Ich weiss, dass du luegst
Verdächtigen auftritt, wie es bei Desdemona der Fall war. Selbst wenn es offensichtlich scheint, dass unterschiedliche Emotionen ins Spiel kommen, je nachdem ob der Verdächtige ehrlich ist oder lügt, können die Verhaltenshinweise zweideutig sein. Vielleicht kommt kein einziger Verhaltenshinweis präzise genug an die Gefühle heran, die den Lügner von der glaubwürdigen Person unterscheiden. In den folgenden Beispielen kann der Lügenermittler die Täuschungshinweise, bei denen Emotionen im Spiel sind, nicht nutzen:| c wenn nicht genügend Wissen vorhanden ist, um die auftretenden Empfindungen einzuschätzen; wenn die Einschätzung lautet, dass dieselben Emotionen zum Ausdruck kommen, ganz gleich, ob der Verdächtige lügt oder ehrlich ist; oder wenn unterschiedliche Gefühle beim Lügner oder bei der ehrlichen Person auftreten, aber die Verhaltenshinweise zweideutig sind.
Nur wenn der Lügenermittler erkennt, dass er sich in einem solchen Dilemma befindet, kann er verhindern, die Wahrheit zu bezweifeln, und sich angemessen davor schützen, von Lügnern hinters Licht geführt zu werden, indem er eine Lüge glaubt. Natürlich tragen manchmal die Analysen, welche Emotionen der Lügner beziehungsweise der Verdächtige empfinden könnte, zur Überführung eines Lügners bei. Wie am Beispiel des Winslow Boy erläutert, kann diese Analyse die Hinweise herausstellen, die unzweifelhafte Zeichen für Ehrlichkeit oder Betrug sind, was dem Lügenermittler die Arbeit erleichtert, weil er auf das relevante Verhalten aufmerksam gemacht wird.
Die Erklärung der Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen beim Aufdecken von Täuschungen hat sich bis jetzt nur mit Situationen beschäftigt, in denen der Verdächtige weiß, dass man ihn der Lüge bezichtigt. Allerdings ahnen ehrliche Menschen womöglich nie, dass einmal jedes Wort, das sie äußern, jede Geste und jedes Zucken in ihrem Gesicht von jemandem gemustert wird, der sie einer Lüge verdächtigt. Andererseits glauben manche ehrlichen Menschen, sie seien in den Fokus solch einer Untersuchung geraten, obwohl diese Befürchtung gegenstandslos ist. Lügner wissen nicht immer, ob ihre Opfer vermuten, dass sie getäuscht werden. Eine kunstvoll formulierte Ausrede, die den Verdacht eigentlich zerstreuen soll, kann dafür sorgen, dass ein bislang vertrauensvolles Opfer misstrauisch wird. Zielpersonen, die vermuten, dass sie betrogen werden, lügen jetzt vielleicht selbst, um ihren Verdacht zu verheimlichen und den Lügner zu einem falschen Schachzug zu bewegen. Es gibt weitere Gründe, warum ein Opfer den Lügner in Sicherheit wiegen will. In der Spionage wird die Enttarnung eines Spions womöglich verheimlicht, um mit Hilfe dieses Spions dem Feind falsche Informationen unterzuschieben. Andere Opfer verheimlichen möglicherweise ihre Entdeckung, hinters Licht geführt worden zu sein, drehen vergnügt den Spieß um und beobachten eine Zeitlang, wie der Lügner seine Geschichten weiterspinnt, ohne zu ahnen, dass sein Opfer bereits weiß, dass alles Lüge ist.
Dem Lügenermittler kann es schaden oder nützen, wenn der Verdächtige nicht weiß, dass er der Lüge bezichtigt wird. Wenn ein Lügner nicht glaubt, dass ein misstrauisches Opfer jeden seiner Schritte genauestens verfolgt, verwischt er seine Spuren nicht, ahnt Fragen nicht voraus, denkt sich keine Ausreden aus, übt den Text nicht ein und ist in vielerlei Hinsicht nicht vorsichtig genug. So vergeht die Zeit, und es sieht ganz so aus, als habe sein Opfer die Lüge ganz und gar geschluckt. Der Lügner ist jetzt vielleicht so entspannt, dass ihm aus übersteigertem Selbstvertrauen Fehler unterlaufen. Dieser Gewinn für den Lügenermittler wird durch die Wahrscheinlichkeit ausgeglichen, dass ein durch übersteigertes Selbstbewusstsein schlampig gewordener Lügner wahrscheinlich nicht viel Furcht vor Entlarvung empfinden wird. Flüchtigkeitsfehler haben einen Preis: Sie gehen auf Kosten von Fehlern, die aus Angst vor Entlarvung entstehen. Die Verhaltenshinweise auf Täuschungen werden nicht nur von gezeigter Furcht vor Entdeckung hervorgerufen, sondern es gehen dabei auch die verwirrenden Wirkungen dieser Angst verloren, die, ähnlich wie übersteigertes Selbstvertrauen, die Planung verschlechtern kann. Der wahrscheinlich wichtigste Verlust ist die quälende Furcht, erwischt zu werden, die möglicherweise nicht stark genug sein wird, um zu einem Geständnis zu führen, wenn der Lügner nicht vermutet, dass ihm jemand auf den Fersen
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