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Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Titel: Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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vergangenen Monate alles sehr schnell. Zu schnell für mich. Denn momentan belastet mich der Zustand meiner Mutter viel zu sehr, als dass ich an die Gerichtsverhandlung denken wollte. Daher blende ich den nahenden Prozessbeginn einfach aus, weil ich Angst habe, das könnte unseren Neuanfang wieder zerstören. Ich denke nur an das Hier und Heute.
    »Meiner Mutter scheint es wirklich besser zu gehen. Sie isst wieder einigermaßen regelmäßig und wirkt auch viel klarer. Kann es im Moment aber trotzdem nicht so wirklich einschätzen, wie sie sich verhält und ob das alles ernst gemeint ist. Ist ganz komisch gerade. Eigentlich würde sich danach automatisch ein Psychiatrieaufenthalt anschließen. Ich habe nur Angst, dass sie sich nur deswegen zusammenreißt, damit sie da nicht hinmuss. Also vielleicht ist der Gedanke Quatsch, aber irgendwie kam er mir trotzdem in den Sinn …
    Im Moment kommt mir alles so unwirklich vor, dass es bald zum Prozess kommen könnte und wahrscheinlich auch wird. Das ist ein superschreckliches Gefühl für mich. Zum einen die Ungewissheit, wie das ist, wie das werden soll. Wenn ich schon daran denke, wird mir wahnsinnig schlecht. Fand oder finde die Vernehmungen schon immer grausam. Aber vor Gericht? Das ist ja alles noch mal ganz anders.
    Ich weiß gar nicht, ob ich das kann. Mir wird in solchen Situationen ja oft so schwindelig und schlecht, dass ich einfach umkippe oder kurz davor bin. Mein Anwalt meint aber, das wird schon werden. Und wirkt, während er das so sagt, wenigstens authentisch. Haha, als wenn das meine größte Sorge wäre … Na ja, als das Gutachten erstellt worden ist, wurde mir gesagt, dass es viele Möglichkeiten gibt, es angenehmer für einen zu machen. Ich könnte mir die Räume vorher ansehen (obwohl ich nicht weiß, ob mir das hilft), es können Pausen gemacht werden, wenn es zu viel ist, und ich könnte ja auch eine Begleitung bekommen. Aber das möchte ich auch nicht.«
    E-Mail an Kerry vom 18. Februar 2012, 12:55 Uhr
    Manchmal fühlt es sich so an, als würde ich ein Doppelleben führen: das der fürsorglichen Tochter im Krankenhaus und das der bösen Prozessgegnerin, die den Ehemann ins Gefängnis bringen will (und zumindest schon in U-Haft gebracht hat). Zwei absolut gegensätzliche Rollen. Freund und Feind zugleich. Ich versuche, meinen zweiten, »bösen« Part auszublenden und ganz in der Rolle der liebevollen Tochter aufzugehen. Doch eines Tages schickt mich meine Mutter überraschend in die Prozessgegner-Ecke.
    »Es gibt einiges Neues. Und irgendwie doof. Zum einen meine Mutter: Jetzt geht es ihr besser, sie möchte aber keinen Kontakt mehr mit mir. O. k. Irgendwann kann ich auch nichts mehr machen. Na ja, ist gerade doof. Aber o. k. Irgendwie wird es schon gehen.«
    SMS an Kerry vom 18. Februar, 22:05 Uhr
    An diesem Abend bin ich gefasst. Obwohl damit meine Hoffnung auf eine Versöhnung erst mal gestorben ist. Vielleicht bin ich ein Stück weit erleichtert, jetzt wieder zu wissen, woran ich bin. Ich weiß jetzt wenigstens, wo ich stehe.
    Allerdings verschwindet diese Klarheit bereits am nächsten Morgen. Normalerweise hätte ich meine Mutter in der Klinik besucht, aber das will sie nun nicht mehr. Und plötzlich reißt ihre Entscheidung einfach nur noch ein riesiges Loch in meine Seele. Mich überschwemmt eine unfassbare Traurigkeit.
    »Ich kann es gar nicht verstehen – aber es tut mir so weh. Obwohl sie mich viele Jahre wirklich verletzt hat. Dass es sich immer noch nicht geändert hat. Ich kann es einfach nicht begreifen. Und will es irgendwie nicht wahrhaben. Anscheinend … Irgendwie bleibt sie ja trotzdem meine Mutter und ich hab total das Gefühl, für sie sorgen oder sie beschützen zu müssen. Sie hat es ja wahrscheinlich nicht so gewollt …! Es ist doof. Weiß im Moment nicht mehr, was ich noch machen soll. Fühle mich alleingelassen, obwohl das ja nichts Neues ist. Komisch, oder?«
    E-Mail an Kerry vom 19. Februar 2012, 10:46 Uhr
    Mir geht es überhaupt nicht gut. Kerry bemüht sich zwar wirklich, für mich da zu sein, ruft jeden Tag an, kommt vorbei, bringt mir Essen oder kleine Geschenke, aber irgendwie berührt sie mich nicht. Ich fühle mich einsam. So einsam, dass ich weinen könnte. Manchmal ärgere ich mich sogar, dass ich ihr das alles erzählt habe. Hätte ich meine Klappe gehalten, wüsste sie nichts und würde sich ganz normal benehmen. So tanzt sie immer besorgt um mich herum und ich kann kaum damit umgehen. Ich fühle mich schlecht

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