. Da konnte Frau Böhmer nicht helfen. »Na, schön!« Frau Böhmer seufzte und schickte sich an auszusteigen, um beim Ausladen zu helfen. »Du kannst dich jederzeit an mich wenden, wenn du Ärger hast. Jederzeit, Ralf!« Er nickte stumm. Sie luden das Fahrrad aus, und Ralf bedankte sich bei ihr für die Mitnahme. Dann fuhr sie
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