Ich war nur kurz bei Paul
näher an das Fensterglas, sein Handy schussbereit in der Hand. Es verstrichen ungefähr fünf Minuten. Da hörte er das aufdringliche Geräusch eines frisierten Mofas. Ralf stockte der Atem, als er den behelmten Fahrer an der Tonne anhalten und absteigen sah.
Rasch zog dieser das Kuvert mit dem Geld unter der Tonne hervor, sah hinein und zog dann aus seinem Rucksack einen Jutesack hervor, den er in die Tonne fallen ließ. Dann röhrte der kleine Motor wieder auf, der Spuk war vorbei. Ralf hatte aufgeregt drei Fotos geschossen. Nun stürzte er die Treppen hinab. In dem Bündel konnte nur Karlchen sein!
Als er den Deckel aufklappte sah er den strampelnden Jutesack. Gott sei Dank, er lebt. Ralf riss das Band auf und heraus kam Karlchens fiependes und winselndes Gesichtchen. Freudig leckte er Ralf stürmisch über das Gesicht, und Ralf fiel ein riesengroßer Stein der Erleichterung von seinem Herzen. Karlchen lebte und war anscheinend wohlbehalten! Nur das war jetzt wichtig!
Innig hielt er den Hund an sein Gesicht gedrückt und tätschelte ihm beruhigend den Rücken. »Ist ja gut, mein Kleiner. Ist ja gut. Du bist wieder in Sicherheit.« Mit dem Hund auf dem Arm und dem Jutesack dazu, lief Ralf, so schnell er konnte, zu Pauls Atelier. Das Mountainbike musste warten. Paul stand wartend vor dem Hauseingang und war völlig verblüfft, jetzt schon Ralf auf sich zu rennen zu sehen. Er hatte doch noch eine Viertelstunde abwarten sollen.
Die Erklärung dafür aber sah er auf Ralfs Armen zappeln, und ein grenzenloser Ausdruck der Erleichterung bemächtigte sich seiner angestrengten Gesichtszüge. Sie fielen sich in den Arm, und es war nicht zu erkennen, wessen Freude am größten war. Schließlich befahl Paul: »Lass uns 'raufgehen! Der arme Kerl braucht bestimmt erst einmal eine kleine Stärkung. Wer weiß, ob ihm der Gangster überhaupt etwas zu fressen gegeben hat?«
Oben im Atelier ließen sie Karl das erste Mal vom Arm herunter. Er hinkte ein bisschen auf der linken Vorderpfote aber sonst schien er unversehrt zu sein. Paul riss eine Fleischbüchse auf und füllte damit den Futternapf. »Komm her, mein Kleiner! Jetzt friss dich erst einmal richtig satt! Paul füllte eine zweite Ration hinzu und Karlchen machte sich gierig darüber her. Sie setzten sich und sahen ihm dabei erleichtert zu.
»Wer hat das Geld abgeholt? Hast du fotografieren können?«
»Ja, ein Typ auf'm Mofa war das. Hier kannst du ihn dir ansehen!« Ralf hielt Paul das Display vor die Nase. Paul kniff die Augen zusammen. »Wie zoomt man das Bild heran?« Ralf betätigte den kleinen Joystick und jetzt sahen sie es beide: Auf dem Helm des Täters prangte unübersehbar ein Monster-Totenschädel.
Kapitel 14
Herr Burgmann rief am späten Nachmittag desselben Tages an und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Er war erleichtert zu hören, dass die Sache mit Karlchen glimpflich ausgegangen war, ordnete aber trotzdem an, dass Ralf am nächsten Tag, zu Beginn der Großen Pause, in sein Büro kommen sollte - zwecks ausführlicher Berichterstattung . Ralf solle auch nicht vergessen, sein Handy als Beweisstück mitzubringen.
Nach dem Telefonat fühlte sich Ralf elend. Das hörte sich ganz danach an, als ob der Schulleiter die Sache an die Große Glocke hängen wollte, und das war ihm ganz und gar nicht recht.
Tiefes Unbehagen vor Maiks möglicher Rache saß Ralf in den Knochen. Schließlich hatte dieser ja gerade bewiesen, zu welch kriminellen Aktionen er und vermutlich auch seine beiden Komplizen fähig waren. Paul hatte doch ebenfalls bekräftigt, dass er wegen dieser Sache keine Anzeige bei der Polizei erstatten wollte.
Am nächsten Tag, auf dem Weg in die Schule, überlegte er fieberhaft, wie er die Sache am besten darstellen konnte. Das mit den Fotos, wollte er verschweigen, denn sonst wäre garantiert sofort die Hölle los.
Ja, genau! Er würde sagen, dass er den Typen auf dem Mofa nicht erkannt hätte, dann würde es schon passen. Er musste Herrn Burgmann deutlich machen, dass Paul kein Aufsehen wollte und keine Anzeige erstatten würde. Vielleicht ging es ja doch noch gut und der Schulleiter gab sich damit zufrieden.
Wirklich glauben mochte Ralf das jedoch nicht - und sein Gefühl sollte recht behalten: Als er, mit vor Aufregung heftig klopfendem Herzen, das Büro von Herrn Burgmann betrat, war dieser nicht allein: Ein Mann und eine Frau saßen bereits auf den
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