Ich weiß, ich war's (German Edition)
Bis ich gemerkt habe: Es geht nur darum, dass die da Männchen machen, damit ich gönnerhaft sagen kann: Komm, guck hier, haste ne Banane. Das habe ich vor Kurzem noch erlebt: wie eine reiche Europäerin aus dem Auto heraus den Kindern in Burkina Faso aufblasbare Fußbälle und Bleistifte vor die Füße warf.
Diese Fehler stecken halt alle in dem Versuch, Kontakt aufzunehmen. Auch ich habe so viele Fehler gemacht. Zum Beispiel bei »United Trash«, diesem Comic-Film, den ich dann 1995 in Simbabwe gedreht habe. Ich hatte mich wahnsinnig aufgeregt über die UN-Soldaten, die einfach abgehauen waren, als es in Ruanda brenzlig wurde, und nur noch die Weißen ausgeflogen hatten. Da habe ich mir zusammen mit Oskar Roehler eine Geschichte ausgedacht, die ziemlich daneben war: Ein schwuler deutscher UNO-General, gespielt von Udo Kier, ist in Afrika tätig und schenkt dem afrikanischen Diktator eine V2-Rakete von Adolf Hitler, um an Heiligabend den amerikanischen Präsidenten zu töten. Jesus Peter Panne, das Kind des Generals und seiner Frau, hat eine Pussy auf dem Kopf, aus der unglaubliche Energie strömt. Der Diktator kommt auf die Idee, dieses Kind als Antrieb für die V2 zu benutzen. Vorherige Versuche, Schwarze mit Benzin zu übergießen, hatten nicht geklappt. Aber die Energie von Jesus Peter Panne reicht. Mit ihm und seiner Mutter fliegt der Diktator also zum Präsidenten und vernichtet an Heiligabend das Weiße Haus.
Was für ein Quatsch! Den Quatsch kann man vielleicht ganz lustig finden, aber im Kern ist der Film total missraten, weil ich Afrika nur benutzt habe. Man kann sich vorstellen, dass auch die Dreharbeiten nicht gut ausgegangen sind. Obwohl erst einmal alles toll war: viel möglich für wenig Geld, jede Menge Darsteller, großes Team. Aber ich war zum Beispiel von dem Gedanken besessen, bei Sonne zu drehen, weil Afrika gleich Sonne. Also habe ich gewartet und gewartet, total lächerlich, da längst die Regenzeit im Anmarsch war. Ich hab einfach gar nichts kapiert. Und dann kam der Tag, als wir das schwarze Continuity Girl gefeuert haben. Sie war wirklich unfähig, Anschlussfehler über Anschlussfehler, aber ihre Schwester arbeitete beim CIO, der Central Intelligence Organisation von Simbabwe. Das war unser Verhängnis. Ein paar Tage später fuhren wir morgens zum Drehen und sahen überall an den Zeitungsläden große Plakate, auf denen stand: Deutsche Filmcrew dreht rassistisch-pornografischen Film. Beim Vorbeifahren dachte ich noch: Ach guck, wer ist das denn? Dreht da noch irgendwer? Am Set fuhr dann ein Auto vor, noch ein Auto, schließlich stieg der Chef des CIO aus, ein dauergrinsender Typ mit Jurassic-Park-T-Shirt und Goldbrille. Das war der Moment, als die Handschellen kamen. Beschlagnahmung des Filmmaterials, dann ging’s ab ins Gefängnis. Wir mussten da die ganze Nacht verbringen, dann durften wir wieder raus. Am nächsten Tag haben sie Udo Kier und ein paar andere Leute verhaftet, dann durften auch die wieder raus. Geholfen hat uns schließlich der deutsche Botschafter in Simbabwe, Graf von Leutrum hieß der, und ein Typ vom BND. Der war krass drauf und brüllte immer nur: »Ich hol euch hier raus.« Aber selbst das Flugzeug, in dem wir dann endlich saßen, wurde noch mal angehalten und durchsucht, weil die dachten, wir schmuggeln den Film irgendwie raus. Und zu Hause in Mülheim musste ich noch wochenlang warten, bis dank der Hilfe des BND endlich auch das Filmmaterial in Deutschland landete.
Meine Güte, was war das für ein Wahnsinn. Und alles nur, weil ich nichts verstanden hatte von Afrika. Vor ein paar Jahren bei der Sache mit dem Animatographen in Namibia immer noch nicht. Auch das war wieder ein Riesenfehler. Da habe ich dem Township Area 7 von Lüderitz meine Drehbühne aufgebaut. Da liefen dann abends Filme, die wir tagsüber gedreht hatten, nachgespielte Szenen aus bekannten Filmen oder Fernsehserien, Übermalungen, Überblendungen, durch die die Bilder natürlich immer unklarer wurden. Keiner wusste mehr, was wir eigentlich drehen, ich auch nicht. Dann gab’s noch die Idee, dass die Leute aus dem Township mal den 11. September nachspielen. Weil ihnen die Bilder dazu ja fehlten, die wir bis zum Abkotzen gesehen hatten. Die kannten höchstens so ein verschrumpeltes Bild aus der Zeitung. Und bei der Eröffnungsfeier haben wir Essen anschleppen lassen, das endete dann in einer Schlägerei, weil wir das überhaupt nicht richtig organisiert hatten. Was für eine Scheiße. Das ist erst
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