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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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neben dem Parkett. Alle drei machten einen niedergeschlagenen und erschöpften Eindruck. Sie sahen kaum, was um sie vorging. Ihre Blicke waren stumpf und leer. In ihren Augen wohnte die bleierne Apathie der Verlorenen.
    „Irwing Bacon ist tot“, sagte Aaron Goldsmith mit flacher Stimme. „Es nützte ihm nichts, daß er sich im Gewölbe eines Obstkellers verbarg. Der Mörder hat ihn auch dort gefunden.“
    „Wir haben ihm unrecht getan“, murmelte Winston Finsbury bedrückt. „Wir alle haben ihn lange Zeit verdächtigt und für den Mörder gehalten. Dabei wurde er selbst ein Opfer dieses Satans.“
    „Allmählich müßte man doch hinter das düstere Geheimnis kommen“, sinnierte Nicolas Gory vor sich hin. „Wir sind die drei letzten, die der Tod bisher verschonte. Wenn man die Sache logisch betrachtet, müßte einer von uns der Mörder sein.“
    „Reden Sie doch keinen Unsinn“, brauste Aaron Goldsmith empört auf. „Ich war in den letzten Wochen häufig bei Melanie Garden. Ich gestehe offen, daß es die Furcht war, die mich zu ihr trieb. Ich habe immer wieder versucht, sie auszuhorchen. Ich wollte wissen, warum sie in letzter Zeit so offensichtlich verfällt.“
    „Na und?“, fragte Winston Finsbury spöttisch. „Hat sie Ihnen ihr Geheimnis offenbart?“
    „Das nicht“, stotterte Aaron Goldsmith erregt. „Aber ich weiß jetzt, daß sie den Mörder kennt. Es scheint so, als wäre sie mit seinen Verbrechen nicht einverstanden. Aber sie kann sie nicht verhindern, verstehen Sie? Ihr sind die Hände gebunden. Sie darf nicht sprechen. Sie würde sich sonst selbst gefährden. Wahrscheinlich würden sich die Gefängnistore für sie öffnen.“
    Als Aaron Goldsmith aufblickte, begegnete er den spöttischen und ungläubigen Blicken der anderen. Diese Blicke machten ihn nervös. Er spürte perlende Schweißtropfen auf der Stirn. Um die erregten Nerven zu besänftigen, wollte er sich eine Zigarette anzünden. Er durchsuchte seine Taschen nach dem Feuerzeug. Als er seine Hand endlich wieder zum Vorschein brachte, lag eine dunkelrote Blume mit sichelförmigen Blättern zwischen seinen verkrümmten Fingern.  
    „Was hat das zu bedeuten?“, stammelte er in panischem Schreck. „Hat einer von euch ... ?“
    „No“, sagte Winston Finsbury heftig. „Wir waren es bestimmt nicht. Vielleicht ist diese Blüte ein Geschenk von Melanie Garden. Sie waren doch erst gestern Abend bei ihr.“
    Aaron Goldsmith reagierte mit keiner Miene auf diese Worte. Er hielt noch immer die verhängnisvolle Blume in der Hand. Als er zur Theke hinübersah, bemerkte er, daß ihn Daisy Hoorn aus angstgeweiteten Augen anstarrte. Er stand polternd auf. Er ging mit schwerfälligen Schritten an die Theke. Er zog sich einen Hocker zurecht und ließ sich vor dem blondhaarigen Mädchen nieder.
    „Was ist?“, fragte er hastig atmend. „Sie sahen mich eben so merkwürdig an. Wissen Sie etwa, wer mir diese Blume zusteckte?“
    Daisy Hoorn streckte abwehrend die Hände aus. Sie war noch immer aschfahl im Gesicht. Ihre Lippen waren weiß vor Angst. „Ich weiß nichts“, sagte sie bebend. „Ich kann Ihnen nicht sagen, von wem diese Blumen kommen. Ich weiß nur, daß sie den Tod bedeuten. So war es bei Mark Vereston und bei William Dudley und bei..."
    „Hören Sie auf damit“, stammelte Aaron Goldsmith schreckensbleich. „Ich kann es nicht mehr hören. Sie werden mir ja auch nicht helfen. Niemand kann mir einen Rat geben. Ich werde so allein sein wie die anderen.“
    Er hatte recht. Er war jetzt schon so gut wie ausgestoßen. Winston Finsbury und Nicolas Gory waren sichtlich erleichtert, als er nicht mehr an ihren Tisch zurückkehrte. Auch Daisy Hoorn atmete befreit auf, als er sich entfernte.
    Zwei Minuten später stand Aaron Goldsmith draußen auf dem einsamen Georges Place.
    Wohin jetzt, dachte er. Es hat keinen Sinn, nach Hause zu gehen. Es würde eine endlose Nacht werden. Viel besser ist es, wenn ich mich unter Menschen begebe. Im dichtesten Gewühl bin ich einigermaßen sicher. Aber in der Einsamkeit meiner Wohnung wäre ich wehrlos. Er setzte sich in eine Taxe und ließ sich von Lokal zu Lokal fahren. Nirgends war rechter Betrieb. Die meisten Lokale waren ihm fremd und unsympathisch.
    Schließlich entschied er sich für den Wartesaal I. Klasse im Liverpool Bahnhof. Dort waren alle Tische knüppeldick besetzt. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Die Kellner flitzten geschäftig hin und her. Es roch verlockend nach gebratenen

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