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Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Titel: Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
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war. Der Lippenstift roch gut, süß und ein wenig fettig, wie Butter und ein bisschen nach Blumen. Man drehte unten daran, und dann kam er langsam aus der goldfarbenen Hülle zum Vorschein. Auf der Hülle stand »Sans Égal«, auch das war ein total unbegreiflicher Name. Die Großmutter hatte nicht so viele Frauensachen im Bad, sie hatte nur Haarspray und Lockenwickler, Kamm und Bürste und eine weiße Flasche mit Spenol-Creme. Sie war jetzt fast ein Jahr nicht mehr bei den Großeltern gewesen, aber sie glaubte nicht, dass die Großmutter sich inzwischen Parfüm gekauft hatte.
    Sie glaubte, dass man Parfüm sicher ein Leben lang benutzte, und wenn man nicht damit anfing, wenn man so jung war wie Peggy-Anita Foss, dann fing man bestimmt nie damit an. Außer man bekam es geschenkt, zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Aber die Vorstellung, dass der Großvater in einen Laden ging, um für die Großmutter eine Flasche Parfüm zu kaufen, war unmöglich. Und der Vater kaufte ihnen keine solchen Weihnachtsgeschenke, von ihm bekamen sie die Jahreschronik und eine Schachtel Pralinen. Und niemand sonst kam auf die Idee, der Großmutter etwas zu schenken.
    Wenn sie irgendwann einmal genug eigenes Geld hätte, würde sie für die Großmutter Parfüm kaufen, und zwar das mit dem türkisen Aufkleber, auf dem in goldenen Ziffern 4711 stand.

    Der Vater schloss die Tür hinter ihnen ab, als sie die Wohnung betreten hatten.
    »Essen wir jetzt oder abends?«, fragte sie.
    »Jetzt. Ich habe Kabeljau bekommen.«
    Sie saß schweigend am Küchentisch, während er die Lebensmittel in Regal und Kühlschrank einräumte, einen großen Kochtopf mit kochendem Wasser füllte und jede Menge Salz mit Jodgehalt hineinkippte. Schmutziges Geschirr von mehreren Tagen stand neben dem Spülbecken, der Topf, den er genommen hatte, war der letzte saubere, das wusste sie. Sie hatten insgesamt fünf Kochtöpfe und eine Bratpfanne und einen winzig kleinen Topf zum Butterschmelzen, den sie niemals benutzten.
    Sie konnte fragen, ob sie an diesem Abend spülen dürfte. Ein bisschen wenigstens. Die Essensreste wurden sonst so hart und waren schwer abzukratzen. Einmal hatte sie mit einem Messer an einer Schüssel herumgekratzt und sich geschnitten. Das Spülwasser hatte sich rot gefärbt. Und der Schaum rosa, eigentlich
hatte das ganz hübsch ausgesehen. Sie hatte das Wasser ausgekippt und viele Pflaster auf die Wunde geklebt, als die Haut endlich trocken gewesen war, und nichts darüber gesagt. Er hatte das Pflaster auch nicht entdeckt. Als sie einige Tage später wieder spülte, kam nur ein wenig Blut und die Wundränder wurden ganz weiß, weil sie so lange im Seifenwasser gewesen waren. Sie musste danach ganz schön viel Haut abpellen.

    Die Fischstücke waren riesig, das Wasser spritzte auf den Herd, als er vier Stücke in den Topf fallen ließ. Wenn der Fisch quer durchgeschnitten worden war, musste er riesig groß gewesen sein, dachte sie. Es war sicher spannend und unheimlich gewesen, ihn aus dem Meer zu ziehen. Sie würde gern mal einen lebenden Fisch fangen. Aber dann müssten Erwachsene dabei sein, die ihn danach töteten. Sie holte die Schüssel mit den gekochten Kartoffeln aus dem Kühlschrank. Er kochte jeden Sonntag für die ganze Woche Kartoffeln.
    »Soll ich den Tisch decken?«, fragte sie.
    »Brauchen nur Gabel und Messer, und Teller fürs Essen ja nicht vergessen. Ha! Das waren drei Wörter mit -ess … Und die Dreizahl?«
    »Ich bin nicht mehr sicher.«
    »Jede positive Vollzahl kann durch maximal drei Dreizahlen dargestellt werden. Gauß, Nina.«
    »Ja, jetzt weiß ich es wieder. Der mit den Poly … Poly …«
    »Polynomen. Korrekt. Gut gemacht, Nina.«
    Er steckte sich eine Zigarette an, machte einige rasche Züge und ließ die Zigarette am Rand der Anrichte liegen, während er die Kartoffeln in dünne Scheiben schnitt und auf zwei Tellern verteilte. Dann gab er etwas Margarine darüber und legte auf jeden Teller ein Stück Fisch.
    »Ich schaffe nur ein kleines Stück, Papa.«
    Er steckte die Zigarette in den Mund und stellte die Teller auf den Tisch. Asche rieselte auf einen Teller, aber das war zum Glück seiner. Dann füllte er zwei Gläser mit Wasser. Sie konnte sehen, dass es die beiden letzten sauberen Gläser aus dem Schrank waren.
    Sie schob den heißen Fisch über die Kartoffeln, damit die Margarine ein wenig schmelzen könnte, sie aß nicht so gern kalte Kartoffeln mit kalter Margarine. Die riesigen Gräten konnte man nicht essen,

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