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Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Titel: Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
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deshalb wurde sie ein wenig ruhiger, als sie sie herausfischte und auf den Tellerrand schob. Sie ließ sich Zeit, tat so, als bereitete ihr das große Mühe, damit die Margarine schmolz und die Kartoffeln ein wenig wärmte. Der Vater aß lieber kalte Kartoffeln, er sagte, die schmeckten nach mehr und gäben besseren »Kauwiderstand«. Da könnte er sie doch roh essen, aber das sagte sie nie. Es gab so viel, was sie über den Vater dachte, sie konnte in Gedanken lange mit ihm reden, ihn fragen, Bemerkungen machen. Aber es gefiel ihm nicht, wenn sie eine Meinung hatte oder eine Frage stellte. Das ging nur, wenn er derselben Meinung war, und sie wusste fast immer, wann er einer Meinung mit ihr sein würde und was sie sagen konnte, ohne ihn wütend zu machen. Eigentlich ging das nur beim Thema Mathe.
    Sie begriff nicht, wieso man so wütend wurde. In der Schule hatten sie über Ola-Ola gelesen, der so wütend wurde, als andere seine Mütze gestohlen hatten, und danach hatte der Lehrer über das Wütendwerden reden wollen. Viele hatten sich gemeldet und eine Menge erzählt, aber sie hatte es trotzdem nicht begriffen, wie es war, wütend zu sein. Irene ließ ihre Barbie oft auf Ken wütend sein, wenn sie zusammen spielten. Doch sie hatte keine Ahnung, wie Ken sich verhalten oder was er sagen sollte. Vielleicht laut rufen? Das hatte sie versucht, und sie hatte es auch geschafft, aber danach hatte sie schrecklich gezittert. Irene
meinte, sie hätte auch ganz falsche Dinge gesagt, auch wenn sie so laut gerufen hatte, wie sie es wagte. Sogar Frau Salvesen war ins Zimmer gekommen, um zu fragen, was in aller Welt sie da machten.

    Der Vater aß den Kabeljau mit beiden Händen, mit der Gabel in der rechten Hand und den Fingern der linken als Hilfe.
    Sonntags, wenn er den großen Topf Kartoffeln kochte und sie die warm aßen, durfte sie um mehr bitten, dann sagte er niemals etwas, dann war er lieb. Und sie streute Salz und Pfeffer auf die Kartoffeln und kostete jeden Bissen lange aus. Kalte Kartoffeln hatten etwas Klebriges wie Fisch, aber heiße Kartoffeln hatten das nicht. Wenn man mit dem Finger im Fisch herumstocherte, konnte man danach den Daumen gegen die anderen Finger pressen und sie schienen aneinanderzukleben.
    Ab und zu gab es Fleisch, aber immer nur Koteletts. Vielleicht einmal im Monat und immer sonntags. Das Fleisch war grau und steinhart und musste unendlich lange gekaut werden. Zusammen mit den Koteletts gab es heiße Kartoffeln, weil ja Sonntag war, und Senf und Preiselbeermarmelade, die sie manchmal von der Großmutter bekamen.
    Sie war nie allein zu Hause, aber einmal, als der Vater den Müll nach unten bringen musste, weil die Tüte zu groß für die Schachtöffnung war, da hatte sie ganz schnell den Kühlschrank aufgerissen, die Preiselbeermarmelade herausgenommen und den Finger hineingesteckt. Ein dicker Klumpen war am Finger hängen geblieben, sie hatte ihn in den Mund geschoben und das Glas zurückgestellt, ehe sie aufs Klo gestürzt war. Dort war sie lange sitzen geblieben mit der Marmelade im Mund, der Geschmack hatte für eine ganze Ewigkeit vorgehalten und war so wunderbar gewesen, dass ihre Augen heiß geglüht hatten.
    »Hat’s geschmeckt?«, fragte er.
    »Mm. Gut.«
    »Du schaffst doch noch ein Stück Fisch? Der ist heute Nacht gefangen worden.«
    »Nein, danke.«
    »Dann kann ich mit dem Rest morgen ein Omelette machen.«
    Omelette, das bedeutete warme Kartoffeln, denn die Fischstücke briet er zusammen mit großen Kartoffelstücken in der Pfanne an und darüber kamen dann Eier. Sie freute sich, als er das sagte. Dann würde sie sich morgen auf das Essen freuen können, auch wenn sie nicht wusste, ob sie nach der Schule oder erst abends essen würden.
    Er schob den Teller zurück, leerte sein Wasserglas und steckte sich eine neue Zigarette an. Sie blieb sitzen und betrachtete die Zigarettenpackung, die war so schön. Darauf stand »Blue Master«, obwohl da gar kein Bild von einem Schiff mit Masten war, sondern von einem Pferdekopf vor einem riesigen Mond mit ganz viel Blau darum. Sie wusste nicht, was »blue« bedeutete, sie verstand nur »Master«. Sie würden erst im Herbst mit Englisch anfangen, in der vierten Klasse. Aber der Lehrer hatte gesagt, viele Wörter seien einander ähnlich, weil die Wikinger nach England gesegelt waren und den Leuten dort viele Wörter beigebracht hatten, und »Mast« war so ein Wikingerwort.

    Er zog so fest an der Zigarette, dass der Rauch aus der Luft in der

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