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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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zum Glück fehlen.
    So weit, so gut. Doch selbst wenn man der modernen Seele mit dieser Karikatur bereits einigermaßen nahe kommen mag, mindestens eine entscheidende Sache fehlt noch. Es gibt noch eine Eigenschaft, die den gegenwärtigen Menschen auszeichnet (und die auch schon in der Wortschöpfung »Stadtneurotiker« anklingt): Es ist die innere Unruhe, mit der er kämpft, der ständige latente oder manifeste Stress, unter dem er leidet, die chronische Rastlosigkeit, die er an den Tag legt oder meint legen zu müssen.
    Seltsam eigentlich. Obwohl wir uns angesichts unserer objektiv privilegierten Situation eine gewisse Gelassenheit leisten könnten, sind viele von uns unfähig, sich zu entspannen. Was vielleicht andererseits auch wieder verständlich ist: Schließlich scheint uns ja inmitten des materiellen Überflusses immer noch etwas zu fehlen, selbst wenn nicht unbedingt klar ist, was es genau ist, das uns fehlt, damit wir uns endlich mal zurücklehnen und sagen könnten: Hier und jetzt bin ich glücklich und zufrieden!
    In diesem letzten Buchteil soll das Thema der Rastlosigkeit in unserer Gesellschaft im Vordergrund stehen. Ich werde versuchen, jene Unruhestifter zu identifizieren, die dafür sorgen, dass wir heutzutage solche Schwierigkeiten damit haben, etwas Muße in unserem Leben zu finden. Woher bloß rührt diese ständige äußere und innere Unruhe? Warum müssen wir immerzu tätig sein, und wieso werden wir von dem unangenehmen Gefühl geplagt, trotz ununterbrochener Tätigkeit nie genug getan zu haben?
    Da die Ursache für die neuzeitliche Nervosität nicht nur in unserer Natur, in uns, zu finden ist, sondern zweifellos auch von der Umwelt beeinflusst wird, in der wir leben, dürfte es aufschlussreich sein, zum Schluss auch einen Blick auf das typische Habitat des modernen Menschen zu werfen: die Großstadt. Wie wir sehen werden, ist die Großstadt der Ort, an dem alles, was in diesem Buch bisher beschrieben wurde, seine höchste Ausprägung oder »Vollendung« findet. Dort, in den Metropolen dieser Welt, genießen wir den größten Grad der Freiheit, auch der Wohlstand ist dort am höchsten. Zugleich herrscht gerade in den Großstädten, im Vergleich zum gemächlichen Dorf, die Hektik.
    Der American Way of Life wird zum
Global Way of Life
    So wie unsere Freiheit und unser Wohlstand in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen sind, so greift auch die allgemeine Hektik zunehmend um sich. Einer großen Umfrage des Berliner Meinungsforschungsinstituts Forsa zufolge sind beispielsweise wir Deutsche seit geraumer Zeit eifrig dabei, uns vom Volk der Dichter und Denker in ein Volk der Dauergestressten, Immer-Eiligen und Nonstop-Beschäftigten zu verwandeln.

    Schenkt man der Forsa-Studie Glauben, hat inzwischen jeder zweite Deutsche das Gefühl, sein Leben sei in den letzten Jahren stets stressiger geworden, die Hälfte der Männer erwartet, dass der Druck in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird, viele, vor allem Frauen, schaffen es kaum noch abzuschalten, und von so manchem fordert das Vollgas-Leben bereits seinen gesundheitlichen Tribut: Erschöpfung, Muskelverspannungen, Rücken-, Kopfschmerzen und Schlafstörungen gehören da noch zu den harmloseren Risiken und Nebenwirkungen. Da aber eine Muskelverspannung oder Kopfschmerzen die konsequenten Überstundenklopper unter uns freilich nicht davon abhalten können, weiter stur aufs Gaspedal zu treten, muss der Körper mitunter zu drastischeren Maßnahmen greifen, beispielsweise in Form eines Herzinfarkts. Oder es ist die Psyche, die irgendwann die Notbremse zieht, in Gestalt einer Depression oder eines Burn-outs. [111]  

Nach Angaben des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen BKK haben sich allein zwischen 2004 und 2009 die jährlichen Krankheitstage auf Grund von Burn-outs von 4,6 auf 47,1 verzehnfacht (pro 1000 Versicherte, Männer und Frauen zusammengenommen). [112]  
    Wirft man einen Blick in die Vergangenheit, erscheint diese Hektik-Hochkonjunktur, die wir derzeit erleben, »lediglich« als vorläufiger Höhepunkt eines Trends, dessen Anfänge eine ganze Weile zurückreichen, sicher bis ins 18. Jahrhundert. [113]  
    Damals, im Zuge der Industrialisierung, nahm die allgemeine Lebensbeschleunigung erstmals richtig Fahrt auf, und so mancher feinfühlige Zeitgenosse irritierte sich frühzeitig daran. Goethe zum Beispiel, der die neue Hast, die er um sich herum beobachtete und zeitlebens am eigenen Leib spürte, als »veloziferisch«

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