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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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gestohlen?»), hat er sich aus der Gefahrenzone hinausmanövriert, wird als Nichtlügner eingestuft und des Verbrechens für nicht schuldig erklärt. Es ist der Dieb und nicht die unschuldige Person, von dem eine stärkere Erregung bei der 750-Dollar- Frage erwartet wird, weil sie sich unmittelbar auf das Verbrechen bezieht.
    Wenn die Polygraphenprüfung funktionieren soll, muss die Kontrollfrage die unschuldige Person erregen - zumindest so sehr wie die Frage, die sich direkt auf das Vergehen bezieht -wenn nicht mehr. Man hofft dabei, den unschuldigen Verdächtigen dahin zu bringen, dass er sich mehr um die Kontrollfrage sorgt als um die verbrechensrelevante Frage. Das soll erreicht werden, indem man ihn in dem Glauben lässt, dass seine Antwort auf die Kontrollfrage tatsächlich von Bedeutung ist und seine Beurteilung beeinflusst. So könnte beispielsweise der Prüfer annehmen, fast jeder habe vor seinem achtzehnten Geburtstag schon einmal etwas mitgehen lassen. Unter normalen Umständen geben manche Leute eine solche frühe Tat zu. Aber während eines Lügendetektortests hält sich der unschuldige Verdächtige zurück, weil der Prüfer ihn glauben ließ, dass das Eingeständnis einer solchen Verfehlung beweise, dass er zu den Leuten gehört, die die 750 Dollar stehlen würden. Der Vernehmer will ja die unschuldige Person zum Lügen bei der Kontrollfrage bringen. Sie soll leugnen, jemals etwas gestohlen zu haben, was nicht ihr gehörte. Der Prüfer erwartet, dass der unschuldige Verdächtige emotional aus der Fassung gerät, wenn es ums Lügen geht und sich dieser Umstand auf dem Ausdruck des Polygraphen niederschlägt. Wird der unschuldige Verdächtige dann mit der verbrechensrelevanten Frage konfrontiert - «Haben Sie die 750 Dollar gestohlen?» -, wird er ehrlicherweise nein sagen. Weil er nicht lügt, wird er auch nicht emotional erschüttert sein oder zumindest nicht so erregt, wie er es wäre, wenn er die Kontrollfrage mit einer Lüge beantwortete. Deshalb sollten dann auch die Ausschläge auf dem Ausdruck geringfügig sein. Auch der Dieb wird die Frage verneinen, ob er die 750 Dollar gestohlen habe, wird allerdings emotional erregter bei dieser verbrechensrelevanten Frage sein als während seiner Lügen bei der Kontrollfrage. Die polygraphischen Aufzeichnungen bei der unschuldigen Person werden eine größere emotionale Erregung bei der Frage «Haben Sie jemals gestohlen?» zeigen als bei der Frage «Haben Sie die 750 Dollar gestohlen?». Dieser Logik zufolge wird nur der Schuldige bei der 750-Dollar-Frage stärker emotional aufgewühlt sein.
    Die Kontrollfragentechnik vermeidet den Othello-Irrtum nur dann, wenn der unschuldige Verdächtige bei der Kontrollfrage emotional erregter ist als bei der Frage, die seine Schuld bei dem Verbrechen ermitteln will. Anderenfalls tritt der Fehler des Zweifels an der Wahrheit auf. Betrachten wir nun, wie ein solcher Fehler zustande kommt. Was könnte einen unschuldigen Verdächtigen dazu bringen, bei der relevanten Frage («Haben Sie die 750 Dollar gestohlen?») emotional erregter zu reagieren als bei der Kontrollfrage («Haben Sie vor Ihrem achtzehnten Lebensjahr jemals etwas gestohlen, das Ihnen nicht gehörte?»).| g Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, eine intellektuelle und eine emotionale. Der Verdächtige müsste eigentlich erkannt haben, dass sich die beiden Fragen trotz der Bemühungen des Prüfers, diese Tatsache zu verschleiern, voneinander unterscheiden. Dem unschuldigen Verdächtigen fällt vielleicht nur auf, dass es sich bei der Frage nach den 750 Dollar um ein aktuelleres und spezielles Ereignis handelt. Oder der unschuldige Verdächtige könnte herausfinden, dass es die relevante Frage ist, die ihn stärker bedroht. Dabei geht es offenbar um eine Angelegenheit, die eine Strafe nach sich zieht, während die Kontrollfragen Dinge aus der Vergangenheit ansprechen, die nicht mehr bestraft werden können.| h
    Der Lügendetektor könnte noch funktionieren, falls der unschuldige Verdächtige keine stärkeren emotionalen Reaktionen bei der Beantwortung bestimmter, bedrohlicher und verbrechensrelevanter Fragen zeigte. Betrachten wir einige der Gründe, warum manche unschuldige Verdächtige genau das Gegenteil tun und schuldig gesprochen werden, weil sie auf die relevanten Fragen emotionaler reagieren als auf die Kontrollfragen:

Die Polizei ist fehlbar: Nicht jeder, der ein bestimmtes Verbrechen begangen hat, muss einen Lügendetektortest absolvieren. Der

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