Ich war nur kurz bei Paul
»Ja, natürlich, Herr Burgmann, und vielen Dank auch!«
Ralf raste los, zwanzig Minuten später saß er schon Paul gegenüber. Der war nach Ralfs Bericht und dem Anblick von Karlchen mit seinem Bildzeitungskragen völlig aus dem Häuschen.
»Der will Lösegeld, Paul! Was soll ich dem schreiben?«
»Biete ihm hundert Euro !« Ralf tippte. Als die Nachricht versendet war, warteten sie und ließen das Telefon nicht aus den Augen. Aber diesmal schien sich der Kidnapper Zeit lassen zu wollen. »Wieso bist du eigentlich zu dieser Zeit hier? Hast du keine Schule?« Erst jetzt schien es Paul aufzufallen, dass Ralf zu dieser Zeit noch niemals bei ihm gewesen war. »Der Schulleiter hat mir frei gegeben!«
»Du hast ihm von Karlchen berichtet - und von mir?«
»Klar, warum nicht. Hab ihm gesagt, dass du mein Opa bist.« Gerührt hielt Paul inne und umfasste Ralfs Hand, drückte sie sanft. Nach einer geschlagenen Stunde hielten sie die Ungewissheit nicht mehr aus. Paul ergriff das Wort. »Die wollen sicher mehr Geld. Biete ihnen hundertfünfzig Euro !« Ralf tippte erneut. Diesmal kam sofort Antwort:
IST EIN SCHERZ, ODER?
Ralf begann zu weinen. Verzweiflung breitete sich in ihm aus. Was würden sie mit Karlchen anstellen? Ihn quälen?
»SAKRA!« Erschrocken blickte Ralf zu Paul, der nun aufgestanden war und mit der Faust auf den Tisch schlug, dass der Teelöffel der Tasse herunterfiel. »Das ist kein Dummer-Jungen-Streich mehr, das ist ein Verbrechen! Schreib ihnen: Zweihundert !«
NIX DA! DREIHUNDERT - HEUTE NOCH!
Kam prompt die Antwort.
Paul keuchte, an seiner Schläfe trat eine Ader gefährlich pulsierend hervor. »Schluss jetzt mit der Narretei! Schreib ihm: Wir gehen zur Polizei!«
DANN IST DER KÖTER TOT! 300 UNTER DER BLAUEN MÜLLTONNE BEIM ECK-KIOSK, UM VIERZEHN UHR!
»Das ist ja schon in anderthalb Stunden! Komm, wir müssen zum Bankautomaten!«
»Vielleicht sollten wir doch zur Polizei gehen, und die nehmen den dann fest, wenn er das Geld holt.«
»Der hat garantiert einen Komplizen. Wenn die den Boten festnehmen, bringt der andere mein Karlchen um. Nein, auf keinen Fall! Da müssen wir jetzt durch! Andererseits, die wissen ja nicht, dass ich auch einen Komplizen habe...«
Paul schien eine Idee zu kommen. Er begann, aufgeregt im Atelier im Kreis herumzulaufen. »Ja, da kommt mir doch ein Gedanke. Die beobachten garantiert die Mülltonne und ob ich wieder zurück zu meinem Atelier gehe. Der Kiosk ist um diese Zeit geschlossen, Hugo isst dann zu Mittag und macht erst wieder gegen drei Uhr auf. Ralf, du legst dich auf die Lauer und beobachtest ebenfalls die Mülltonne! Verbirg dich in einem der Haus-Eingänge der gegenüber liegenden Häuser! Am besten jetzt schon! So früh werden die Gangster noch nicht dort sein. Ich hole das Geld vom Automaten und du passt auf, wer es abholt! Vielleicht kannst du mit deinem Handy sogar ein Foto von dem Burschen machen. Dann warten wir ab, was passiert. Sobald die Luft rein ist, wartest du noch, sagen wir eine Viertelstunde, dann kommst du zu mir, okay?«
»Hm, ja ist gut, Paul. Aber ein mulmiges Gefühl habe ich doch.«
»Brauchst du nicht! Sollst mal sehen - die kriegen wir, diese Gangster!« Sie machten sich auf den Weg. Vor dem Haus trennten sich ihre Wege. Ralf fuhr Richtung Kiosk. Der hatte schon geschlossen und Ralf suchte nach einem passenden Versteck für sein Mountainbike, fand es im Hof hinter einer Tordurchfahrt und ging von hinten in das ihm unbekannte Mietshaus hinein. Er erklomm die drei Stockwerke und legte sich oben, im Bodengeschoss, auf die Lauer.
Von hier aus konnte er den Kiosk und die blaue Mülltonne gut sehen. Hier oben würde ihn wahrscheinlich auch kein misstrauischer Mieter entdecken. Die Zeit verstrich quälend langsam. Nichts geschah. Es gingen einige Leute unten vorbei: Eine Mutter mit Kinderwagen, ein verliebtes Pärchen, später eine Horde Jugendlicher mit Bierflaschen in der Hand. Ralfs Herz pochte bis zum Hals. Aber niemand benahm sich irgendwie wirklich verdächtig.
Es war noch nicht ganz zwei Uhr, da sah er Paul zu Fuß herankommen. Er blieb bei der Tonne stehen, tat so, als würde er Papier hineinwerfen und bückte sich dann, als wäre ihm etwas daneben gefallen, richtete sich wieder auf, klappte noch einmal den Deckel der Tonne auf und zu und ging anschließend zurück.
Jetzt kam es darauf an! Ralf drückte sich noch
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