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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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war. Eine ganze Weile noch beschäftigten sich seine Gedanken mit diesem bezaubernden Geschöpf. Erst als er einen raschelnden Schritt in der Nähe hörte, kam er jäh wieder zur Besinnung. Die glücklichen Gedanken zerstoben wie Spreu vor dem Winde. Dunkel stürmte wieder die häßliche Gegenwart auf ihn ein. Ich muß diesen Besucher sehen, dachte er, der immer nur nachts und stets nur durch die Hintertür kommt. Die Polizei scheint noch nichts von ihm zu ahnen. Ich bin der erste, der um seine Existenz weiß.
    Er ging mit lauten Schritten auf die Bus-Station am Alexandra Park zu. Vor dem Wartehäuschen marschierte er pfeifend auf und ab. Die Strecke, die er hin und her ging, wurde immer länger.
    Als er seine Wanderung bis zu einem dichten Gebüsch ausgedehnt hatte, duckte er sich plötzlich und hastete wie ein flüchtendes Wild quer durch den Park. Das weiche Moos dämpfte seine Schritte. Jedem Zweig, jedem Stein ging er vorsichtig aus dem Wege. Er verursachte keinerlei Geräusch.
    Schon drei Minuten später hatte er das Anwesen Melanie Gardens erreicht. Aber diesmal stand er an der Rückseite. Dichte Hecken und Sträucher entzogen ihn den Blicken seiner Verfolger. Er hatte sie abgeschüttelt. Sie hatten seine Spur verloren. Er sah sie ratlos vor der erleuchteten Wartehalle beisammen stehen.
    Nun wirds ernst, dachte er. Schade, daß ich keine Waffe bei mir habe. Zumindest hätte ich eine Lampe mitnehmen sollen. Es wird sicher hart auf hart gehen.
    Zunächst aber geschah gar nichts. Richard Donally mußte warten. Er verkroch sich in die Hecken und machte es sich auf einem Eckstein so gemütlich wie möglich. Die Zeit verstrich unendlich langsam.
    Richard Donally hatte das Gefühl, als säße er schon eine halbe Nacht in dieser windigen Ecke. Dabei war erst eine halbe Stunde vergangen. Die Lichter in den vereinzelten Häusern der Nachbarschaft erloschen. Auch die Halle an der Bus-Station wurde dunkel. Das letzte Auto war längst abgefahren. Es ging auf Mitternacht zu. Und noch immer rührte sich nichts.
    Kein Schritt erklang in der Nähe. Kein menschliches Lebenszeichen wurde laut. Selbst der Wind war schlafen gegangen. Die erste Morgenstunde ging vorüber.
    Richard Donally blickte enttäuscht auf seine Uhr. Jetzt wird sie wohl niemand mehr erwarten, dachte er niedergeschlagen. Kein Mensch macht morgens um ein Uhr noch einen Besuch. Es ist beinahe kindisch, noch länger auf diesen seltsamen Gast zu warten.
    Noch in der gleichen Sekunde zerrissen seine Gedanken wie unter einem Peitschenhieb. Er richtete sich betroffen auf. Argwöhnisch horchte er in Richtung des Gartens. Seine Augen wurden schmal und hart. Er sah einen Mann gebückt zwischen den Sträuchern an die Rückfront des Gebäudes heranhuschen. Dann verschmolz der dunkle Schatten mit der Hauswand. Im nächsten Moment ertönte ein leises Klirren. Der Fremde schien einen Hausschlüssel zu besitzen. Die Tür öffnete sich. Kurz nachher war er verschwunden.
    Noch in der gleichen Minute drang auch Richard Donally in den Garten ein. Er achtete nicht auf die Gefahren, die ihm drohten. Er mußte wissen, wer dieser Fremde war. Außer diesem brennenden Wunsch hatte kein anderer Gedanke in ihm Raum.
    Auf leisen Sohlen schlich er an das Gebäude heran. Völlig lautlos bewegte er sich auf die Tür zu. Unendlich langsam drückte er die Klinke nieder. Die Tür war nicht versperrt. Er konnte eintreten.
    Als er die Tür hinter sich wieder ins Schloß gedrückt hatte, blieb er regungslos in der Diele stehen. Rabenschwarze Finsternis hüllte ihn ein. Er hatte keine Ahnung, wohin der Fremde gegangen war. Nirgends wies ihm ein Lichtschimmer den Weg. Nirgends hörte er einen Laut. Seine Gedanken irrten unruhig hinter der Stirn auf und ab. War der andere noch in der Nähe? Wartete er etwa ab, ob man ihn nicht verfolgte? Stand er vielleicht unmittelbar neben ihm in der Diele? Richard Donally ertrug diese Ungewißheit nicht länger. Er knipste sein Feuerzeug an. Der flackernde Schein huschte unruhig über zahlreiche Türen, die den Vorraum nach allen Seiten abschlossen. Wohin sollte er nun gehen? Irgendwo mußte eine Verbindungstür sein, die nach vorn in die eigentlichen Räume des Hauses führte. Er versuchte es aufs Geratewohl. Die erste Tür erschien ihm unsympathisch, aber vor der zweiten machte er halt. Er legte die Hand auf die Klinke und zog sie dann mit leisem Ruck nieder. Verstohlen huschte er über die Schwelle. Wieder knipste er sein Feuerzeug an. Das flackernde Licht

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