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Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist
Autoren: Nina Lacour
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öffentlichen Straßen losgelassen werden dürfen.
    »Du weißt, dass du noch ein Jahr lang keine Minderjährigen mitnehmen darfst, korrekt?«, fragt sie.
    Ihre Augen zucken.
    Zwinkert sie mir zu? Wahrscheinlich.
    »Klar«, sage ich, nur um sie glücklich zu machen.
    Sie gibt mir den Bogen von ihrem Klemmbrett und sagt, ich soll mich anstellen. Ich warte stundenlang. Dann werde ich fotografiert. Ich erhasche einen kurzen Blick auf den Bildschirm. Ich glaube, ich blinzle, aber was macht das schon? Dann bekomme ich ein neues Blatt Papier, einen vorläufigen Führerschein bis zu der Zusendung des richtigen. Ich gehe nach draußen, setze mich auf den Bordstein und rufe Mom an, damit sie mich abholt.
    Als sie kommt, gehe ich zur Fahrertür.
    Sie lässt das Fenster runter.
    »Hallo, Süße.« Sie schaut mich fragend an.
    »Augen zu!«
    »Was?«
    »Augen zu!«
    Sie gehorcht.
    »Hände ausstrecken.«
    Sie nimmt den Gang raus und macht die Augen zu. Sie hebt ihre Hand zum Fenster. Ich lege meinen vorläufigen Führerschein hinein.
    »Aufmachen!«, quieke ich.
    Sie sieht auf ihre Hand, blinzelt und strahlt mich an.
    »Wann hast …«, fängt sie an, aber sie beendet die Frage nicht, sondern löst den Sicherheitsgurt, öffnet die Tür und steigt aus. Sie umarmt mich und bittet mich dann mit großer Geste auf den Fahrersitz.
    »Danke schön«, sage ich betont höflich und setze mich auf den mir nun zustehenden Platz hinter dem Steuer.
    Zuhause rufe ich Dylan an, aber sie geht nicht ran.
    Ich rufe Taylor an und sage: »Ich habe gerade meinen Führerschein gemacht.«
    »Hattest du noch keinen?«
    »Nö. Das hab ich dir doch gesagt, weißt du nicht mehr?«
    »Hab ich wahrscheinlich vergessen. Aber Mensch, das ist ja super! Du musst mich bald mal spazieren fahren.«
    Ich höre ein Piepsen, auf dem Display steht Dylans Nummer.
    »Ich muss Schluss machen. Ich wollte es dir nur gleich sagen.«
    »Aber du fährst mich bald mal?«
    »Vielleicht.« Dann: »Ja.«
    Ich drücke die Taste für Dylan. »Ich weiß ja, dass du Autos für den Untergang der Menschheit hältst, aber ich hab heute meinen Führerschein gekriegt.«
    »Wahnsinn! Glückwunsch. Willst du mich morgen zur Schule fahren?«
    »Ja.« Doch dann werde ich unsicher. »Aber mein Auto ist eins mit Gangschaltung. Und ich hab es bisher kaum gefahren. Ich hab die Prüfung mit Automatik gemacht.«
    Dylan sagt: »Ich kann mit Gangschaltung fahren. Ich komm zu dir, und dann fahren wir zusammen. Falls du dann auf einer Kreuzung stehen bleibst, kann ich übernehmen.«
    »Wart mal. Du kannst Auto fahren?«
    »Ja, klar«, sagt sie, als wäre das das Normalste der Welt.
    »Aber du hast doch keinen Führerschein.«
    »Klar hab ich einen.«
    »Aber ich dachte, Autos wären der Untergang der Menschheit?«
    »Sind sie auch. Aber es ist doch unpraktisch, wenn man keinen Führerschein hat. Manchmal braucht man den, weißt du. Ich bin dann um Viertel nach sieben bei dir, okay?«

7
    Dylan taucht um sieben Uhr an unserer Haustür auf, in jeder Hand einen Thermobecher.
    »Hier«, brummelt sie und streckt mir einen entgegen. »Braucht nur noch Milch und Zucker.«
    »Guten Morgen.«
    Sie kneift die Augen zusammen und trinkt einen Schluck. Schwarzer Kaffee tropft auf ihr Kinn, und sie wischt ihn mit dem Ärmel ihres Kapuzenpullis weg. Sie kommt rein.
    Meine Eltern stehen in der Küche und sind ganz aufgeregt, als Dylan hinter mir reinkommt. Sie sind immer noch ganz aus dem Häuschen, weil ihre schwierige Tochter tatsächlich wieder eine Freundin hat.
    Dylan hebt zur Begrüßung einen von Reifen und Lederarmbändern geschmückten Arm. Ich gieße fettarme Milch in meinen Kaffee, bis er erträglich aussieht. Meine Eltern lächeln Dylan an, und sie schaut irgendwie fragend zurück und ringt sich ein schwaches Lächeln ab. Ich hole die Zuckerdose vom Regal.
    »Und wie war das Stück?«, fragt Mom.
    »Stück?« Dylan runzelt die Stirn. »Oh, das Stück.« Sie lehnt am Küchentresen und trinkt einen Schluck. »Toll«, sagt sie schließlich.
    »Welches Stück wurde denn gespielt?«, fragt Dad.
    »
Romeo und Julia
, stimmt’s?«, sagt Mom.
    Ich schaufele einen Löffel Zucker in meinen Kaffee.
    »Ja. An meiner alten Schule.«
    Ich nehme noch einen Löffel Zucker.
    »Haben Freunde von dir mitgemacht?«
    »Ihre Freundin.« Ich rühre den Kaffee um.
    »Wundervoll«, sagt Dad. »Ich hatte immer so eine Idee, dass mir Theaterspielen einen Mordsspaß machen würde.«
    Die beiden gaffen Dylan immer noch an, und Dylan
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